Interview
Es geht um ein neues Miteinander

Das Gespräch fand in den Räumlichkeiten des Bischofs in der Diözese statt. Auf dem Foto (v. l.): Generalvikar MMag. Dr. Christoph Weiss, Bischof Dr. Alois Schwarz, Kirche bunt-Chefredakteurin Sonja Planitzer und Mag. Katharina Brandner, bischöfliche Medienreferentin und Leiterin der diözesanen Pressestelle. | Foto: Ruth Brocke/Pressestelle der Diözese
  • Das Gespräch fand in den Räumlichkeiten des Bischofs in der Diözese statt. Auf dem Foto (v. l.): Generalvikar MMag. Dr. Christoph Weiss, Bischof Dr. Alois Schwarz, Kirche bunt-Chefredakteurin Sonja Planitzer und Mag. Katharina Brandner, bischöfliche Medienreferentin und Leiterin der diözesanen Pressestelle.
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Bischof Dr. Alois Schwarz und Generalvikar MMag. Dr. Christoph Weiss sprechen im „Kirche bunt“-Interview über den Neustrukturierungsprozess in der Diözese St. Pölten, seine Intention und was dieser für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ehrenamtlich Engagierten und die ganze Diözese bedeutet. Sie gehen dabei auch auf die Kritik, die in der vergangenen Zeit laut geworden ist, ein.

Derzeit wird in der Diözese St. Pölten viel über die laufende Neustrukturierung gesprochen. Warum ist diese notwendig?
Bischof Alois Schwarz: Im Blick auf die herausfordernde Situation, die durch die Corona-Pandemie entstanden ist, müssen wir schauen: Wie sind wir als Kirche für die Menschen da und wie müssen wir die Diözesanverwaltung organisieren, dass unsere Dienste hilfreich in der Pastoral sind. In der Analyse haben wir darauf geschaut, wie wir organisiert sind und was wir machen müssen, damit wir in der Verwaltung einen guten Weg in die Zukunft beschreiten. Daraus hat sich ergeben, dass einige Punkte neu zu machen und neu zu strukturieren sind, damit wir besser für und bei Menschen sein können.

Können Sie so einen solchen Punkt konkret beschreiben?
Bischof Schwarz: Es gibt in verschiedenen Bereichen ein Nebeneinander – in der Infras­truktur, in der generellen Verwaltung, in unserer täglichen Arbeit. Wir haben Verantwortung für die Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen und stehen werden. Um in Zukunft wirksam zu bleiben, müssen wir offen schauen, wie gestärkt miteinander gearbeitet werden kann.

Generalvikar Christoph Weiss:
Überall, wo finanziell oder verwaltungstechnisch unnötiger Aufwand betrieben wird, versickert Geld, das für notwendige Projekte, für neue Ideen fehlt. Es ist unser Auftrag, mit dem Kirchenbeitrag sorgfältig umzugehen.

Also steht im Hintergrund auch das große Thema Finanzen?
Bischof Schwarz: Das Thema Finanzen muss natürlich mitgesehen werden. Und uns geht es vor allem darum zu schauen, wie effektiv unser Miteinander in der Verwaltung in der Diözese ist. Da ist der eine für den Bau zuständig, der andere für die Finanzen und wieder ein anderer für die Grundstücke. Wir fragen uns: Kann das nicht zusammen gesehen werden? Unser Anliegen ist es, dass die ganze Verwaltung zukunftsweisend gestaltet wird.

Was ist Ihnen im Neustrukturierungsprozess besonders wichtig?
Bischof Schwarz: In dem Prozess ist mir – neben strukturellen Fragen – inhaltlich ganz besonders wichtig, dass in der Organisation der Diözese das Evangelium verankert ist. Die Frage ist, wie kommt das Evangelium in die Organisation? Auch „Kirche bunt“ hat beispielsweise eine evangelisierende Aufgabe – und so hat das jeder Dienst, der hier gemacht wird. Von der Telefonseelsorge bis hin zum Dienst in den Pfarren – alle Dienste sollen auch eine evangelisierende Intention haben. Papst Franziskus gibt uns diesen Auftrag ganz klar mit.In manchen Bereichen ist das ja nicht offenkundig. Z. B. in der Infrastruktur, wie kann da Evangelisierung ,,reinkommen“?

Generalvikar Weiss: Es geht darum, so zusammenzuschauen und sich so zu organisieren, dass Ressourcen frei werden für den wirklichen Auftrag – die Verkündigung des Evangeliums. Wir dürfen nicht in einer Beamtenstruktur stecken bleiben und uns selbst genügen! In einer Pfarre ist es ja ähnlich: Wenn ich nur im Tagesgeschäft verhaften bleibe und das so mache, wie es immer war – oft auch ineffizient – werde ich nie etwas Neues beginnen. Das Ziel der Neustrukturierung ist es, Ressourcen zu schaffen, um auch offensiv hinauszugehen und nicht nur defensiv alles, was anfällt, zu erledigen.

Da gibt es interne Kritik am Neustruktierungsprozess bzw. an der fehlenden Kommunikation. Verstehen Sie die Kritik?
Generalvikar Weiss: Wir reflektieren in den unterschiedlichen Runden sehr viel, was die Kritik betrifft. Die Situation ist aber auch so: Jeder erkennt und sagt, dass es eine Veränderung braucht, aber keiner will davon betroffen sein. Da etwas Neues zu wagen, halte ich für sehr notwendig und auch mutig. Unsere Arbeit hier darf kein Selbstzweck sein. Bischof Alois ist es ein großes Anliegen, dass Bewegung reinkommt – eine Bewegung der Evangelisierung. Und dafür muss die Welle rausgehen. Und wenn wir hier zu ruhig sind, dann wird keine Welle hinausgehen.

Bischof Schwarz: In pastoralen Themenfeldern wollen wir uns breiter aufstellen. Derzeit gibt es ein Haus „Pastorale Dienste“. In Zukunft sollen Bereiche zu pastoralen Ressorts zusammenwachsen. Ich nenne hier nur ein Beispiel: Kinder, Jugend und Familie wird in einem Ressort vereint. Derzeit ist es so, dass die Erstkommunion bei der Familie ist, obwohl das auch ein Kinderthema ist, Firmvorbereitung ist bei der Jugend und Trauungsvorbereitung ist bei der Familie, obwohl hier der Fokus auch auf bereits verheiratete Paare geht. Aber warum soll nicht die Jugend auch auf die Ehevorbereitung schauen? Das ist ja ein Thema der Jugend und nicht nur ein Thema der Familie oder der Ehe. Das ist unser Ziel, dass man hier übergreifend und verschränkt denkt und arbeitet. Nahtstellen der pastoralen Arbeit und der großen Themen der Seelsorge sind ganz zentral. Mir ist wichtig, dass alle Tätigkeitsfelder der Diözese als „pastoral“ gesehen werden. Unser Museum ist zum Beispiel auch ein Ort der Pastoral, auch die Hochschulen, die Bildungsarbeit, die Musik und Kultur. Es geht also um eine Erweiterung pastoraler Arbeit und eine Weite im pastoralen Denken.

Der Neustrukturierungsprozess betrifft vorwiegend die Pastoralen Dienste oder auch andere Bereiche?
Bischof Schwarz: Der Zukunftsprozess betrifft alle Bereiche der Zentralverwaltung der Diözese, neben den Pastoralen Diensten auch alle bisherigen Referate, das Generalvikariat, Einrichtungen im Kunst- und Kulturbereich usw. Wir schauen in aller Offenheit die gesamte Verwaltung an.

Was bedeutet die Neustrukturierung für die Mitarbeiter in den Pastoralen Diensten?
Bischof Schwarz: Von Anfang an wurde von mir immer betont, dass es keine Kündigungen geben wird. Wir sind da auch mit dem Betriebsrat in Verbindung, der in die Gespräche eingebunden ist. Wir haben uns mit den Bereichsleitern beraten, mit den bisherigen Abteilungsleitern in Konferenzen – und da wurden Vorschläge gemacht, wer wo in Zukunft zum Einsatz kommen soll. In den Ressorts werden ja bisherige Bereiche zusammengezogen und auch da waren wir für kons­truktive Gespräche offen. Wir haben immer gesagt, dass es jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter offen steht, in den neuen Ressorts für ihre Aufgaben zu arbeiten. Das habe ich auch im letzten Brief an die Mitarbeiter vor einigen Tagen erneut formuliert.

Ab wann soll die Neustrukturierung greifen?
Bischof Schwarz: Die Ressortleitungen werden jetzt ausgeschrieben und im September soll die neue Struktur stehen und in Arbeit gehen. Aber vielleicht ist manches auch früher dran. Wir arbeiten zügig und nützen Zeitressourcen, die durch die Corona-Pandemie entstanden sind.

Was ist Ihre Vision für die Zukunft der Diözese?
Bischof Schwarz: Meine Vision ist, dass wir eine ganz neue Kraft der Evangelisierung entwickeln und dass es ein neues Miteinander innerhalb und zwischen Dienststellen und Richtung Pfarren und Pfarrgemeinden gibt.

Was bedeutet das für die Gläubigen in den Pfarren? Für die Laien und ehrenamtlich Engagierten, wie z. B. Pfarrgemeinderäte?
Bischof Schwarz: Die Laien haben eine große Verantwortung! Wir treffen uns am 7. Mai im Pastoralrat – da sind die Laienvertretungen aus allen Regionen dabei und es wird – neben unseren Strukturüberlegungen – darum gehen, wie wir die PGR-Wahlen vorbereiten. Die Pfarrgemeinderäte sind eine der größten, ehrenamtlichen Gruppen der Diözese mit rund 9.000 Pfarrgemeinderäten.

Generalvikar Weiss: Es braucht ein starkes Miteinander zwischen den zentralen Dienststellen und den Pfarren! Wir könnten es uns ja in unseren Büros auch gemütlich machen und alles beim Alten lassen. Wir haben in der Diözesanverwaltung derzeit in manchen Bereichen einen Kompetenz-Dschungel – das habe ich auch in meiner Zeit als Pfarrer kennengelernt. Wir versuchen das gute Miteinander zu erweitern und wollen, dass den Menschen in den Pfarren klar ist: Wen kontaktiere ich wofür? Wo frage ich was an? Es braucht eine klare Struktur, die wirkungsvoll arbeitet, damit etwas bewegt wird. Wir nehmen uns auch viel Zeit für den Austausch mit den Regionalbegleitern, die vor Ort wirken. Die Perspektive muss der Dienst sein, damit in den Pfarren und mit den Pfarren offensiv das Evangelium verkündet und hinausgetragen wird.

Was ist Ihre große Sorge für die Diözese?
Bischof Schwarz: Meine große Sorge ist, dass die Menschen Sinnangebote suchen und vergessen, dass sie die Kirche im Dorf haben. Unser Glaube ist starker Lebenssinn, und Jesus Christus ist für alle Menschen da, um mit ihnen das Leben auszuhalten, zu trösten, zu stärken ... Da hat die Kirche eine ganz starke Kraft. Ich sage, die Kirche ist zukunftsfähig! Gerade deshalb braucht sie eine zukunftsfähige Verwaltung.

Die Diözese hat wieder eine Handreichung zu einer gemeinsamen Pfingstnovene herausgegeben, die die Menschen in der Diözese zum Gebet auf Pfingsten hin einlädt. Wie wichtig sind für Sie solche Initiativen?
Bischof Schwarz: Es gibt eine große Zahl von Betern in dieser Diözese und im Monat Mai gibt es den Aufruf des Papstes, dass wir hier so etwas wie den Marathon des Gebets machen. Wir Bischöfe beten jeden Abend abwechselnd den Rosenkranz vor – da hinein fügt sich auch die Pfingstnovene, die in unserer Diözese eine gute Tradition ist. Mein Wunsch ist, dass sich da möglichst viele anschließen.

Generalvikar Weiss: Gerade Pfingsten zeigt uns, dass das Gebet um den Heiligen Geist zusammenführt, vereint und dass dieser Heilige Geist einen Aufbruch bewirkt. Pfings­ten will uns auch zeigen, dass Großes entstehen kann, wenn wir gemeinsam beten, gemeinsam gestalten, gemeinsam arbeiten.

Autor:

Sonja Planitzer aus Niederösterreich | Kirche bunt

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