Erzählung
Ein Gruß aus der Savanne

Foto: Chris – stock.adobe.com

Zugegeben: Meine Begeisterung hielt sich damals in Grenzen, als mir eine Kollegin anlässlich des bevorstehenden Weihnachtsfestes ein etwa fingerbreites und
-langes Stück Rundholz, das an einem Ende knospte, überreichte.
„Das ist ein Setzling eines Baobab“, erklärte sie mir freudestrahlend. „Wenn du ihn in einen Topf mit Erde steckst, sollte er bald austreiben. Bei richtiger Pflege wird das einmal ein prächtiger Zimmerbaum.“
Ich tat, wie mir meine Kollegin geheißen. Im Internet machte ich mich anschließend über das exotische Geschenk schlau: Ein Baobab, auch Affenbrotbaum genannt, gedeihe in den Savannen Afrikas und könne einen Umfang von mehreren Metern erreichen, las ich staunend auf Wikipedia. Ein ausgewachsener Baum, davon konnte ich mich auf Bildern überzeugen, wirkt aus der Weite, als habe man ihn kopfüber in den Boden gepflanzt – mit den Wurzeln nach oben. Uralte Bäume seien zudem innen oft hohl und würden als Speicherplatz und manchmal sogar als Gefängnis benützt.
Sympathischer war mir die Tatsache, dass das Gewächs auch als „Palaverbaum“ bezeichnet wird, da sich in seinem Schatten traditionell die Menschen treffen, um Märkte abzuhalten, Verhandlungen zu führen oder zu feiern. Das erinnerte mich an die bei uns früher verbreitete Dorflinde, unter deren Schutz sich die Menschen allabendlich zur Unterhaltung trafen – in einem Zeitalter, in dem man noch keine „lols“ und Smileys postete, sondern selbst herzhaft lachte …
Mein Baobab hat inzwischen viele Jahre und sogar einen Umzug unter meiner Obhut erlebt. Von den Beschreibungen, wie sie im Lexikon zu finden sind, zwar noch weit entfernt, ist er aber rasch in die Höhe gewachsen, sodass ein zwischenzeitliches Zurückschneiden unumgänglich geworden ist. Da der Baum ein geradezu biblisches Alter erreichen kann – Baobabs werden 400 bis 800 Jahre alt, manche sogar über 2000 Jahre –, teilte mir meine Kollegin mit, es sei in unseren Breitengraden Brauch, den Baum von Generation zu Generation weiterzuschenken. Ein schöner Gedanke.
Kurt Neumeyr

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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