Wort zum Sonntag - von Elke Deimel/KNA
Fahr hinüber in die Stille!

Jesus gibt einen Impuls, die eigene Aktivität nicht überzubewerten. Doch aus das tut not: nichts tun, alles geschehen lassen wie das Wachsen der Saat. | Foto: lorabarra - stock.adobe.com
  • Jesus gibt einen Impuls, die eigene Aktivität nicht überzubewerten. Doch aus das tut not: nichts tun, alles geschehen lassen wie das Wachsen der Saat.
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Der kurze Text des heutigen Sonntagsevangeliums liefert uns ein sehr modern anmutendes Seelsorge-Management: Jesus hatte seine Jünger ausgesandt; nun kehren sie zu ihm zurück zur Berichterstattung. Es ist wohl sehr hektisch zugegangen, denn laut dem Evangelisten Markus fanden sie wegen des großen Andrangs keine Zeit zum Essen. In dieser Situation spornt Jesus seine Jünger nicht zu weiterer Leistungsoptimierung an, sondern spricht vielmehr ein unüberhörbares: Halt! „Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus.“ (V. 31)

Einsamkeit und Alleinsein werden im Evangeliumtext betont zwei Mal wiederholt. Der für seine prägnante Sprache bekannte Bibelwissenschaftler Fridolin Stier übersetzt: „Sie fahren mit dem Boot an einen öden Ort – abseits.“ (V. 32) Der Begriff „Abseits“ ist uns als regelwidriges Verhalten beim Fußball geläufig. Jesus sucht hier aber ganz bewusst das Abseits – im Dienst einer tieferen Seel­sorge.

In unserer erfolgs- und leistungsorientierten Gesellschaft fragen wir uns auch im kirchlichen Bereich dauernd, wie wir Seelsorge und kirchliche Aktivitäten effektiver gestalten können. Ein Programm jagt das andere, Konzepte und Strategien werden entwickelt, erprobt und bald durch innovativere ersetzt. Klingt da nicht Jesu Ruf in die Einsamkeit, ins Abseits sehr anstößig und weltfremd? Werden mit solchem Rückzug nicht beste Erfolgschancen vertan?

Vielleicht lohnt es sich, die beiden wichtigen Seelsorgerezepte Jesu, die diese kleine Szene uns schildert, näher anzuschauen. Wer als Christ, als Zeuge des Gottesreiches, wirken will, der muss sich immer wieder allein – aber auch mit anderen zusammen – bei Jesus einfinden, die Beziehung zu ihm pflegen und Rechenschaft ablegen über sein Tun und Lassen. Auf diese Weise bleibt seine Sendung lebendig. In diesem Sinne sagt Martin Buber völlig zu Recht: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“

Keine Angst vor einem leeren Terminkalen­der

Wo überall in unserer Gesellschaft von Leistungsoptimierung die Rede ist, da gilt es, die Gegenrichtung einzuschlagen – in die Stille und Einsamkeit. Das fällt vielen Menschen auch in der Kirche offenbar sehr schwer, gerade in einer Zeit, wo ein Event das nächste jagt, wo wir kaum noch ohne Handy und Computer leben können, wo der volle Terminkalender unsere Wichtigkeit unterstreicht, wo uns die Angst vor Leerlauf befällt, weil wir es bei uns selbst nicht aushalten.

Wer die Freundschaft mit Jesus sucht und sich von ihm gesendet weiß, der wird auch immer Zeit finden für Stille und Einsamkeit, in der sich die Freundschaft vertiefen und erneuern kann, der wird auch das Bedürfnis verspüren, mit Jesus sein Leben, die guten und die schlechten Erfahrungen, besprechen zu wollen und sich ebenso mit anderen Christen darüber austauschen.

Das Evangelium endet mit der nächsten Inanspruchnahme Jesu und der Jünger durch viele Menschen, die Orientierung für ihr Leben suchen. Das kurze Abseits in der Einsamkeit mit Jesus hat den Aposteln neue Kraft zu ihrer Sendung geschenkt. Jörg Zink hat die kleine Szene aus dem Markusevangelium als eine Einladung an uns alle umschrieben: „Es ist viel zu tun. Ich weiß. Aber da höre ich das leise Wort: Komm! Fahr hinüber in die Stille. Versuch es: anlegen am Ufer der unhörbaren Gegenwart des Meisters. Dort zwischen den Steinen stehen, verletzlich. Einwurzeln und vielleicht erwachen wie eine Blüte. Ich weiß, viel ist zu tun. Aber nichts tun und alles geschehen lassen ist nötiger. Ist mehr.“
Elke Deimel/KNA

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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