Wort zum Sonntag von R. Abeln
Gott begleitet die Kinder auf ihrem Weg
Das Evangelium vom zwölfjährigen Jesus im Tempel, das der Evangelist Lukas – und nur er – erzählt, fasziniert so manchen Menschen. Mancher Pubertierende findet es vielleicht cool, was sich Jesus da nach dem Paschafest in Jerusalem geleistet hat und wie er gegen die Eltern aufmuckte. Mancher Vater oder manche Mutter wird dagegen Jesu Verhalten als ziemlich lieblose Zumutung seinen Eltern gegenüber empfinden.
Man muss sich einmal in die Situation von Eltern hineinversetzen, die ihr Kind in Angst und Sorge drei Tage und Nächte lang suchen und dann die provozierende „Unschuldserklärung“ bekommen: „Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?“ (Lk 2,49) Das ist doch ein geradezu unglaubliches Verhalten!
Sie verstanden nicht …
Umso nachdenklicher muss die Reaktion der Eltern stimmen. „Sie verstanden nicht, was er damit sagen wollte“, heißt es im Evangelium. Wie sollten sie auch verstehen können? Sie nahmen aber den beginnenden schmerzlichen Ablösungsprozess ihres Sohnes von seinem Elternhaus ohne weiteren Vorwurf hin.
Keine Drohungen werden von Maria und Josef ausgesprochen. Keine Strafen und keine Konsequenzen werden angekündigt. „Jesus kehrte mit ihnen nach Nazaret zurück und war ihnen gehorsam. Seine Mutter bewahrte all die Worte in ihrem Hezen.“ (Lk 2,51) So einfach lautet der Bericht.
Aber Worte können vieles verbergen. Für Maria blieb der unverstandene Brocken „in ihrem Herzen“. Man kann solche Vorfälle nicht einfach wegstecken. Aber Maria versinkt nicht in Gram, sie „bewahrt“ diese Worte auch, um sie später in einem völlig neuen Licht zu sehen. Und sie wird von ihrem Sohn noch viel mehr zugemutet bekommen. Das hatte ihr ja bereits der greise Simeon, als er den acht Tage alten Jesus im Tempel von Jerusalem im Arm hielt, geweissagt: „Deine Seele wird ein Schwert durchdringen.“ (Lk 2,35)
Kinder den Weg gehen lassen, den Gott mit ihnen vorhat
Ob in unserer Zeit Familien – im Gegensatz zur „Heiligen Familie“ – vielleicht darum manchmal krank sind, weil sie keine Kraft besitzen, Konflikte zu ertragen und auszutragen? Ob sich Eltern und Kinder ihre Vorstellungen von einer vermeintlich heilen Welt gegenseitig zu sehr und mit zu hohen Ansprüchen an den Kopf werfen? Ob Generationskonflikte manchmal zu unversöhnlich und intolerant ausgetragen werden?
Fragen über Fragen. Die Erzählung vom zwölfjährigen Jesus zeigt anschaulich und konkret: Eltern müssen ihr Kind loslassen (lernen). Das geht nicht ohne Sorgen und Schmerzen. Doch sie dürfen auch darauf hoffen, dass ihr Kind – wie der heranwachsende Jesus – den Weg geht, den Gott mit ihm vorhat.
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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