Wort zum Sonntag von Pfarrer i. R. Johann Zarl
Ein Brief von Jesus

Ein Brief von Jesus? Was hat uns der gekreuzigte und auferstandene Jesus heute, in unserer ganz konkreten Situation, in der wir wie die Apostel die Türen verschlossen halten, zu sagen?
 | Foto: Thomas Plaßmann - info@thomasplassmann.de
  • Ein Brief von Jesus? Was hat uns der gekreuzigte und auferstandene Jesus heute, in unserer ganz konkreten Situation, in der wir wie die Apostel die Türen verschlossen halten, zu sagen?
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Ich hoffe, der Corona-Virus hat Sie verschont und Sie haben die Zeit bis jetzt gut durchgestanden. Viele Menschen haben mich in letzter Zeit angerufen in ihrer Einsamkeit, in ihrer Sorge. Ganz viele mit der Bemerkung: „Ja, so habe ich Ostern noch nie erlebt. Keine Liturgie! Kein Osterhalleluja in der Kirche! Mit niemandem in österlicher Freude das Lied ‚Der Heiland ist erstanden‘ singen können. Das tut weh! Und das genau zum Osterfest!“

Was wäre ein Leben ohne Ostern?

Ja, genau zum Osterfest. Das habe ich mich auch gefragt. Ich habe viel darüber nachgedacht und ich bin mir sicher, dass das kein Zufall ist. Vielleicht ist es uns von Gott zugefallen, dass heuer Ostern anders ist. Vielleicht denken heute viele: Was wäre ein Leben ohne Ostern? Für mich zum Verzweifeln!
Ich habe diese letzten Tage zu Hause zum Ausmisten genutzt. Dabei ist mir in einer alten Schachtel eine Karikatur von Thomas Plassmann in die Hände gefallen. Ein Pfarrer steht vor dem Altar. Mit hängendem Gesicht und hängenden Händen. Das große Kreuz am Altar ist leer. Es ist nur noch der Abdruck des Gekreuzigten sichtbar. Er selber ist weg. Unter dem Kreuz auf dem Altar liegt ein großes, weißes Kuvert.
Hat ihm der Herr einen Brief hinterlassen? Eine Botschaft für den bedrückten Pfarrer? Oder ist der Brief nicht nur an den Pfarrer, sondern auch an dich und mich gerichtet? An uns, die wir unter diesem Virus leiden, in Angst leben, nicht wissen, wie es weitergehen soll? Was wohl in diesem Brief steht?

Die Türen sind verschlossen…

Schauen wir auf das Evangelium dieses Sonntags. Wir sehen, dass es den Jüngern Jesu damals nicht besser ging als uns heute: Sie haben Angst. Wie soll ihr Leben jetzt weitergehen? Alles ist aus dem Gefüge geraten. Jesus, dem sie gefolgt waren, er ist tot.

In ihrer Angst sperren sie sich ein. Fast könnte man sagen: Sie sind in Quarantäne wie wir. Die Türen sind verschlossen. Sie haben Angst um ihr Leben.

Da bricht Jesus ihre Quarantäne auf. Plötzlich ist er in ihrer Mitte mit dem Gruß: „Der Friede sei mit euch!“ Er redet sie an und zeigt ihnen die Wundmale an seinen Händen und Füßen. Und die Reaktion der Jünger – das Evangelium sagt es so: „Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen.“

Vielleicht steht in dem Brief Jesu: „Jahr für Jahr feiert ihr Ostern. Ein schönes Fest mit vielen bunten Eiern, mit schönen Bräuchen, mit wunderbaren Familientreffen, Godntag. Aber habt ihr schon verstanden, was Ostern wirklich heißt? Der Tod hat keine Macht mehr über euch. Auch nicht ein Virus. Ihr seid zum Leben in Fülle berufen. Darum bin ich Mensch geworden bis hin zum bitteren Tod am Kreuz. Seht ihr nicht, was ihr mir wert seid? Warum begreift ihr das nicht?“

Und doch scheint mir: Der Herr versteht uns. Auch die Jünger begreifen es nicht so schnell. Thomas, der nicht dabei ist im Abendmahlssaal. Er will es einfach nicht glauben. Ihn muss der Herr noch ganz persönlich anreden. Jesus kommt acht Tage später noch einmal und lädt Thomas ein: Streck deine Finger aus und sieh meine Hände.
Leg deine Hand in meine Seite und sei nicht un­gläu­big, sondern gläubig.

Österliche Begegnung mit Jesus

Ich lade Sie ein, dass wir uns in diesem besonderen Jahr 2020, wo viele von uns mehr Zeit haben, auf eine österliche Begegnung mit Jesus einlassen. Vielleicht steht in diesem Brief Jesu für mich die gleiche Einladung, die er zu Thomas gesagt hat: „Komm, leg deine Finger in meine Hände und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“
Und vielleicht ahnen wir heuer zum ersten Mal, was Ostern heißt und wir können mit Thomas ausrufen: „Mein Herr und mein Gott!“

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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