Wort zum Sonntag - von P. Felix Schlösser
Jesus durch uns hindurchscheinen lassen
Das Evangelium des 5. Fastensonntags beginnt mit einer ganz gewöhnlichen Begebenheit. Die Rede ist von einigen Griechen, die zum Apostel Philippus hingingen und zu ihm sagten: „Wir möchten Jesus sehen.“ Diese Griechen waren Nichtjuden, die für den Eingottglauben Israels gewonnen worden waren und auch „Gottesfürchtige“ genannt wurden. Philippus sagte es Andreas, und beide übermittelten Jesus die Bitte der Griechen.
Nehmen wir einmal an, es fragten uns Fremde, wie sie zu Jesus hinfinden und ihn sehen könnten. Was würden wir ihnen antworten? Kardinal Léon Joseph Suenens, einer der wegweisenden Teilnehmer des Zweiten Vatikanischen Konzils, hat die Antwort so gegeben: Wir müssten Jesus durch uns hindurch scheinen lassen wie ein Kirchenfenster die Sonne. Und er hat dann von Mahatma Gandhi gesprochen, der, als er im Evangelium gelesen hatte, beinahe Christ geworden wäre. Aber er habe zu wenig überzeugende Christen gefunden. Eine Frage an uns, an mich: Wie kann Jesus durch mich, so wie ich als Christ lebe, erfahrbar werden für andere Menschen?
Jesus hat den beiden Jüngern, als sie ihm die Bitte der Griechen vermittelten, geantwortet: „Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht wird.“ Ehe er ihnen später dieses Wort erschließt, sagt er ihnen, wie ein Leben in seiner Nachfolge aussehen müsste.
Das Weizenkorn, das sterben muss
Jesus spricht vom Weizenkorn, das sterben muss, um reiche Frucht zu bringen. So ist es ja in der Natur. Das ausgesäte Korn stirbt in der Erde. Aus ihm wächst ein Halm, und in dessen Ähre entstehen durch das Sterben des einen Kornes viele Körner. Damit weist Jesus hin auf seinen Tod, der Ursprung überreichen Lebens ist. Jesu Tod war nicht nur eine schreckliche Hinrichtung, sondern die Aussaat neuen Lebens in unser Leben hinein. So heißt es auch in einem Lied: „Das Weizenkorn muss sterben, sonst bleibt es ja allein; der eine lebt vom andern, für sich kann keiner sein. Geheimnis des Glaubens: Im Tod ist das Leben.“
Dann hören wir Worte Jesu, die nicht so leicht zu verstehen sind. „Wer an seinem Leben hängt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt gering achtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben.“ Sein Leben gering achten kann nicht bedeuten, dass wir uns als Geschöpfe Gottes und all das von ihm Geschaffene gering achten.
Nicht an seinem Leben hängen deute ich so: Wir sollen nicht so sehr an dem hängen, was wir besitzen oder was wir an Großem vorzuweisen haben. Sonst könnte es sein, dass wir uns dabei selbst verlieren. Dass wir das verlieren, was uns wahrhaft Mensch sein lässt. Auch für Goethe hängt davon ein erfülltes Leben ab:
„Und so lang du dies nicht hast,
Dieses: Stirb und werde!,
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.“
Danach hören wir Worte der Nachfolge: „Wenn einer mir dienen will, folge er mir nach; und wo ich bin, dort wird auch mein Diener sein.“ Als die Jünger darüber gestritten hatten, wer der Größte unter ihn sei, da hat ihnen Jesus gesagt: „Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein“ (Mk 9,35). Und von sich selbst sagt er: „Auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen“ (Mk 10,45). Jesus ist gerade für die gekommen, die arm und krank waren an Leib oder Seele, die von den Frommen ins Abseits gestellt wurden, die sich im Stich gelassen fühlten von den sich groß dünkenden Gesetzeslehrern.
Das Leben Jesu kann man überschreiben: „Pro vobis! – Für euch!“ Im Einsetzungsbericht der liturgischen Hochgebete hören wir seine Worte: „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird – Das ist mein Blut, das für euch und alle vergossen wird.“ Bis in den grässlichen Tod am Kreuz hat Jesus sich für die Menschen hingegeben.
Jesus sagt weiter: „Wo ich bin, da wird auch mein Diener sein.“ Christen haben in letzter Konsequenz, im Martyrium, dieses Wort wahr gemacht, auch heute noch. Ein Martyrium wird uns nicht abverlangt. Dennoch können wir, Schritt für Schritt, den Weg dienender Liebe einschlagen. Dort, wo andere unsere Hilfe brauchen.
Jesus – verherrlicht und zu Gott erhöht
Die drei synoptischen Evangelien, Matthäus, Markus und Lukas, sehen Jesu Sterben am Kreuz und seine Rettung aus dem Tod als nacheinander geschehene Ereignisse. Das Johannesevangelium hingegen erkennt im Kreuzestod Jesu zugleich seine Verherrlichung, in der Erniedrigung seine Erhöhung, in seinem Tod das Leben. Nach dem Einsetzungsbericht in der Eucharistie bekunden wir unseren Glauben: „Geheimnis des Glaubens. Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“
Die Worte, die der Evangelist Jesus und seinen Vater sprechen lässt, sind Zeugnisse des Glaubens. Sie wollen uns sagen, in welcher Weise Jesus von seinem Vater verherrlicht worden ist. Was für die einen das Scheitern Jesu, sein Ende bedeutet, ist für die andern der Sieg des Lebens über den Tod, das Gericht über den Widersacher Gottes. Wir möchten zu denen gehören, die an den gekreuzigten und zugleich verherrlichten und zu Gott erhöhten Jesus glauben.
„Wenn ich über die Erde erhöht bin, werde ich alle zu mir ziehen.“ Dies war die Antwort an jene Griechen, die Jesus sehen wollten. Es ist die Antwort auch an uns und alle Gott suchenden Menschen, denen wir wünschen, dass sie einmal Jesus begegnen werden.
P. Felix Schlösser
Quelle: www.predigtforum.com
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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