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„Ich finde immer die richtige Balance“
Bernhard Weinhäusel (50) leitet bereits seit vielen Jahren das Diözesanarchiv in Eisenstadt. Mit ihm begeben wir uns dort auf Spurensuche.
Meterhohe Regale aus Stahl sind zu sehen. Neonlicht erhellt den Raum. Es riecht nach altem Papier. „Bilder, Pfarrarchive, Matriken und Bibliotheken aus Priesternachlässen – all das befindet sich in unserem Archiv“, freut sich Bernhard Weinhäusel, der aber nicht nur das Diözesanarchiv, sondern auch die Diözesanbibliothek und das -museum seit dem Jahr 2009 leitet und quasi unter einem Dach vereint. „Und immer wieder kommen Bestände hinzu.“ Wie vielleicht kein anderer kennt er viele Pfarrgemeinden des Landes sowie deren Geschichte, weil er als Zeremoniär mit dem nunmehrigen Altbischof Paul Iby einst viel in der Diözese unterwegs war. An der Universität Wien studierte Bernhard Weinhäusel Wirtschafts- und Sozialgeschichte.
Bernhard Weinhäusel: Was finden Nutzer:innen in unserem Archiv? Vor allem Personenstandsdaten, die Archivare gerne als Matriken bezeichnen. Auf diese Bestände bin ich besonders stolz. Denn es sind teilweise sehr alte Bücher. In ihnen findet man Taufen, Hochzeiten und Todesfälle von Personen, die von den Priestern und Schulmeistern eingetragen wurden. Rechtlich gesehen gehören sie zwar immer noch den Pfarren, jedoch kommen sie zu uns ins Archiv, weil bei uns die Lagerbedingungen viel besser sind. Seit Jahren restaurieren wir sie und konnten bereits große Bestände retten. Viele davon wurden außerdem sorgfältig digitalisiert, um es den Ahnenforschern und Studierenden zu erleichtern, darin zu stöbern und sich von uns aus auf weitere Spurensuchen zu begeben. Wir freuen uns, dass das Interesse an pannonischen Themen groß und sogar grenzüberschreitend ist. Zuletzt erhielten wir sogar eine Anfrage aus Tschechien. Sie wollten mehr über eine Pfarrkirche erfahren.
Vor einigen Jahren haben wir in einem historischen Paramentenschrank sogar eine historische, diamantbesetzte Lunula gefunden. Das ist der halbmondförmige Teil in einer Monstranz, der das Allerheiligste trägt. Die Verbindung von Archiv, Bibliothek und Museum ist sinnvoll, da wir bestimmte Kunstschätze auch ausstellen können. Im Juni übersiedelt etwa das Museum vom Franziskanerkloster in der Joseph Haydn-Gasse in die Bergkirche am Kalvarienberg. Am 5. Juni wird dort eine Ausstellung über den hl. Martin eröffnet, der seit 100 Jahren der Landespatron des Burgenlandes ist. Darin wird auch auf die Geschichte des Burgenlands und der pannonischen Region sowie deren Mehrsprachigkeit eingegangen.
Kunstschätze wie Urkunden aus dem Mittelalter haben wir in unseren Beständen kaum, was an der jahrhundertelangen Zugehörigkeit der Region zu Ungarn liegt. Interessierte lotsen wir zu den kirchlichen Archiven in Győr oder Budapest, weil diese oft über weit mehr historische Bestände verfügen als wir hier in Eisenstadt. Eine Kollegin von uns sitzt in Györ und bearbeitet für uns Anfragen. Auch meine Ehefrau, die geborene Ungarin ist, unterstützt uns als promovierte Kunsthistorikerin nach Kräften. Die wertvollsten historischen Bücher das Burgenland betreffend befinden sich etwa im Archiv der Franziskaner in Güssing (Batthyány-Bibliothek). Wer wertvolle Handschriften sucht, wird zum Beispiel im Esterházy-Archiv auf der Burg Forchtenstein, oder auch im Burgenländischen Landesarchiv fündig; wer sich für kroatische Schriftstücke oder Drucke interessiert, ist bei uns gut aufgehoben.
Ja, mein Arbeitsalltag ist vielfältig und abwechslungsreich, weil ich drei Einrichtungen ideal miteinander verknüpfen kann. Immer wieder können wir mit unserem Wissen jedem Interessierten unter die Arme greifen. Für mich ist es als Historiker eine schöne Herausforderung, nicht nur die richtige Balance bei den vielfältigen Aufgaben zu finden, sondern auch eine Spur zu verfolgen und zum Ziel zu kommen: Denn genau das ist das Meine.
Aufgezeichnet von CHRISTOPHER ERBEN
Autor:martinus Redaktion aus Burgenland | martinus |
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