Pfingsten: Generalvikar Christoph Weiss
Pfingsten - nichts für "Couch Potatoes"
Zimmer einer Wohnung für den Aufenthalt während des Tages“ – diese Bedeutung findet sich im Duden, wenn man unter dem Begriff „Wohnzimmer“ nachschaut. Vor dem Letzten Abendmahl gibt Jesus seinen Jüngern den Auftrag, in Jerusalem einen Raum für dieses Mahl zu reservieren. Nach dem Tod Jesu sind die Jünger wieder in einem Raum – hinter verschlossenen Türen – versammelt, als der Auferstandene am ersten und am achten Tag der Woche in ihre Mitte tritt, sich ihnen zeigt und mit ihnen spricht (Joh 20,19-29).
Nach seiner Himmelfahrt zieht sich eine Gruppe, Männer und Frauen, wiederum in einen Raum zurück, um gemeinsam zu beten. Die Apostelgeschichte spricht hinsichtlich dieses Raumes vom „Obergemach“, das Markus-Evangelium im Kontext des Letzten Abendmahles von einem großen Raum im Obergeschoss, der „mit Polstern ausgestattet ist“ (Mk 14,15). Mit Polstern ausgestattet – das klingt nach einem Wohnzimmer, wie es heute in nahezu jedem Haushalt zu finden ist: meist mit einer gepolsterten, bequemen Couch oder einem Sofa.
Hier ist die Kirche geboren ...
Die Tradition der Kirche identifiziert den Raum des Letzten Abendmahles mit dem Raum, in dem zu Pfingsten der Heilige Geist auf die Versammelten herabkommt. Papst Franziskus greift diesen Gedanken bei der Eucharistiefeier am 26. Mai 2014 im Abendmahlsaal von Jerusalem auf und erweitert ihn um die Erscheinungen des Auferstandenen: „Hier, wo Jesus mit den Aposteln das Letzte Abendmahl einnahm, wo er, auferstanden, in ihrer Mitte erschien, wo der Heilige Geist mit Macht auf Maria und die Jünger herabkam, hier ist die Kirche geboren (...).“ Der Raum, in dem sich das Wunder der Eucharistie erstmals ereignet, in dem die Jünger dem Auferstandenen begegnen, in dem die Betenden den Heiligen Geist empfangen. Und das de facto in einem Wohnzimmer ...
In der Apostelgeschichte werden elf Männer, die sich nach der Himmelfahrt im Gebet um den Heiligen Geist dort versammelt haben, namentlich genannt. Und eine Frau. Eine Frau, die enorm wichtig für das gemeinsame Beten um den Heiligen Geist ist, da sie die stärkste Erfahrung mit dem Heiligen Geist hat; da sie das Wirken des Heiligen Geistes an ihrem eigenen Leib tiefgehend erfahren hat; da sie offen war für diesen Heiligen Geist: MARIA. Maria betet mit den Elf und mit anderen Frauen und Männern im pfingstlichen Wohnzimmer von Jerusalem um den Heiligen Geist. Tagelang. Bis er zu Pfingsten in Feuerzungen auf alle herabkommt.
Pfingstliche Wohnzimmer
Solche pfingstlichen Wohnzimmer, in denen um den Heiligen Geist gebetet wird, braucht es auch heute! Nicht nur einige – sondern viele! Einerseits unsere Kirchen: Eine beeindruckende Erfahrung der letzten beiden Jahre war für mich „Pfingsten Mostviertel“ in der Pfarrkirche Wieselburg, ein Glaubensfestival, zu dem die Gemeinschaft Loretto einlädt. Unzählige, vor allem junge Menschen haben dabei mit Sehnsucht um diesen Heiligen Geist gebetet, im Lobpreis ihn besungen, in den Zeugnissen von seinem Wirken erfahren. Jugendliche, die zuerst mit gemischten Gefühlen hingekommen waren, wurden ergriffen und angesteckt von dieser BeGEISTerung!
Aber unsere Kirchen sind nicht genug! Das erste Pfingsten ereignete sich nicht in einer Kirche, sondern in einem Raum eines Hauses, in einem Wohnzimmer. Jedes Wohnzimmer in unseren Häusern kann, ja soll zu einem pfingstlichen Wohnzimmer werden! Das wird es, wenn wir den Mut haben, andere Menschen einzuladen und gemeinsam in unserem Zuhause um den Heiligen Geist zu beten.
Jedes Wohnzimmer eignet sich zum Gebet um den Heiligen Geist. Doch: Ein Wohnzimmer birgt auch eine Gefahr: die Gefahr, es sich auf der Couch gemütlich zu machen, sich zurückzuziehen, sich von der Welt abzuschließen. Das Gegenteil bewirkt der Heilige Geist, wie Jesus vor seiner Himmelfahrt sagt: „Aber ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde.“
Der Rückzug zum gemeinsamen Gebet ist kein Dauerzustand, sondern Ausgangspunkt für die Erfüllung des Auftrags Jesu: hinauszugehen bis an die Grenzen der Erde und seine Zeugen zu sein. Der oben zitierte Satz von Papst Franziskus lautet vollständig: „Hier, wo Jesus mit den Aposteln das Letzte Abendmahl einnahm, wo er, auferstanden, in ihrer Mitte erschien, wo der Heilige Geist mit Macht auf Maria und die Jünger herabkam, hier ist die Kirche geboren, und sie ist im Aufbruch geboren.“ Der Heilige Geist, der im pfingstlichen Wohnzimmer auf die Versammelten herabkommt, macht sie nicht zu „Couch potatoes“ – zu Stubenhockern –, sondern bringt sie dazu, aufzubrechen, die Türen zu öffnen, hinauszugehen und den Auferstandenen vor den Menschen zu bezeugen. Kein Rückzug auf die Couch, sondern ein Aufbruch aus dem pfingstlichen Wohnzimmer hinaus in die Welt!
Besonders junge Menschen lade ich ein, zu Pfingsten keine „Couch potatoes“ zu sein, sondern zu „Pfingsten Mostviertel“ nach Wieselburg zu kommen.
Infos: www.pfingsten.at
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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