Sonntag
Einheit und Friede
17. SONNTAG IM JAHRESKREIS, LESEJAHR B – 28. JULI
ANTWORTPSALM
Der Herr ist gnädig und barmherzig, langmütig und reich an Huld. Der Herr ist gut zu allen, sein Erbarmen waltet über all seinen Werken. Aller Augen warten auf dich und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit. Du tust deine Hand auf und sättigst alles, was lebt, mit Wohlgefallen. Gerecht ist der Herr auf all seinen Wegen und getreu in all seinen Werken. Nahe ist der Herr allen, die ihn rufen, allen, die ihn aufrichtig rufen.
aus Psalm 145, 8–9.15–16.17–18
1. LESUNG 2 Könige 4,42–44
Man wird essen und noch übrig lassen.
In jenen Tagen kam ein Mann von Báal-Schalíscha und brachte dem Gottesmann Elíscha Brot von Erstlingsfrüchten, zwanzig Gerstenbrote und frische Körner in einem Beutel. Elíscha sagte: Gib es den Leuten zu essen! Doch sein Diener sagte: Wie soll ich das hundert Männern vorsetzen? Elíscha aber sagte: Gib es den Leuten zu essen!
Denn so spricht der HERR: Man wird essen und noch übrig lassen. Nun setzte er es ihnen vor; und sie aßen und ließen noch übrig, wie der HERR gesagt hatte.
2. LESUNG Épheser 4,1–6
Ein Leib, ein Herr, ein Glaube, eine Taufe.
Schwestern und Brüder! Ich, der Gefangene im Herrn, ermahne euch, ein Leben zu führen, das des Rufes würdig ist, der an euch erging. Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch das Band des Friedens! Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung in eurer Berufung: ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist.
EVANGELIUM Johannes 6,1–15
Jesus teilte an die Leute aus, so viel sie wollten.
In jener Zeit ging Jesus an das andere Ufer des Sees von Galiläa, der auch See von Tibérias heißt. Eine große Menschenmenge folgte ihm, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat.
Jesus stieg auf den Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern nieder. Das Pascha, das Fest der Juden, war nahe. Als Jesus aufblickte und sah, dass so viele Menschen zu ihm kamen, fragte er Philíppus: Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese Leute zu essen haben? Das sagte er aber nur, um ihn auf die Probe zu stellen; denn er selbst wusste, was er tun wollte. Philíppus antwortete ihm: Brot für zweihundert Denáre reicht nicht aus, wenn jeder von ihnen auch nur ein kleines Stück bekommen soll.
Einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus, sagte zu ihm: Hier ist ein kleiner Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; doch was ist das für so viele? Jesus sagte: Lasst die Leute sich setzen! Es gab dort nämlich viel Gras. Da setzten sie sich; es waren etwa fünftausend Männer. Dann nahm Jesus die Brote, sprach das Dankgebet und teilte an die Leute aus, so viel sie wollten; ebenso machte er es mit den Fischen. Als die Menge satt geworden war, sagte er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrig gebliebenen Brocken, damit nichts verdirbt! Sie sammelten und füllten zwölf Körbe mit den Brocken, die von den fünf Gerstenbroten nach dem Essen übrig waren.
Als die Menschen das Zeichen sahen, das er getan hatte, sagten sie: Das ist wirklich der Prophet, der in die Welt kommen soll. Da erkannte Jesus, dass sie kommen würden, um ihn in ihre Gewalt zu bringen und zum König zu machen. Daher zog er sich wieder auf den Berg zurück, er allein.
Lektionar für die Bistümer des deutschen Sprachgebiets. Authentische Ausgabe für den liturgischen Gebrauch. Band II: Die Sonntage und Festtage im Lesejahr B, Freiburg u. a. 2020. © staeko.net
WORT ZUR ZWEITEN LESUNG
Als ich um Kommentare zu biblischen Texten gefragt wurde, sagte ich spontan zu. Erst später erfuhr ich, dass es Abschnitte aus dem Brief an die Gemeinde in Ephesus sind, der nicht zu meinen Lieblingsbüchern der Heiligen Schrift gehört. Ich kann mir vorstellen, dass es vielen Leserinnen und Lesern ähnlich ergeht.
Der Abschnitt, der an diesem Sonntag vorgetragen wird, will Einheit und Friede in der Gemeinde. Ehrlich gesagt: Mich nervt die Aufforderung. Hat der Autor – wohl ein Schüler des heiligen Paulus – im Unterschied zu seinem Lehrer nicht offensichtlich ein ausgesprochenes Harmoniebedürfnis? Das kann man kaum übersehen. Der Geist Gottes darf nicht mehr brausen, er muss gezähmt werden. Das alles unter einem frommen Mäntelchen. Und das Resultat: Schlafende Gemeinden, wie wir sie heute zuhauf kennen.
Die Aufforderung lässt mich ans Einknicken denken: Niemanden verletzen. Einfach nichts sagen, dann sind sie wenigstens ruhig. Da fällt mir ein treffendes Wort von Marie von Ebner-Eschenbach (1830 – 1916) ein: „‚Der Gescheitere gibt nach!‘ Ein unsterbliches Wort. Es begründet die Weltherrschaft der Dummheit.“ Ob diese Einsicht nicht besser in die Situation der Kirche heute passt? Schlafmittel brauchen wir beileibe nicht, sondern Feuer. Darum ist es wichtig, dass wir den zweiten Teil der Lesung nicht übersehen. Siebenmal ist „ein“/ „eine“ betont: Ein Leib, ein Geist, eine Hoffnung, ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater. Das ist der Grund der Einheit und des Friedens in der Kirche, und nicht das Harmoniebedürfnis. Und dieser Grund ist voll Feuer und Kreativität.
P. Martin Werlen OSB ist ein Schweizer Benediktiner, der von 2001 bis 2013 Abt des Klosters Einsiedeln war. Am 15. August 2020 übernahm er die Propstei St. Gerold als neuer Propst.
Autor:martinus Redaktion aus Burgenland | martinus |
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