7. Sonntag i. JK: Msgr. Herbert Döller
Goldene Regel statt eiserne Faus

- Menschen Gutes tun: Jesus denkt in anderen Kategorien.
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Manche Leute führen bei ihren Geburtstagsfeiern Buch: Wer hat angerufen? Wer hat geschrieben? Wer hat was geschenkt? Oft spielt die Überlegung mit, dass man später bei ähnlichen Anlässen auch ein gleichwertiges Geschenk besorgt. Joachim Ringelnatz rät: Schenke groß oder klein, aber immer gediegen. Wenn die Bedachten die Gaben wiegen, sei dein Gewissen rein.
Jesus denkt da anders. „Wenn ihr nur denen Gutes tut, die euch Gutes tun, welchen Dank erwartet ihr dafür? Das tun auch die Sünder“, sagt er. In seiner Nachfolge gilt nicht: Wie du mir, so ich dir, sondern er weist im Sonntagsevangelium einen anderen Weg: Liebt eure Feinde! Tut Gutes denen, die euch hassen! Jesu Liebesgebot bezieht sich nicht nur etwa auf Landsleute, sondern auf die ganze Welt, sogar auf den Feind und Verfolger. Sein Wort für diese Liebe bedeutet ein aktives Gefühl des Wohlwollens für einen anderen Menschen, das höchste Wohl für diesen Menschen zu wollen – und sogar ein Zu- und Eingehen auf diesen Menschen.
Viele sagen: Das ist doch viel zu schwer! G. K. Chesterton kam zu dem Schluss: „Das Christentum ist nicht geprüft und für mangelhaft befunden worden; es wurde für zu schwierig befunden und nicht ausprobiert.“
In der zweiten Lesung des Sonntags sagt Paulus, dass unser Leben darin besteht, zwischen dem ersten Adam, der die Quelle des natürlichen Lebens ist, und dem neuen Adam, der Christus ist, zu entscheiden. Die meisten von uns identifizieren sich mit beiden. Wenn wir uns nur an den ersten Adam in uns klammern, dem es immer nur um das je Eigene geht, werden wir nur denen entgegengehen, die auch uns entgegenkommen. Das ist aber noch nicht christlich und tut uns selbst nicht gut. Wenn wir Groll hegen, werden wir von ihm verzehrt. Wenn wir an unserem Hass festhalten, wird dieser uns zerstören.
Von Jesus verwandeln lassen
Jesus hingegen ist der andere, der neue Adam, die Quelle des Lebens für andere. Er lehrt Werte, die nicht an die Erde gebunden sind – Werte, die nicht einmal verstanden werden können, wenn man sie nur im Kontext des irdischen Lebens sieht. Paulus ermahnt uns, in das Bild des himmlischen Menschen hineinzuwachsen, indem wir uns von den Worten und vom Beispiel Jesu verwandeln lassen. Dazu gibt er die Goldene Regel: „Was ihr wollt, dass man euch tut, das tut den anderen.“ Er formuliert damit einen Grundsatz, den auch andere Religionen so oder ähnlich kennen. Leider sagen aber viele: „Goldene Regel für den Sonntag ist in Ordnung, aber für jeden anderen Tag habe ich lieber Auge um Auge und Zahn um Zahn!“
Wenn ihr nur denen Gutes tut, die euch Gutes tun, welchen Dank erwartet ihr dafür?
Jesus meint es aber so, wie er es sagt. Die erste Lesung bringt Davids Verhalten gegenüber König Saul als Beispiel. In modernen Begriffen könnte man König Saul psychotisch, paranoid, eifersüchtig und schizoid bezeichnen, einmal ist er von Freundlichkeit gegenüber David erfüllt und dann wieder von glühendem Hass. Die Versicherung Davids, dass er, obwohl Gott Saul in seine Gewalt gegeben habe, er ihm dennoch nichts zuleide tun werde, verbindet Lesung und Evangelium. David wandelt sich vom Vergelter zum Verschoner und wird so ein wahres Vorausbild Jesu Christi und zu einem sprechenden Beispiel für die Haltung, die Jesus vorschwebt.
Anstatt zu reagieren, indem wir Gutes für Menschen tun, die zuvor Gutes für uns getan haben, ist solches Handeln proaktiv. Wir tun Menschen Gutes, die uns nicht Gutes getan haben und von denen wir im Gegenzug nichts Gutes erwarten.
Karl Rahner hat einmal anregende Fragen dazu formuliert:
Warst du schon einmal gut zu einem Menschen, von dem kein Echo der Dankbarkeit und des Verständnisses zurückkommt?
- Hast du schon einmal eine Pflicht getan, die einem niemand dankt?
- Hast du schon einmal geschwiegen, obwohl du dich verteidigen wolltest?
- Hast du schon einmal geschwiegen, obwohl du ungerecht behandelt wurdest?
- Hast du schon einmal verziehen, obwohl du keinen Lohn dafür erhieltest und man dein schweigendes Verzeihen als selbstverständlich annahm?
- Hast du schon einmal versucht zu lieben, wo keine Welle einer gefühlvollen Begeisterung dich trägt, wo alles ungreifbar und scheinbar sinnlos zu werden scheint?
Ja? Durch eine solche Liebe haben wir teil am auferstandenen, verherrlichten Leben Christi und werden nach dem Bild des Schöpfers erneuert. Und dieser Liebe ist der ewige Lohn zugesagt.
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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