4. Sonntag 2023: H. Stephanus Rützler
Von Jesus und seinen Jüngern lernen
Die Seligpreisungen gehören wahrscheinlich zu den bekanntesten Erzählungen aus dem Neuen Testament. Wir kennen sie in zwei Fassungen: nach Matthäus und nach Lukas, wobei wahrscheinlich die Fassung des Lukas die ältere ist und sich bei Matthäus schon erste Spuren einer Überarbeitung zeigen.
Aber nicht nur die Seligpreisungen selbst unterscheiden sich in diesen beiden Evangelien leicht, sondern auch der Rahmen ist etwas verändert. Während Jesus bei Lukas gerade vom Berg herab kommt und in der Ebene zu den Menschen spricht, steigt er bei Matthäus auf den Berg hinauf, um dort zu lehren – und beginnt mit den Seligpreisungen die „Bergpredigt“.
Damit wäre der Kontext abgesteckt und man könnte direkt in eine Analyse und Diskussion der Inhalte dieser Rede Jesu einsteigen. Aber es lohnt sich, doch noch beim äußeren Rahmen stehen zu bleiben und auch über diesen nachzudenken. Gerade weil danach so große, bekannte und wichtige Texte kommen, wird er nämlich leicht übersehen.
Wann bin ich das letzte Mal zu Jesus hingetreten, um einfach nur zu hören, was er zu sagen hat?
Drei Punkte fallen jedoch bereits in den ersten Sätzen auf. Zunächst heißt es von Jesus, dass er die Menschen sieht, die ihm folgen. Im Sehen steckt aber auch die Wahrnehmung. Jesus geht also nicht einfach durch die Welt, verfolgt seinen Plan und lässt alles um ihn herum stehen und liegen, sondern er nimmt die Menschen wahr. Damit wird er uns schon ein erstes Mal zum Vorbild. Sein Handeln ist zugleich die Rückfrage an jeden und jede Einzelne von uns: Nehme auch ich meine Umgebung wahr? Weiß ich, was meinen Nächsten, meinen Nachbarn beschäftigt?
Erst auf diese Kontaktaufnahme hin setzt Jesus seine Handlung. Er nimmt in der Mitte Platz und die Menschen treten zu ihm. Die Situation, die uns der Evangelist Matthäus vorstellt, ist ganz klar die eines Lehrers. Jesus ist dieser Lehrer. Seine Schüler aber sind – und das ist der zweite wichtige Punkt – die Jünger. Matthäus beschreibt zwar, dass eine große Menschenmenge zusammen gekommen war und Jesus viele Menschen sieht, aber die, die zu Jesus hintreten und die er letztlich mit seiner Rede anspricht, sind seine Jünger.
Auch wir sind seit der Taufe nicht mehr einfach nur Zuhörer oder „Volksmenge“, sondern Freunde und Jünger Jesu. Wenn es nun aber die Jünger sind, die zu Jesus hintreten, um ihn zu hören, dann gilt das genau so für uns: Wann bin ich das letzte Mal zu Jesus hingetreten, um einfach nur zu hören, was er zu sagen hat? Wann bin ich das letzte Mal nicht fordernd auf ihn zugegangen und habe sofort meine Sorgen, Wünsche und Ängste deponiert, also gleichsam die Initiative und Gesprächsführung an mich gerissen, sondern war einfach nur da und habe gewartet, was ER mir sagen will?
Jesu Botschaft hören und weitertragen
Der dritte Punkt ergibt sich dann aus dem, was folgt. Denn die Jünger haben offensichtlich das, was sie gehört hatten, nicht für sich behalten, sondern haben es aufgeschrieben und weitererzählt. Wenn nun wir selbst auch in dieser Tradition stehen und Jünger Jesu Christi sind, stellt sich daher auch uns wiederum die Frage: Erzähle ich von Jesus? Trage ich das, was ER zu mir sagt, weiter, damit auch andere die Frohe Botschaft hören und von Jesus erfahren?
Damit gibt uns schon der Rahmen des heutigen Evangeliums eine Botschaft und einen Auftrag mit. Jünger Jesu zu sein hat eine doppelte Dimension: Es geht darum, zunächst bei Jesus zu sein, auf IHN zu hören und SEINER Stimme Raum zu geben, damit sie mich verwandeln kann – aber dann gilt es, nicht in dieser Position des Wartens und Empfangens zu verharren, sondern den oder die Nächste wahrzunehmen und das, was ich erfahren habe, weiterzugeben, damit auch die, die noch „draußen“ stehen, den Weg zu Jesus finden.
Wahrnehmen – hören – weitertragen: das gilt für die Seligpreisungen genauso wie für jedes andere Wort aus Jesu Mund.
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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