Interview
Mit der Regionalbegleitung die Pfarren zukunftsfit machen

Der Regionalbegleiter Christian Scheidl und die Regionalbegleiterinnen Anita Nussmüller und Barbara Mayr im Garten des Bildungshauses St. Hippolyt in St. Pölten.    | Foto: S. Planitzer
  • Der Regionalbegleiter Christian Scheidl und die Regionalbegleiterinnen Anita Nussmüller und Barbara Mayr im Garten des Bildungshauses St. Hippolyt in St. Pölten.
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Wie die meisten Diözesen der westlichen Welt ist auch unsere Diözese im Wandel: Weniger Gläubige, weniger Priester, geringer werdende Ressourcen etc. erfordern neue Wege. In vielen Diözesen entstanden in den letzten Jahren größere pastorale Einheiten, in der Diözese St. Pölten wurden und werden sogenannte Pfarrverbände, die zwei bis zehn Pfarren umfassen, gegründet. Der Diözesanleitung ist es dabei wichtig, dass die Pfarren gut auf das Miteinander vorbereitet werden. Dafür sorgen die Regionalbegleiterinnen und -begleiter. „Kirche bunt“ sprach mit MMag. Barbara Mayr (Donauraum), Mag. Anita Nussmüller (Mostviertel Ost) und Dipl. Päd. Christian Scheidl (Waldviertel) über ihre Arbeit, die Herausforderungen und Ziele.

Was sind die Aufgaben der Regionalbegleitung?

Christian Scheidl: Wir haben viele Aufgabenfelder. Zunächst sind wir bei Personalveränderungen involviert, das heißt: Wenn es in Pfarren bzw. Pfarrverbänden zu Neubesetzungen kommt, begleiten wir den Übergang und das Teambuilding.

Barbara Mayr: Vor allem kommen wir zum Einsatz, wenn Pfarrverbände entstehen. Bei Pfarrverbänden handelt sich um mehrere Pfarren, die gemeinsam eine pastorale Einheit bilden und in verschiedenen Bereichen zusammenarbeiten. Als Regionalbegleitung moderieren wir den Prozess der Entstehung in Zusammenarbeit mit dem pastoralen Team des jeweiligen Pfarrverbandes und den Pfarrgemeinderäten.

Anita Nussmüller: Ein weiteres Aufgabengebiet ist die Mediation in Krisensituationen. Wenn sich in Pfarren oder Pfarrverbänden Meinungsverschiedenheiten zuspitzen – egal, ob in einem pastoralen Team oder zwischen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern –, dann sind wir oft die ersten Ansprechpartner, die hinfahren, die Lage sondieren, Gespräche suchen und schrittweise klären, auf welcher Ebene dieser Konflikt gelöst werden kann.

Worauf achtet man bei der Gründung eines Pfarrverbandes?

Nussmüller: Zuerst führt der Generalvikar Gespräche mit dem Priester, der die Leitung des Pfarrverbandes übernehmen soll. Im nächsten Schritt wird das gesamte hauptamtliche Team des zukünftigen Pfarrverbandes – das pastorale Team – in den Blick genommen. Dazu zählen zunächst weitere Priester, ehrenamtliche Diakone, Pastoralassistentinnen bzw. Pastoralassistenten, Helferinnen bzw. Helfer in der Pastoral und auch die Pfarrsekretärinnen bzw. Pfarrsekretäre. Wichtig ist dabei, den Fokus auf die Zusammenarbeit und den gesamten Pfarrverband zu lenken. Das braucht ein behutsames Vorgehen in Einzel- und Teamgesprächen, um möglichst alle auf den Weg zu einem Denken in größeren Einheiten mitzunehmen.

„Mit uns kommt eine Person
in die Pfarre, mit der alles
besprochen werden kann,
und das trägt wesentlich zum Gelingen bei.“

Mayr: Dann werden die stellvertretenden Vorsitzenden des Pfarrgemeinderates (PGR) der jeweiligen Pfarren vom Generalvikar zu einem Gespräch eingeladen und informiert. Beim offiziellen Starttreffen im zukünftigen Pfarrverband erläutert der Generalvikar die Hintergründe und den Prozess der Pfarrverbandsgründung und kommt mit den PGR-Vorständen ins Gespräch. In der Folge finden weitere Treffen der PGR-Vorstände mit der Regionalbegleitung statt. Die Vorstände erhalten dabei jeweils einige Fragen, die sie dann im PGR ihrer Pfarre besprechen und anschließend wiederum in das gemeinsame Treffen einbringen. Am Ende dieses Entstehungsprozesses steht die feierliche Errichtung durch den Diözesanbischof.

Welche Themen werden bei diesen Treffen besprochen?

Mayr: Meist ist die Gottesdienstordnung das erste Thema, das wir gemeinsam mit dem leitenden Priester, dem pastoralen Team und den PGR-Vorständen besprechen. Alles Weitere wird schrittweise im Laufe ca. eines Jahres entwickelt. Wir sind für die Begleitung der Entstehung einer Struktur zuständig, d. h. Gottesdienstordnung, Erreichbarkeiten, Organisatorisches, Aufgabenverteilung im pastoralen Team etc. Für pastorale Themen gibt es seit kurzer Zeit Pastoralcoaches, die gerade in den Regionen etabliert werden.

Wie reagieren die Menschen in den Pfarren auf die Gründung von Pfarrverbänden?

Mayr: Wir haben im Vorjahr sehr intensiv bei den PGR-Vorstandstreffen in den Dekanaten über die Errichtung von Pfarrverbänden informiert. Für mich ist bei den Begleitungen und im Gespräch mit vielen Menschen deutlich spürbar, dass sich bereits ein Bewusstsein und Verständnis dafür gebildet hat, dass die Diözese St. Pölten den Weg der Errichtung von Pfarrverbänden geht. Die Menschen stellen sich mehr und mehr auf Veränderungen ein und vielen ist bewusst, dass es gut begleitete Prozesse der Veränderung braucht.

Scheidl: Ich erlebe ganz unterschiedliche Situationen. Da gibt es anfangs noch die Tendenz, dass alles grundsätzlich abgelehnt wird und dass man sagt: Wir wollen allein bleiben! Mit der Zeit erleben wir meist eine Öffnung. Die Leute sagen dann z. B.: „Das könnten wir mit der anderen Pfarre doch gemeinsam umsetzen.“ Oft gibt es auch Aha-Erlebnisse, wenn man z. B. sieht, wie eine andere Pfarre die Sakramentenvorbereitung macht. Ganz oft erleben wir auch, dass die Menschen in den Pfarren froh sind, wenn manche Dinge, die nur mehr aus Gewohnheit gemacht wurden, auch beendet werden können und gleichzeitig etwas Neues begonnen werden kann. In einem Pfarrverband wurde die Startmesse als besonders schön erlebt, weil da plötzlich zehn Ministrantinnen und Ministranten waren, wo sonst vielleicht nur einer oder maximal zwei sind. Das ist für alle Mitfeiernden schön und für die Kinder natürlich etwas Besonderes. Die Bildung von Pfarrverbänden bringt auch die Chance für einen pastoralen Neustart mit sich und ist nicht nur rein strukturell zu sehen.

Wie erleben Sie Ihre Aufgabe als Regionalbegleiterin bzw. Regionalbegleiter?

Nussmüller: Ich erlebe diese Arbeit als sehr sinnvoll, weil sie den Menschen in den Pfarren hilft, die Veränderungen zu verstehen und sie als Gebot der Zeit annehmen zu können. Mit uns kommt eine Person in die Pfarre, mit der alles besprochen werden kann, und das trägt wesentlich zum Gelingen bei. Hilfreich ist auch, dass wir als Regionalbegleiter untereinander ein gut vernetztes Team sind, in dem viel Know-how und Erfahrung, aber auch gegenseitige Unterstützung zusammenfließen.

Scheidl: Die menschlichen Begegnungen sind äußerst wertvoll. Manchmal sind sie schwierig, hin und wieder mit Konflikten und Emotionen verbunden, aber wir Regionalbegleiter sind da oft als Dolmetscher oder Brückenbauer tätig: Zwischen Pfarrer und Pfarre oder Diözese und Pfarre. Ein Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Förderung des Miteinanders von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Mayr: Wir erleben auch, dass unser Dabeisein als Wertschätzung für die Aktivitäten vor Ort erlebt wird. Wir kommen als Hörende. Was ich an dieser Arbeit liebe, ist die Vielfältigkeit. Jeder Tag ist anders. Das diözesane Motto ICH BIN. MIT DIR passt da voll.

Autor:

Sonja Planitzer aus Niederösterreich | Kirche bunt

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