Kultur
Ein dem Schattenreich entrissenes Genie

Joseph Neugebauer: Maria von Magdala wäscht Jesus die Füße.  | Foto: Gobbo della Carra
  • Joseph Neugebauer: Maria von Magdala wäscht Jesus die Füße.
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In ihrem neuen Buch spürt Corinne Gobbo dello Carrer dem Leben und Werk ihres Vorfahren Joseph Neugebauer nach: Der fast vergessene Biedermeier-Maler und Komponist verbrachte seinen Lebensabend in Stift Melk und hinterließ ein beeindruckendes künstlerisches Werk.

Mit „Joseph Neugebauer. In den Sphären der Musik und Malerei“ ermöglicht Corinne Gobbo dello Carrer die Wiederentdeckung eines aus dem Blickfeld geratenen Künstlers des Wiener Biedermeier. In einer kunstvollen Mischung aus Roman, Biographie und Familiengeschichte folgt die Autorin den Spuren ihres Vorfahren Joseph Neugebauer (1810–1895).
Der hoch talentierte Maler und Komponist ist zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Seine Gemälde – von Porträts über Stillleben bis hin zu Altarbildern – spiegeln die Meisterschaft des Biedermeier-Künstlers wider. Neugebauer verbrachte seinen Ruhestand im Stift Melk, wo er nicht nur lebte und arbeitete, sondern auch eine bedeutende Sammlung hinterließ.

Nachlass in Stift Melk

„Seit meiner frühen Kindheit wurde ich geprägt von den unzähligen kleinen und großen Bildern meines Urahns Joseph Neugebauer in seiner Galerie im Speisezimmer meiner italienischen Nonna, wo auch sein Bösendorfer Konzertflügel und seine edlen Biedermeiermöbel ihren Platz hatten“, erzählt Buchautorin Corinne Gobbo dello Carrer. Hier sei die Idee entstanden, Joseph Neugebauers Geschichte einmal aufzuschreiben. „Viele Jahre sollten vergehen, bis ich mit meinem vierjährigen Enkel David das Stift Melk besuchte, um mit ihm den Großteil von Neugebauers Nachlass zu dessen 200. Geburtstag zu besichtigen.“ Neugebauers Neffe und Nachlassverwalter – Gobbo dello Carrers Großvater – hatte diesen einst dem Stift hinterlassen. Die einstige Buchidee tauchte wieder auf, Gobbo dello Carrer machte umfangreiche Recherchen und nützte die Corona-Lockdowns für ihre Spurensuche.

„Ich sah es als meine Aufgabe, dem Lebenswerk des Alt-Wiener Malers und Komponisten neues Leben einzuhauchen.“

Der so entstandene Roman führt die Leserinnen und Leser auf eine atmosphärische Zeitreise durch das Wien und Venedig des 19. Jahrhunderts, begleitet von der venezianischen Großmutter der Autorin. Diese lässt mit Wissen und Charme die Vergangenheit lebendig werden. „Das lebenslange Anliegen von Nonna und Mama, ihrem Ahn ein Denkmal zu setzen, sollte zu ihren Lebzeiten nicht wahr werden. Ich sah es als meine Aufgabe, dem Lebenswerk des großartigen, fast vergessenen Alt-Wiener Malers und Komponisten – er nannte zwei edle Musen sein Eigen: die Malerei und die Tonkunst – neues Leben einzuhauchen.“
Neugebauer verdiene es, der Vergangenheit entrissen zu werden, sagt seine Nachfahrin: „Er war der erste Stillleben-Maler der Wiener Kunst-Renaissance, Historienmaler vieler Altarbilder, begehrter Portraitmaler der Hocharistokratie und noch dazu ein begabter Komponist.“ Bekannt sind seine Portraits des noch jugendlichen Kaiserpaares Franz Joseph und Elisabeth.
Neugebauer wurde für seinen präzisen Malstil geschätzt, der von den alten holländischen Meistern beeinflusst war. Neben Stillleben und Portraits gestaltete er Gemälde biblischen Inhalts sowie Altarbilder. Letztere in niederösterreichischen Pfarrkirchen zu recherchieren, begeisterte die Autorin: „Das Kapitel ,Unsere Allerheiligen-Rundfahrt‘ mit dem Fotoshooting der Neugebauer Altarbilder in den Kirchen, die dem Stift Melk inkorporiert sind, bereitete mir besonderes Vergnügen“, erzählt sie. Station gemacht wurde in Gainfarn, Zwerndorf an der March, Eggendorf im Thale, Kammersdorf bei Hollabrunn, Wullersdorf und Rohrendorf. Auch in Wien sind Werke Neugebauers zu besichtigen wie in Sankt Ulrich und – wenn gerade ausgestellt – im Belvedere, im Kunsthistorischen Museum und im Wien Museum. Einen tieferen Einblick in sein musikalisches Schaffen bietet das neue Buch – und ergänzt damit das Bild eines vielseitigen Künstlers. Agathe Lauber-Gansterer

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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