Geschichte
Wer ist der heilige Quirin?

Verehrung des heiligen Quirin, Relief am Marktbrunnen von Krk (Kroatien). | Foto:  Wikipedia / CC BY-SA 3.0 / Berthold Werner
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Quirin, Florian und Martin gelten als die ersten Heiligen von Österreich. Sie lebten im 4. Jahrhundert, als das heutige Österreich Teil des römischen Reiches war. Florian und Martin sind allgemein bekannt und erfreuen sich beim Volk großer Beliebtheit. Aber wer ist Quirin?

Von Franz Florian Koller

Johann Kappel (gebürtiger Deutsch Gerisdorfer), Kanonikus in Szombathely, als Priester hoch geachtet in der Bevölkerung und bei seinem Bischof, fragte mich bei einem seiner Heimaturlaube im Burgenland, ob ich vom heiligen Quirin schon etwas gehört habe.„Er ist einer der ersten Glaubensboten von Österreich“, antwortete ich, „und er wurde um das Jahr 305 nach Christus in Szombathely mit einem Mühlstein um den Hals ertränkt. Er war ein Bischof“, fügte ich noch hinzu.
Kanonikus Kappel war über meine Antwort überrascht und er meinte, dass er bisher im Burgenland keine Menschen gefunden habe, die über diesen Heiligen Bescheid wußten. Dabei strahlte er über das ganze Gesicht, und ich merkte, dass dieser Heilige für ihn als Priester gerade in Szombathely eine große Bedeutung hatte. Dies Gespräch fand vor mehr als 50 Jahren statt.
Seitdem hatte sich auch bei mir eine enge Beziehung zu diesem Heiligen entwickelt. Ich versuchte Genaueres über sein Leben zu erfahren. ln der römischen Provinz Pannonien gab es auf westungarisch-burgenländischem Gebiet bei einer geringen Bevölkerungszahl nur wenige Christen. Das Christentum war in erster Linie eine „Stadtreligion“ und Städte gab es damals in dieser Region nur drei, nämlich: Siscia (Sissek, südöstlich von Zagreb), Scarbantia (Sopron, Ödenburg) und Savaria (Szombathely, Steinamanger). Siscia war Bischofssitz und Quirin war der zweite Bischof dieser Stadt. Scarbantia lag, wie Savaria, an der Bernsteinstraße und hatte eine gewisse Bedeutung als Handelsstadt. Savaria war Sitz des Statthalters von Oberpannonien und Zentrum des römischen Götter- und Kaiserkultes.

Über die Herkunft des Quirin und sein Wirken als Bischof ist uns nichts überliefert. Über sein Martyrium sind wir durch die „Passio Quirini“ (4. Jahrhundert) sehr ausführlich informiert. Als unter Kaiser Diokletian 303 nach Christus erneut eine Christenverfolgung ausbrach, die sich vor allem gegen die führenden Persönlichkeiten des Christentums (Bischöfe) richteten, floh Quirin aus seiner Bischofsstadt. Wenigstens bei der Landbevölkerung wollte er weiterhin seelsorglich ungehindert wirken. Unterwegs wurde er aber von den Soldaten ergriffen und zurück zu Stadthalter Maximus gebracht. Da er sich weigerte den römischen Göttern und dem Kaiser zu opfern, gutes Zureden und Drohungen keinen Erfolg zeigten, ließ ihn Maximus grausam schlagen und in den Kerker werfen. Nach drei Tagen wurde er auf Befehl des Statthalters als Gefangener in Ketten nach Savaria gebracht, damit er ein abschreckendes und öffentliches Gerichtsverfahren bekäme. Amantius, der Statthalter von Oberpannonia, weilte zu dieser Zeit auf Erholung außerhalb der Stadt in der Nähe von Scarbantia. Dorthin wurde Quirin gebracht, und von Amantius verhört. Als dieser den prominenten Christen von seinem Glauben nicht abbringen konnte, befahl er, ihn nach Savaria zu bringen, wohin er selber nachkommen wollte. (Das „Rastkreuz“ in Sopron erinnert an diesen Gefangenentransport.) Als sich auf dem Weg dorthin die Nachricht vom Eintreffen des Quirin verbreitete, eilten christliche Frauen herbei, um dem Bischof Speis und Trank zu bringen. Dankbar nahm dieser die Gaben entgegen und teilte sie sofort mit der Wachmannschaft.

Zum Tode verurteilt. ln Savaria angekommen wurde Quirin im Theater von Amantius nochmals verhört und zum Opfer für die römischen Gottheiten und den römischen Kaiser aufgefordert. Dies verweigerte Quirin abermals mit den Worten: „Ich verehre nur den Altar meines Gottes, auf welchem ich immer schon so oft ein Opfer dargebracht habe.“ Daraufhin versuchte Amantius mit gutem Zureden und Einschüchterungen den Bischof umzustimmen. Da aber Quirin seinem christlichen Glauben treu blieb, verurteilte ihn der Statthalter zum Tode durch Ertränken. Quirin antwortete: „Ich bin bereit, die grausamsten Martern auszustehen, um diejenigen aufzumuntern, deren Leitung mir anvertraut war.“ Seine Hinrichtung an der Brücke des Perintflusses war öffentlich. Außer Amantius und den Soldaten waren auch Christen anwesend, die klagend und mitleidsvoll das Geschehen verfolgten. Mit einem Mühlstein um den Hals wurde Quirin von der Brücke in den Bach geworfen. Er schwebte noch lange auf der Wasseroberfläche. Dabei ermutigte er die umstehenden Christen, dem Glauben weiterhin treu zu bleiben. Dann versank er betend in den Fluten. Nach drei Tagen wurde sein Leichnam von den Gläubigen geborgen und in der Nähe des Hinrichtungsortes bestattet. Über seinem Grab wurde später eine Kirche errichtet, die durch ein Erdbeben (455 nach Christus) zerstört wurde. Zur Zeit der Völkerwanderung nahmen gläubige Menschen auf ihrer Flucht nach Italien die Gebeine des Heiligen mit nach Rom. An der Via Appia wurden sie bestattet. Seine Begräbnisstätte war über Jahrhunderte Mittelpunkt der Quirinverehrung.

Verehrung wiederbelebt. ln den folgenden Jahrhunderten war mit der politischen Neuordnung in Mitteleuropa das Andenken an Quirin in Vergessenheit geraten. Im Mittelalter stand der heilige Martin im Mittelpunkt der Heiligenverehrung, auch im ehemaligen Pannonien. So wurde in Szombathely auf den Grundmauern der altrömischen Quirinkirche die heute noch bekannte „Martinskirche“ erbaut. Der römische Märtyrerbischof blieb für längere Zeit unbeachtet. Szily, der erste Bischof der neuerrichteten Diözese Szombathely (1777), hat die Verehrung des heiligen Quirin bewusst wiederbelebt. Er stellte dem Diözesanpatron Martin den heiligen Quirin zur Seite, was er im Dom, im Priesterseminar und im Bischofspalais durch das Anbringen von Gemälden und durch das Aufstellen von Statuen zum Ausdruck brachte. Außerhalb Ungarns sind mehrere Kirchen in Kroatien und Italien dem heiligen Quirin geweiht. ln Szombathely ist es die Salesianerpfarre Szent Kvirin, die Mittelpunk der Quirinverehrung ist.
Kanonikus Kappel, der (wie eingangs beschrieben) die Frage nach dem heiligen Quirin an mich richtete, starb 1979. Seinem Wunsch entsprechend wurde er in der Krypta Szent Kvirin beigesetzt. Bei seinem Begräbnis sagte eine Frau, die den Verstorbenen jahrzehntelang kannte, zu mir: „Er ist ein Heiliger“. Ja, dachte ich, ein Heiliger ganz nach seinem Vorbild, dem heiligen Quirin. Szombathely ist stolz auf die Vergangenheit der Stadt und auf ein reiches religiöses Erbe, das mit den beiden Heiligen Martin und Quirin zum Ausdruck kommt. Das Büro „Via Sancti Martini“ will die Verehrung der beiden Heiligen fördern.
Nach dem Gedenkjahr des heiligen Martin soll vermehrt auf die Verehrung des heiligen Quirin aufmerksam gemacht und verwiesen werden. Für Christen stellen sich im Hinblick auf den heiligen Quirin folgende drei Fragen: Opfere ich den Götzen unserer Zeit? Teile ich mit anderen Menschen meine Gaben? Ist das „ewige Leben“ das Allerwichtigste in meinem Leben? Die Stadt Szombathely feiert Quirin in seiner historischen Bedeutung für die Christianisierung Pannoniens. Für die Christen, die ihn verehren, ist er lebendig in ihrem alltäglichen Glaubenszeugnis. 

MEHR DARÜBER:  Quirin ist der Patron der Müller. Er wird angerufen als Fürsprecher bei bösartigen Geschwüren und Entzündungen. Die Verehrung des heiligen Quirin hat ihren Ursprung im 4. Jahrhundert. Im Verlauf der Geschichte ist sie mitunter fast verschwunden und immer wieder neu belebt worden.Der Quirinpilgerweg führt von Sopron durch das Mittelburgendland (Bernsteinstraße) nach Szombathely zum römischen Theater, von dort zur Brücke am Perintfluss, weiter zur Martinskirche und Dom und endet bei der Kirche Szent Kvirin.

Autor:

Redaktion martinus aus Burgenland | martinus

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