Wort zum Sonntag von Dechant Herbert Schlosser
Wenn Welten zusammenbrechen

Bei allen Kreuzen, die wir zu tragen haben – Christus sieht uns an und segnet uns. Bild: Christus als jugendlicher „Menschensohn“ setzt zwei Märtyrern, die wie er das Kreuz getragen haben, den Lorbeerkranz als Siegeszeichen auf (Mosaik in der Euphrasiusbasilika in Porec, Kroatien). | Foto: Leopold Schlager
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  • Bei allen Kreuzen, die wir zu tragen haben – Christus sieht uns an und segnet uns. Bild: Christus als jugendlicher „Menschensohn“ setzt zwei Märtyrern, die wie er das Kreuz getragen haben, den Lorbeerkranz als Siegeszeichen auf (Mosaik in der Euphrasiusbasilika in Porec, Kroatien).
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Weltuntergang? Sind das nicht immer die Prophezeiungen von den Zeugen Jehovas? Bis jetzt ist aber die Sonne noch jeden Tag aufgegangen und der Mond scheint in seinen unterschiedlichen Phasen. Niemand von uns hat es jemals erlebt, dass Sterne vom Himmel gefallen sind – die Sternschnuppen ausgenommen. Und dass in einer solchen Katastrophe, wie wir sie im Evangelium hören, Jesus Christus, der Herr des Universums und der Geschichte, wiederkommt, nimmt, wortwörtlich gedacht, auch kaum noch jemand an.

Und doch, immer wieder erleben wir es, wie über Menschen „eine Welt zusammenbricht“. So habe ich in einer Zeitschrift von zwei beruflich erfahrenen, tüchtigen Männern gelesen, dass ihre Ehefrauen plötzlich verunglückt sind und von einem auf den anderen Augenblick aus ihrem Leben gerissen wurden. Da ist über sie im wahrsten Sinn des Wortes eine Welt zusammengebrochen. Nichts war mehr so, wie es sich die beiden Männer vorgestellt hatten.

Ganz klar hatten sie ihre Zukunft geplant, all das, was nach der Pensionierung kommen sollte. Ihr Glück wollten sie mit ihren Frauen genießen, ihre Kinder in guten Berufen wohl versorgt wissen, sich an den Enkelkindern freuen. Ja, dann in der Pension wollte man sich endlich etwas gönnen, wofür man Jahrzehnte lang weder Zeit noch Geld hatte. Und jetzt, dieser Unfall! Alles sinnlos, alles zerstört, der Boden ist unter den zwei sonst so selbst­sicheren Männern wie weggezogen. Das Ende der Welt ist es nicht, aber der Zusammenbruch der eigenen Lebenserwartungen und das Aus einer großen Liebe. Ich denke doch, jedes Mal, wenn einem Menschen die Welt, in der er lebt, zusammenbricht, geht für ihn die Welt als ganzes unter!

Wie oft brechen Welten über uns zusammen: ein Arztbesuch, der einem eine schwere Krankheit offenbart; die schlechte Auftrags­lage einer Firma, die einem den Arbeitsplatz nimmt; eine Scheidung, die Ehepaare und Familien auseinanderreißt. Der Scherbenhaufen des Glücks bleibt über.

Ja, es gibt sie, die zusammengebrochenen Welten; wir erleben sie selber oder bei anderen und haben Mitleid mit ihnen.

Jemanden in einer solchen Situation wirklich zu trösten ist kaum möglich. Von außen jemandem da gut zuzureden, wirkt oft wie Hohn.

Jede Trauer fordert auch ihre Zeit, kostet Kraft und tut weh. In solchen Situationen spüren wir unsere Hilflosigkeit.
Mancher Zusammenbruch, manches Scheitern in unserem Leben kann aber nach einer kürzeren oder längeren Zeit auch als Chance gesehen werden, dass man vielleicht so nicht weitermachen kann wie bisher, dass man sein Leben ändern muss oder seine Weltanschauung. Ein israelisches Sprichwort sagt: „Gott lässt keinen in eine Krise kommen, ohne nicht vorher schon alle Hilfsmittel bereitzustellen, die notwendig sind, dass man aus seinem Engpass wieder herauskommt.“

Voraussetzung dafür ist, dass man die Augen seines Herzens aufmacht, und die Hilfsmittel, die Gott uns immer wieder gibt, auch wahr- und anzunehmen. Gott bietet uns seine Hilfe an, aber er zwingt sich uns nicht auf! So gesehen sind Kreuz und Leid unabwendbare Tatsachen, und der Tod das Sicherste, auf das wir zugehen. Aber all das ist nicht Endpunkt, sondern Bindestrich, in all dem will uns Gott begleiten und uns entgegenkommen mit seiner Liebe.

Wenn ich früher meine vielen Diavorträge zusammengestellt habe, war mir das letzte Bild ganz besonders wichtig und das suchte ich immer mit einer großen Behutsamkeit aus. Es sollte etwas Ermutigendes, Frohmachendes, Schönes und manchmal auch Heilendes zeigen. Und wenn wir am kommenden Sonntag das Kirchenjahr mit dem Christkönigssonntag ausklingen lassen, dann sollen wir dankbar sein für dieses letzte Bild: Christus sieht uns da an, er segnet uns und lädt uns bei all unseren Kreuzen, die wir zu tragen haben, ein, uns ihm anzuvertrauen. Christus kommt uns alle Tage unseres Lebens entgegen – in Freud und Leid. Das sollen wir nie ver­gessen, vor allem dann nicht, wenn über uns eine Welt zusammenbricht.

Bei allen Kreuzen, die wir zu tragen haben – Christus sieht uns an und segnet uns. Bild: Christus als jugendlicher „Menschensohn“ setzt zwei Märtyrern, die wie er das Kreuz getragen haben, den Lorbeerkranz als Siegeszeichen auf (Mosaik in der Euphrasiusbasilika in Porec, Kroatien). | Foto: Leopold Schlager
Dechant Herbert Schlosser | Foto: zVg
Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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