Eröffnung am 30. September 1961
Bildungshaus St. Hippolyt ist 60 Jahre jung
Vor 60 Jahren, am 30. September 1961, wurde das Bildungshaus St. Hippolyt in St. Pölten vom damaligen Diözesanbischof Dr. Franz Zak feierlich eröffnet.
Das Erfordernis einer diözesanen Bildungsstätte zeichnete sich bereits in den Nachkriegsjahren ab, als die kirchliche Jugendarbeit und die Katholische Aktion einen starken Aufbruch erlebten und sich daraus die Notwendigkeit geeigneter Räumlichkeiten für Kurse und Veranstaltungen im Zentrum der Diözese ergab. So fanden nach 1950 mehrtägige Exerzitien für Burschen mit über 50 Teilnehmern damals im „Katholischen Bildungsheim“ in Wallsee statt.
Konkrete Gestalt gewannen die Pläne für den Bau eines diözesanen Bildungshauses in St. Pölten 1957, als die Diözese das Areal Klostergasse 14/ Eybnerstraße 5 – die sogenannte Schreckmühle – kaufte. Die Sprengung des 36 Meter hohen Schlotes der Mühle und der Abriss des Heizhauses am 3. Oktober 1958 markierten den Baubeginn. Einen Monat später konnte Bischof Michael Memelauer den Grundstein segnen. Dass am Bau die gesamte Diözese „mitgeholfen“ hat, beweist eine Kirchensammlung, bei der 408 Pfarren 835.882 Schilling aufbrachten. Als Leitung für das neue Bildungshaus wurden Ordinariatsrat Josef Schwanke als geistlicher Rektor und Leo Prüller als Direktor bestellt.
In der bereits einige Tage davor gedruckten Ausgabe der St. Pöltner Kirchenzeitung vom 1. Oktober 1961 (sie trug damals den Namen „Christophorus“) schrieb Rektor Schwanke: „Der 30. September wird als Markstein in die Geschichte unserer Diözese eingehen: unser Bildungs- und Exerzitienhaus erhält die kirchliche Weihe und öffnet für große Aufgaben seine Tore. Im Rahmen eines Festaktes wird Exzellenz Bischofkoadjutor Dr. Franz Zak das erste heilige Messopfer in der Hauskapelle darbringen. Christus, der oberste Hausherr, wird sein Zelt aufschlagen und Mittelpunkt des Lebens in St. Hippolyt sein.“ St. Hippolyt möge „eine Stätte des Segens werden für den Einzelnen, für das pfarrliche Leben und somit für unsere ganze Diözese“, umriss der Rektor die Zielsetzung des Hauses aus der damaligen kirchlichen Perspektive, die schon vom Geist des von Papst Johannes XXIII. angekündigten Zweiten Vatikanischen Konzils getragen war.
Auftakt mit Diözesansynode
Benannt wurde das neue Bildungshaus nach dem St. Pöltner Diözesanpatron Hippolyt von Rom. Die Einweihung am 30. September 1961 war vom Tod des beliebten Bischofs Michael Memelauer überschattet. Es war dies die erste Amtshandlung von Bischof Franz Zak als Diözesanbischof, da er als Koadjutor automatisch die Nachfolge des verstorbenen Bischofs antrat. Die erste große Veranstaltung war die bislang vorletzte St. Pöltner Diözesansynode, die vom 1. bis 4. Oktober 1961 tagte.
Das Bildungs- und Exerzitienangebot wurde rasch ausgebaut, zwei Jahre nach der Eröffnung zählte man bereits 166 Kurse mit knapp 4.000 Teilnehmern. Neben den Veranstaltungen für junge Menschen und von Gliederungen der Katholischen Aktion gab es auch Gastkurse wie die Pfarrertage der evangelischen Kirche.
Im Laufe der Zeit wurde das Haus mehrfach adaptiert und an neue Erfordernisse angepasst. Die ursprünglich schlicht gehaltene Kapelle wurde 1981 vom oberösterreichischen Künstler Rudolf Kolbitsch neu gestaltet. Er ging von dem Gedanken aus, dass der Altar das Zentrum der Kapelle sein solle, so wie die Eucharistie die zentrale Feier der Christen ist, und schuf die wandhohen Bildtafeln und Fenster zu zentralen Glaubensthemen.
Ein Zubau mit Tiefgarage, Tagungsräumen und modernen Zimmern wurde 1992 eröffnet. Zuletzt erhielten vor drei Jahren die Vortragsräume und Säle eine zeitgemäße Ausstattung. Vor allem aber wurde der Eingangsbereich, der den Besuchern den ersten prägenden Eindruck vermittelt, neu konzipiert und auch das Café vom Flair der 70er-Jahre entstaubt.
Neu hinzugekommen ist ein Meditationsraum, der bewusst leer von Schmuck und Bildern bleibt. Nur die Zahl der Säulen und Lichter beruht auf einer jüdisch-christlichen Symbolik.
Verantwortung für die Schöpfung und Nachhaltigkeit kommen nicht nur in zahlreichen Veranstaltungen zum Tragen, sondern werden auch im alltäglichen Ablauf umgesetzt – von der bevorzugten Verwendung frischer Lebensmittel aus regionaler Herkunft bis zur Reinigung.
In regelmäßigen Ausstellungen präsentiert das Bildungshaus St. Hippolyt Werke meist lebender Künstler – auch das eine Möglichkeit, das Publikum mit Fragen des Lebens ebenso wie des Glaubens in Berührung zu bringen.
Wozu braucht es überhaupt kirchliche Bildungshäuser? „Heute ist es mehr denn je notwendig, die Frohe Botschaft in die Welt hinauszutragen“, sagt der Direktor des Bildungshauses St. Hippolyt, Erich Wagner-Walser. Wenn die Kirche im öffentlichen Diskurs immer weniger Rolle spielt, brauche es Angebote der Begegnung, damit die Kirche mit ihren Werthaltungen bei den Menschen ankommt. „Das geschieht auch dadurch“, so Wagner-Walser, „dass öffentlich Bedienstete, Lehrer und andere Gruppen ins Haus kommen.“ Oft ergeben sich in den freien Zeiten oder am Abend Gespräche, bei denen die Menschen zu den Kernthemen kommen. Erich Wagner-Walser ist überzeugt: „Wir müssen hinaus – dafür stehen die Bildungshäuser!“ Ein ganzheitlicher Ansatz sei auch im Sinne des Zweiten Vatikanums: die Sorgen und Ängste, Hoffnung und Freude der Menschen zu teilen.
Gewisse Sorgen bereitet dem Direktor die Corona-Pandemie. Gab es in den Jahren davor um die 32.000 Kursteilnehmer jährlich, so ging deren Zahl 2020 um mehr als 70 Prozent zurück, für einige Monate war das Bildungshaus – wie viele andere auch – überhaupt geschlossen. Für den Herbst gibt es zumindest Hoffnungssignale, auch weil vielen die Grenzen von Online-Meetings sehr klar bewusst geworden sind, weiß Wagner-Walser.
Ob das „hiphaus“, als welches es sich heute prägnant präsentiert, ein „hippes“ Haus ist? „Ja“, sagt Direktor Wagner-Walser, „weil wir immer wieder junge Menschen im Haus haben, die vom Haus, der Atmosphäre, vom Essen und dem bunten, vielfältigen Programm begeistert sind. Es ist eine Oase in der Stadt, durch den Meditationsraum, die Kapelle und auch die grünen Inseln im Freien.“ Dafür sorgen 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Empfang über Programmplanung, Büro, Küche, Service, Reinigung und Haustechnik.
Mit seinen nunmehr 60 Jahren hat das „hiphaus“ vieles schon geseh’n: zwei Diözesansynoden, Jugendwochen, Exerzitien- und Ehevorbereitungskurse, Reigentanzabende, Vorträge und Seminare von und mit Menschen aus aller Welt sowie Jugendchöre-, Meditations- und Bibeltage.
Schlager
Autor:Leopold Schlager aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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