ÜBER_BLICK
Die Waffen hoch?

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PRO & CONTRA
Im vergangenen Jahr flossen in den EU-Staaten 326 Milliarden Euro in Rüstungsausgaben, mehr als das Doppelte von 2004. Die EU-Kommission will die Summe auf 800 Milliarden heben. Der Grund: Auf die USA als Schutzmacht ist kein Verlass mehr. Nebenbei kurbelt die Aufrüstung auch die schwächelnde Wirtschaft an. Ist Aufrüstung notwendig?
FÜR MEHR FRIEDENSBILDUNG STATT KLIMASCHÄDLICHER AUFRÜSTUNG
Seit Monaten ist in Innsbruck eine Straßenbahngarnitur im Werbestil des Bundesheeres gestaltet und wirbt für attraktive Jobs im Militär. Österreich muss „kriegsfähig“ werden, meinte die zuständige Verteidigungsministerin im vergangenen Jahr. Dazu braucht es eine Militarisierung der Gedanken. Dazu braucht es mehr Kriegsgerät, mehr Waffen, mehr Munition und vor allem auch mehr Soldaten. Die andere Logik lautet: Würde kein Mensch mehr verpflichtet, den Dienst am Kriegsgerät zu erlernen, dann gäbe es keinen Krieg mehr. Würden nicht Männer in Uniformen uns täglich neu in Talk-Shows und Informationssendungen die Kriege erklären, erklärten uns vielmehr Friedensforschende, wie Waffenstillstände gemacht und Frieden gesichert werden können, dann würden die Rüstungskonzerne und ihre Aktionäre nicht länger Profite in schwindelerregendem Maße machen. Würden wir aus der Geschichte lernen, dass Aufrüstung und Hochrüstung stets Vorbereitungen für Kriege sind und ein friedliches Zusammenleben der Völker und Nationen gefährden, dann würden Rüstungsverhandlungen stattfinden und Abrüstungsprogramme vollzogen werden. Würde die Zivilgesellschaft gestärkt und gebildet in Konzeptionen einer nichtmilitärischen Sozialen Verteidigung, so gäbe es nicht jenes Setzen auf ressourcenintensive und höchst klimaschädliche Rüstungsprogramme. Würde man wirklich und wirksam den Frieden wollen, dann würde eine Straßenbahngarnitur für Friedensfachkräfte werben, die gut ausgebildet in Bereichen der Konfliktprävention, Konfliktintervention und Friedensbildung im Rahmen der OSZE oder UNO tätig sein könnten.
KLAUS HEIDEGGER
Religionspädagoge, Mitarbeit bei Pax Christi Tirol und Pax Christi Österreich 2016–2025 Vorsitzender der Katholischen Aktion der Diözese Innsbruck
ES GIBT EIN RECHT AUF DEN SCHUTZ DER BEVÖLKERUNG
Um die schwierige Frage nach dem Konzept der Aufrüstung theologisch zu behandeln, lohnt sich ein Blick in die Pastoralkonstitution des II. Vatikanischen Konzils über die Kirche in der Welt von heute, Gaudium et Spes, Nr. 79: „Solange die Gefahr von Krieg besteht und solange es noch keine zuständige internationale Autorität gibt, die mit entsprechenden Mitteln ausgestattet ist, kann man, wenn alle Möglichkeiten einer friedlichen Regelung erschöpft sind, einer Regierung das Recht auf sittlich erlaubte Verteidigung nicht absprechen. Die Regierenden und alle, die Verantwortung für den Staat tragen, sind verpflichtet, das Wohl der ihnen anvertrauten Völker zu schützen, und sie sollen diese ernste Sache ernst nehmen. Der Einsatz militärischer Mittel, um ein Volk rechtmäßig zu verteidigen, hat jedoch nichts zu tun mit dem Bestreben, andere Nationen zu unterjochen ... Auch wird nicht deshalb, weil ein Krieg unglücklicherweise ausgebrochen ist, damit nun jedes Kampfmittel zwischen den gegnerischen Parteien erlaubt. Wer als Soldat im Dienst des Vaterlands steht, betrachte sich als Diener der Sicherheit und Freiheit der Völker. Indem er diese Aufgabe recht erfüllt, trägt er wahrhaft zur Festigung des Friedens bei.“
Für die katholische Beurteilung von Rüstungsaktivitäten können daraus drei Ebenen abgeleitet werden: Auf internationaler Ebene wünscht sich die Kirche eine mit entsprechenden Mitteln ausgestattete zuständige Autorität. Auf nationaler Ebene besteht das Recht zum Schutz der eigenen Bevölkerung und das Verbot von Angriffskriegen. Auf persönlicher Ebene muss der Soldat die militärische Landesverteidigung und den Schutz der Völker richtig erfüllen können.
STEFAN GUGEREL
Militärdekan, Militärseelsorger in Enns und Wiener Neustadt
Autor:martinus Redaktion aus Burgenland | martinus |
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