11. Sonntag 2024: P. Patrick Schöder
Nach den Zeichen der Zeit forschen

Im berühmten Gleichnis vom Senfkorn hält uns Jesus einen geheimnisvollen Prozess des Wachstums vor Augen. 
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  • Im berühmten Gleichnis vom Senfkorn hält uns Jesus einen geheimnisvollen Prozess des Wachstums vor Augen.
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Das Thema der heurigen Goldegger Dialoge (Gesprächsveranstaltung im Schloss Goldegg im Pongau) lautete „Demut. Eine stille Kraft“. Die Sozialpsychologin Pelin Kesebir definiert Demut als „das Vermögen, sich selbst adäquat einzuschätzen und mit diesem Bild von sich einverstanden zu sein“.

Diese Themenwahl hat mich insofern verwundert, da Demut selbst im christlichen Kontext über die letzten Jahre nicht unbedingt populär war. Wenn ich mich einem Größeren hingebe, das dann durch mich wirken kann, hat das mit dem Menschen, der sich selbst als Mittelpunkt des Universums versteht, wenig zu tun.

Im Gleichnis vom Senfkorn weist uns Jesus einerseits auf die extreme Kleinheit dieses Samenkorns hin und führt uns andererseits seinen geheimnisvollen Prozess des Wachsens vor Augen. So unscheinbar es aussehen mag, so eine gewaltige Dynamik des Wachsens ist in ihm verborgen.

Voll Zuversicht bezieht Jesus das Wachstum des Senfkorns auf das Wachsen des Reiches Gottes. Können wir nach mehr als 2.000 Jahren Christentum seine Zuversicht nachvollziehen?

Staunen über das Wachstum

Was die Ausbreitung über die ganze Erde und die zeitliche Dauer betrifft, kann man ja nur darüber staunen, wie aus einer kleinen Schar von Anhängern, deren Anführer noch dazu den schmachvollen Kreuzestod erleiden musste, von Galiläa ausgehend eine Weltreligion mit 2,5 Milliarden Christinnen und Christen geworden ist.
In der Rückschau müssen wir uns aber auch eingestehen, dass dabei nicht alles gut und dem „Reich Gottes“ angemessen verlaufen ist.

Und heute? Was sagt uns der Rückgang der Gottesdienstbesucher, die vielen Kirchenaustritte, die zahlreichen Abmeldungen vom Religionsunterricht, sinkende Zahlen von Taufen und Firmungen, das finanzielle Muss mit Einsparungen beim kirchlichen Personal, weniger Priesterberufungen, die großflächigen Zusammenlegungen der Pfarren, das Auflassen mancher Kirchengebäude, etc.

Wie nimmt die Gesellschaft unsere Kirche heute wahr? Wächst eine Generation ohne Glauben heran? Es sind viele Sorgen, die uns bewegen und nach neuen Perspektiven suchen lassen.

Umso wichtiger scheint es mir, die programmatische Erklärung des zweiten Vatikanischen Konzils „Gaudium et spes“ in Erinnerung zu rufen, dass zur Erfüllung ihres Auftrags der Kirche „allzeit die Pflicht obliegt, nach den Zeichen der Zeit zu forschen und sie im Licht des Evangeliums zu deuten. (...) Es gilt also, die Welt, in der wir leben, ihre Erwartungen, Bestrebungen und ihren oft dramatischen Charakter zu erfassen und zu verstehen“ (GS4), denn der „Ich bin. Mit Dir“ ist mitten unter uns und er spricht durch die Welt und durch die Menschen zu seiner Kirche heute.

Vertrauen auf Größe Gottes

Im Brief an die Gemeinde von Korinth haben wir in der Lesung gelesen: „Denn als Glaubende gehen wir unsere Wege, nicht als Schauende.“ Ohne Glaube und Vertrauen auf Gottes Größe und Macht geht es nicht. Unsere eigenen Kräfte braucht es zwar, aber eben nicht nur. Unsere Berechnungen, unser Anspruchsdenken, selbst das Erkennen und Anerkennen unserer Begrenztheit und unserer Schwächen und das feste Bemühen um tatkräftige Übernahme von Verantwortung werden nicht genügen.

Ein Ausspruch des dänischen Philosophen Sören Kierkegaard weist uns als gläubige Christinnen und Christen die Richtung für einen Ausweg aus dem Dilemma unserer Zeit: „Das Höchste, was ein Mensch vermag, ist, dass er sich von Gott helfen lassen kann …“

Gott in uns wirken lassen

Und da sind wir wieder bei der richtigen Selbsteinschätzung, in der der Mensch einen Schritt zurücktritt, um Gott in ihm und durch ihn wirken zu lassen. Demut ist eben eine stille Kraft.

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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