ÜBER_BLICK
Konfliktfelder rund um eine zerstörte Marienskulptur

Esther Strauß mit ihrer Skulptur „crowning“ im Kunstraum des Mariendoms. Die Leihgabe wurde in einem Gewaltakt zerstört. 
 | Foto: Ulrich Kehrer
  • Esther Strauß mit ihrer Skulptur „crowning“ im Kunstraum des Mariendoms. Die Leihgabe wurde in einem Gewaltakt zerstört.
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Eine Meldung ging letzte Woche durch die Medien: Von Linz bis Washington sorgte die „geköpfte Marienstatue“ im Kunstraum des Linzer Mariendoms für Aufsehen.

Die Skulptur „crowning“ von Esther Strauß war im Rahmen der Reihe „DonnaStage“ am 27. Juni erstmals präsentiert worden, nach vier Tagen haben Unbekannte die Skulptur geköpft. – Eine mehrteilige Ausstellungsreihe im Kunstraum zeigt bis November anlässlich 100 Jahre Mariendom acht künstlerische Positionen unter dem Aspekt, Frauen-, Familien- und Rollenbilder in Gesellschaft und Kirche zu hinterfragen und neu zu betrachten.

GEBOREN VON DER JUNGFRAU
Die Künstlerin Esther Strauß greift dabei in ihrer Arbeit die Leerstelle in der biblischen Erzählung – die Geburt Christi – auf und zeigt Maria als gebärende Frau. Was für die einen die natürlichste Sache der Welt zeigt und die Menschwerdung Christi thematisieren und bewusst machen will, verstehen andere als Angriff, gar als Schändung der Gottesmutter. Maria werde damit entehrt. An der Darstellung von Maria als gebärende Frau stoßen sich auch jene, die Frauen dadurch erneut bloßgestellt sehen. „Ich finde es unsensibel, eine gebärende Frau mit gespreitzen Beinen – auch wenn man das mit der Menschwerdung Gottes argumentiert – den Blicken Neugieriger auszusetzen“, meint dazu Seelsorgerin Veronika Pernsteiner, ehemalige kfb-Vorsitzende Österreichs.

ENTHAUPTUNG KEINE OPTION
Bischofsvikar Johann Hintermaier hat bereits letzte Woche reagiert und unterstreicht nochmals: Wenn Menschen in ihren religiösen Gefühlen verletzt worden sind, tue ihm das wirklich sehr leid. Hintermaier sagt dazu: „Ich kann die Sorgen verstehen, aber: Die religiösen Grundwahrheiten, die christologischen Dogmen sind dadurch nicht in Frage gestellt. Jesus Christus ist wahrer Gott und wahrer Mensch, geboren von der Jungfrau Maria. Unser Glaube ist nicht einfach. Wir können Gott nicht fassen. Wir reden von Gott in Bildern. Kunst geht in der Darstellung oft andere Wege als die Tradition. Diese Darstellung ist auch keine neue Marienstatue für den Dom oder zur Verehrung gedacht.“ Der Gewaltakt selbst sei auf das Schärfste zu verurteilen: „Es darf nicht sein, dass aus religiöser Überzeugung jemand enthauptet wird, auch keine Statue. Jesus sagt zu Petrus: Steck das Schwert weg!“

NEUES BILDMOTIV
Markus Schlagnitweit, Kirchenrektor der Ursulinenkirche in Linz, sagt zur „Enthauptung der Gottesgebärerin“ Folgendes: „Keine Frage: Eine gebärende Gottesmutter stellt einen Bruch in der Bildtradition in der christlichen Kunstgeschichte dar – genauso übrigens wie die Darstellung des gekreuzigten Christus.“ Das Kreuz gehöre erst seit dem 6. Jahrhundert allmählich zum fixen Bestandteil des christlichen Bildprogramms.

ELISABETH LEITNER

Autor:

martinus Redaktion aus Burgenland | martinus

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