Die Kunst des Stehauf-Menschen

Wir Christen sagen: Jesus Christus ist auferstanden. Manche sagen das sei ein historisches Ereignis gewesen. Viele bezweifeln das. Manche meinen sogar, es sei ein Irrtum. Ich glaube an die Auferstehung, weil ich es oft in meinem Leben erlebt habe, nicht als theologische Aussage oder Behauptung, sondern als lebendige Erfahrung.

Es geht um eine tiefe menschliche und spirituelle Wahrheit, die eine ganz entscheidende Bedeutung für unser menschliches Leben hat. Psychologen und Psychotherapeuten suchen oft verzweifelt zusammen mit ihren Klientinnen nach der Kraft der Resilienz. Es ist die Kraft, immer wieder aufzustehen. Viele behaupten, dass es die Lebenskraft schlechthin sei, die uns bewusstwerden muss.

Jeder Mensch wünscht sich diese scheinbar (!) magische Fähigkeit, trotz Rückschlägen im Leben immer wieder gestärkt hervorzugehen und daran zu wachsen. Doch irgendwie hat es den Anschein, als würde das manch einem leichter fallen als anderen. Ist diese Resilienz nun angeboren oder kann man sie trainieren? Oder hat das ganz einfach mit Glück zu tun, wenn man im Leben von psychischen Tiefs verschont bleibt?

LERNEN VOM „STEHAUFMÄNNCHEN“
Das ist alles richtig. Aber Ratschläge sind in solchen Situationen auch Rückschläge. Deshalb schaue ich mir immer das einfachste Modell für Resilienz an. Es ist das Stehaufmännchen, mit dem wir als Kinder hoffentlich gespielt haben, das uns vielleicht sogar die Grundlagen für die Resilienz auf einer vorintellektuellen, intuitiven Bewusstseinsebene vermittelt hat.

Was ist nun das Geheimnis des Stehaufmenschen?

• Er hat eine flexible Bodenhaftung.
• Er klammert sich nicht an etwas fest,
• sondern weil er seinen Schwerpunkt hat, findet er immer wieder zur eigenen Mitte, zum eigenen Schwerpunkt.
• Er lässt sich nicht entmutigen, wenn er immer wieder umgeschubst wird. Das gehört scheinbar zum Leben dazu.
• Er fällt nicht einfach um, sondern gibt großem Druck nach um dann sofort wieder aufzustehen.
• Er geht spielerisch mit den wirklichen und echten Niederlagen des Lebens um.
• Der Schwerpunkt liegt nicht im Kopf (denken), oder in den Händen (handeln), sondern in seiner Mitte und in der Verbindung zum Boden.
• Seine stärkste Widerstandskraft ist die Unermüdlichkeit.
• Es gehört zu seinem Wesen, immer wieder umzufallen und immer wieder aufzustehen.

HILFE AUS DER NATUR
Altbekannte Hilfsmittel aus der Natur und Heilkräuter gibt es jede Menge. Wir haben in den vergangenen Wochen einige davon kennengelernt:

• Das Gänseblümchen, unermüdlich, hält allem stand und steht immer wieder auf.
• Den Bärlauch, nach einem geschwächten Zustand, für alte Bären nach dem Winterschlaf.
• Die Passionsblume, zur Lösung von Ängsten und Mutlosigkeit.
• Die Birke, als Pionierpflanze in den schwierigsten Klima und Vegetationszonen.
• Die Brennnessel, fast unausrottbar, Vollkraft und Widerstandsgeist.

NÜCHTERN UND GEISTREICH

Das große spirituelle Thema, dass unser Menschsein ausmacht, ist die Beziehungsfähigkeit.

- Beziehung zu sich selbst und ein vernünftiger Umgang mit eigenen Ressourcen, Fähigkeiten, Wissen um eigene Stärken und Werte, Fähigkeit zur Selbstmotivation und ein ausreichend starker Selbstwert. Wenn wir den Selbstwert und die innere Kraft eines Gänseblümchens hätten, würden wir den tiefsten Winter überleben, um vom Frühjahr bis zum Spätherbst wachsen, blühen und Freude verbreiten.

- Die Beziehung und der Umgang mit anderen Menschen, Kommunikation, Konflikte, Beziehungsregulation und alle Bereiche der menschlichen Interaktion, eingeschlossen die resiliente Führung. Ich brauche manchmal einfach auch Menschen, die mir helfen oder mich lehren, mich wieder aufzurichten.

- Nüchterner, wertschätzen, geistreicher, herzlicher Umgang mit Kontexten, Ereignissen und Dingen – im Sinne eines systemischen In-Beziehung-Gehens.

Also: Auf geht‘s. Entweder mit einem schönen, ausdauernden Spaziergang, auch wenn einmal ein Sauwetter ist.

Oder mit einem Seminar, vielleicht sogar mit einem Seminar für Heilkräuter, die diese nicht nur als Gemüse oder Gewürz sondern mit Resilienz-Erfahrung verkaufen.

Oder einfach mit einem Spiel mit einem „Stehaufmenschen“.

P. JOHANNES PAUSCH OSB