Wort zum Sonntag von Pfarrer i. R. Johann Zarl
Wo ist Gott gerade jetzt?
Es war eine berührende Szene, wie Papst Franziskus auf dem leeren Petersplatz, der sonst mit tausenden Leuten gefüllt ist, für die Menschheit gebetet hat. Sogar der ORF-Reporter Roland Adrowitzer hat auf die Frage der Reporterin nach dem, was ihn in den letzten Tagen am meisten berührt und bewegt hat, den betenden Papst auf dem leeren Petersplatz genannt. Papst Franziskus hat den Segen „Urbi et orbi“ gespendet mit einer wunderschönen Monstranz. Ich habe mitgezittert, denn sie war fast zu schwer für ihn. Zu schwer, wie auch das Virus für die Menschheit in unserer Wohlstandsgesellschaft. Der Papst hat zu Gott gebetet und den Segen gespendet. Gott möge uns beistehen in dieser Zeit der Pandemie und uns Heil schenken.
„Seit Wochen scheint es, als sei es Abend geworden. Wir sind verängstigt und fühlen uns verloren. Wir sitzen alle im gleichen Boot“, hat Franziskus gesagt. Wir Menschen spüren unsere Hilflosigkeit. Nicht einmal ein Präsident Trump kann gegen dieses kleine Virus mit seinen Atombomben auffahren.
Passt da nicht genau das Evangelium dieses Sonntags? Die Jünger kehren nach dem Tod Jesu wieder in ihren Alltag zu ihren Fischerbooten zurück. Aber die Arbeit will nicht so recht gelingen. Die Netze bleiben leer. Aber auch ihr Herz ist leer. Es fehlt etwas. Er fehlt! Dabei werden sie bald erfahren, dass er nahe ist.
Was fehlt, das sind vorläufig lediglich die Augen, die ihn erkennen können. Es fehlt ihnen der Glaube, dass der Herr sie nicht im Stich lässt.
Aber der Herr ist da! Jesus nimmt teil an ihrem Mühen, an ihrer Leere, er ermutigt sie zu neuen Aufbrüchen. In einem überreichen Fischfang zeigt er ihnen, was möglich ist, wenn sie tun, was er ihnen geraten hat.
Vielleicht werden jetzt manche von uns sagen: Ja – und wo ist Gott gerade jetzt in dieser Zeit der Pandemie, wo wir ihn so notwendig brauchen würden? Das Evangelium gibt uns eine Antwort. Jesus, der auferstandene Herr, steht auch heute am Ufer unseres Lebens. Aber wir erkennen ihn nicht wie die Jünger damals!
Vielleicht brauchen wir so einschneidende Erlebnisse, die uns an unsere Grenzen führen, damit wir wieder sehen lernen. Der Priesterdichter Hermann Josef Coenen hat das so wunderbar ausgedrückt in einem Gebet, das ich für unsere Situation gekürzt und angepasst habe:
Wenn wir am Ende sind mit unserer Kraft,
mit unserer Hoffnung, dass ein neuer Morgen kommt,
wenn wir enttäuscht die Hände sinken lassen
und meinen, alle Mühe war vergebens,
wenn unsere Netze leer sind, leer wie unsere Hände,
dann stehst du, Herr, am Ufer.
Wenn etwas uns gelingt, womit wir nicht gerechnet,
wenn etwas uns geschenkt wird, unverdient,
wenn meine Frau, mein Mann ein treuer Partner ist
und wenn die Kinder etwas aus sich machen,
wenn es so viele Gründe gibt zum Danke-sagen,
dann stehst du, Herr, am Ufer.
Wenn wir an Menschen denken, die der Hunger quält,
denen der Reis fehlt und der Fisch, ihr täglich Brot,
wenn wir an jene denken, die nach Liebe hungern,
nach Anerkennung, Zärtlichkeit, Gerechtigkeit,
wenn wir an unsere eigene unerfüllte Sehnsucht denken,
dann stehst du, Herr, am Ufer.
Wenn uns Sorgen drücken, weil ein neuartiges Virus uns bedroht,
wenn wir aus Vorsorge unser Leben einschränken müssen,
wenn ein Virus die Familien voneinander trennt,
wenn die Kirchen leer bleiben müssen und uns der Gottesdienst verwehrt ist,
wenn die Orte unserer Kraft und unseres Glaubens zu leeren Räumen werden,
dann stehst du, Herr, am Ufer.
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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