Sommerserie Wallfahrtsorte
Seit 900 Jahren ein Glaubensjuwel

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Neukirchen am Ostrong gilt als einer der ältesten Marienwallfahrtsorte des Waldviertels. Über viele Jahre war die Kirche eine bedeutende Pilgerstätte – mit der Errichtung der Basilika Maria Taferl bekam man freilich eine übergroße Konkurrenz. Von 1430 an war das Gotteshaus in Neukirchen eine der wichtigsten Wallfahrtsstätten der Region, bis es ab 1660 durch Maria Taferl in den Hintergrund gedrängt wurde. Eine erneute Blüte als Wallfahrtsort erfolgte für einige Jahre nach 1750.

Wallfahrten nach Neukirchen werden bis in die Gegenwart durchgeführt. Ansprechperson dazu ist Eva Kernstock, Mesnerin und „gute Seele“ des Gotteshauses. Einst gab es gleich drei Backwerke im Ort, die die Gläubigen versorgten. Auch ein Fenster musste extra im Mauerwerk eingerichtet werden, damit die vielen Wallfahrerinnen und Wallfahrer, die keinen Platz mehr in der Kirche hatten, das Gottesdienst-Geschehen von außen mitverfolgen konnten. Dem Ort werden mehrere Wunder zugeschrieben, zentral ist bis heute das Vertrauen in die Gottesmutter Maria – das Patrozinium ist am 15. August (Mariä Himmelfahrt). Früher gab es im September drei Goldene Samstage, zu denen besonders viele Pilger kamen, der letzte davon wird heute noch festlich begangen. Übrigens: Die Neukirchner wallfahrten gerne nach Maria Taferl, umgekehrt ist es genauso, erzählt Eva Kernstock.


Lebendige Pfarre


Die Pfarre gilt als lebendig, die Bevölkerung beteiligt sich rege an kirchlichen Veranstaltungen, auch die Jugend, heißt es. U. a. wird den Erstkommunionkindern die Ehre zuteil, dass die Feuerwehr beim Fest Spalier steht.

Neukirchen am Ostrong wird erstmals in einer Urkunde des Jahres 1120 namentlich erwähnt. Der Überlieferung nach soll Bischof Heinrich von Freising bereits drei Jahre zuvor, im Jahr 1117, an diesem Ort eine auf seinem eigenen Grund und Boden errichtete Kirche geweiht haben. Das berichtet Herbert Neidhart, der sich intensiv mit der Geschichte des Gotteshauses beschäftigt und einen informativen Kirchenführer verfasst hat. 2017 wurde das 900-Jahr-Jubiläum mit dem damaligen Bischof Klaus Küng gebührend gefeiert und der Dorfplatz erneuert.

Der stimmungsvolle Innenraum der gotischen Kirche mit romanischem Kern ist mit gotischen Wandmalereien geschmückt. Besonders bemerkenswert sind der spätgotische Altarschrein auf einer bemalten Predella in der Seitenkapelle, spätgotische Glasscheiben, Gewölberippen aus gebranntem Ton („Ziegelrippen“) und die gotische Gnadenstatue der Gottesmutter mit dem Jesuskind (um 1370) auf dem barocken Hochaltar. Die weithin sichtbare Kirche ist aufgrund der Änderungen im Laufe der Jahrhunderte auch ein wenig „Flickwerk“.

Fresken aus 14. Jahrhundert

Bei der Kirchenrenovierung 1966 wurden die Wandmalereien im Chor, an der Empore und auf dem Emporenpfeiler entdeckt und freigelegt. Die auf beiden Seiten der Chorwände befindlichen bemerkenswerten gotischen Fresken stammen aus dem 14. Jahrhundert. Das Bild an der südlichen Chorwand zeigt „Christus und die zwölf Apostel“. Christus, mit einem Buch in der Hand, hat seine Rechte segnend erhoben. Unmittelbar neben Christus sind die besonders geehrten Apostelfürsten Petrus und Paulus dargestellt, anschließend je fünf weitere Apostel. Der „Zug der Heiligen Drei Könige“ an der nördlichen Wand ist durch zwei Könige zu Pferd und ein drittes Pferd vor einer Hügellandschaft mit Burgen dargestellt. Die Anbetungsszene auf der rechten Seite des Bildes ist nur mehr teilweise erhalten.

Ein Rundgang durch die Kirche bietet viele weitere Höhepunkte: der frühbarocke Hochaltar, die Grabplatten von Wohltätern, die nördliche Seitenkapelle oder die Chorfenster, die mit Glasmalereien aus dem 14. und 15. Jahrhundert versehen sind. Im nordöstlichen Fenster ist der kniende Stifter Wolfgang Erendorffer zu sehen.

Trotz aller Freude über die geschichtlich interessante Kirche ist es Eva Kernstock und Herbert Neidhart wichtig, dass diese ein lebendiger Ort des Glaubens und eine gerne besuchte Wallfahrtskirche bleibt.

Geistlicher Impuls

„Mariä Himmelfahrt“ – am 15. August wird alljährlich das Patrozinium in Neukirchen am Ostrong gefeiert. Das Leben Mariens mit seinen Höhen und Tiefen, mit seinen Freuden und Leiden, wird in Gottes Herrlichkeit „aufgenommen“ und „aufbewahrt“. Das bedeutet, dass jeder Augenblick unseres Lebens seine Bedeutung und Wichtigkeit in den Augen Gottes behält. Das Licht des auferstandenen Christus erhellt auch die Schattenseiten des Lebens und verleiht jedem Ereignis seinen letzten Sinn.

Wenn wir die Wallfahrtskirche in Neukirchen am Ostrong besuchen, so sind wir eingeladen, all unsere Anliegen und Nöte, aber auch unseren Dank und unsere Freude im Gebet vor Gott zu bringen … in der Hoffnung,
„dass denen, die Gott lieben, alles zum Guten gereicht, denen, die gemäß seinem Ratschluss berufen sind“ (Röm 8, 28).

Maria, die Muttergottes, möchte uns helfen, in diese Haltung des Vertrauens einzutreten, so wie sie es getan hat im Augenblick der Verkündigung als sie ihr „Fiat“ gesprochen hat.

Oliver Becker, Leiter des Pfarrverbands im südlichen Waldviertel

Kurz notiert

Adresse: Neukirchen am Ostrong 9, 3650 Neukirchen am Ostrong

Öffnungszeiten: Tagsüber geöffnet

Kirchenführungen: Infos und Anmeldung bei Eva Kernstock:
Tel. 0680/1252074

Tipp für Wanderung: Auf alten Pilgerwegen kann man von Pöggstall über die Wallfahrtskirche Neukirchen zur Basilika Maria Taferl wandern (markiert mit leuchtend gelben Wegweisern mit Symbol der Basilika): Pöggstall – Laas – Neukirchen – Rappoltenreith – Pargat-stetten – Reitern – Maria Taferl.

In der Umgebung: Sonnenuhren in Weiten, Wallfahrtsort Maria Taferl

Einkehrmöglichkeit: Gasthaus Sommer, Tel. 02758/2254 oder E-Mail: info@gasthaus-sommer.at

Autor:

Wolfgang Zarl aus Niederösterreich | Kirche bunt

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