Wort zum Sonntag - von H. Benedikt Felsinger
Den Menschen nicht ausklammern
Umweltschutz ist wohl den meisten ein großes Anliegen. Nicht umsonst achtet auch die Werbung immer mehr darauf, das Klimaschonende, das Energiesparende und das Biologische, das den verschiedenen Produkten anzuhaften scheint, herauszukehren. Nach all den Schlagzeilen infolge fataler Naturkatastrophen ist es nicht mehr zu leugnen, dass sich die Welt in einer bedrohlichen Schieflage befindet. „Wie kommen wir aus diesem Schlamassel wieder heraus?“, fragen sich immer mehr rund um den ganzen Globus. In diese Situation hinein spricht das Evangelium des Markus (Mk 9,30-37). Darin lenkt Jesus den Blick auf seine Sendung, die um der Menschen willen vollzogen werden muss. Er springt selbst in die Bresche, um zu retten, was noch zu retten ist. Das ist niemand geringerer als der Mensch selbst. Die Apostel wiederum, die mit dem Herrn unterwegs sind, spiegeln ganz gut wider, was wir selbst im Inneren denken und wünschen: Wir möchten einfach besser als andere sein und meinen, dafür über anderen drüber stehen zu müssen. Aber haben wir das überhaupt nötig?
Der heilige Petrus Chrysologus († 450 n. Chr.) mahnt seine Zeitgenossen, sich als Mensch grundsätzlich nicht zu gering zu schätzen, wenn er schreibt: „Du Mensch, warum missachtetest du dich so sehr … Für dich wurde der Himmel mit den vielfältigen Strahlen von Sonne, Mond und Sternen erhellt; für dich die Erde mit Blumen, Bäumen und Früchten ausgemalt. Für dich wurde eine erstaunliche Menge an Lebewesen geschaffen.“ Aber die Würde des Menschen ist noch erhabener. „Er (der Schöpfer) macht dich zum Träger seines Bildes. Dieses sichtbare Bild sollte auf der Erde den unsichtbaren Schöpfer gegenwärtig machen … Was Gott in dir erschaffen hatte, das nahm er gütig an. Er wollte in Wahrheit in einem Menschen erkannt werden.“
Kindliches Vertrauen neu einüben
Doch kehren wir kurz zum Evangelium zurück, das eigentlich keiner Auslegung mehr bedarf, weil Jesus ja mit dem, was er seinen Jüngern sagt, auch uns belehrt. Er tut es nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Er stellt ganz einfach ein Kind in die Mitte der Aufmerksamkeit. Unmissverständlich fordert er uns auf, das Leben nicht zu einem Krampf werden zu lassen, weil wir meinen, die Besseren sein zu müssen. Viel lieber ist es ihm da schon, sich auf die einfachen Dinge dieser Welt zu konzentrieren und sich im kindlichen Vertrauen zu üben. Oder vielleicht könnten wir aus diesem Kind, das Jesus umarmt, auch herauslesen, das Leben wieder neu aufzurollen und wieder einmal von vorne zu beginnen. Das ist doch mit Umkehr wohl gemeint, oder nicht?
Eine Welt, die aus den Fugen geraten ist, kann sich nicht erholen, wenn der Mensch zu gering geachtet wird. Seinen Wert aber hat er nicht aus sich selbst, nicht aus seiner Leistung oder seinem Besitz. Der wahre Reichtum liegt im Menschsein an und für sich. Es wurde ein für allemal aufgewertet durch das Fleischwerden des Wortes, durch die Geburt des Christus in Betlehem. Somit landen wir wieder beim Kind.
Petrus Chrysologus führt dazu wiederum aus: „So wird Christus ein Kind, um durch seine Geburt die verderbte Natur wiederherzustellen. Er wird ein Kind, lässt sich nähren und durchläuft alle Lebensalter, um das eine, vollkommene, bleibende Alter, das er selbst geschaffen hat, zu erneuern. Er trägt den Menschen, damit der Mensch nicht wieder fallen kann. Den er irdisch geschaffen hat, dem schenkt er überirdisches Leben; den er durch menschlichen Geist belebt hatte, dem schenkt er das Leben des göttlichen Geistes. So erhebt er ihn ganz zu Gott, um nichts in ihm zurückzulassen, was der Sünde, dem Tod, der Mühsal, dem Schmerz und der Erde gehört.“
Als vor 900 Jahren in Premontre der heilige Norbert zusammen mit seinen ersten Gefährten begann, einen neuen Orden zu formen, legten die Brüder am Weihnachtstag des Jahres 1121 ihre ersten Gelübde ab. Ihnen wurde als jenen, die in der Nachfolge Christi einen klösterlichen Weg beschreiten wollten, gleichsam das Kind in der Krippe in die Mitte gestellt. Sie sollten sich in der Seelsorge der Menschen annehmen, ohne das Gebet und die Kontemplation in der Stille damit aufzugeben. Denn nur im Hören auf Christus kann der wahre Blick auf die Menschen und die ganze Schöpfung geschärft werden.
Wir brauchen den Menschen also nicht auszuklammern, wenn es darum geht, an einer Veränderung der Welt mitzuwirken. Gerade das Gegenteil tritt ein, wenn der Begriff Schöpfung wieder mehr bedacht wird. Darin scheint nämlich der Ursprung alles Seienden auf, der sich um unseretwillen zum Kind gemacht hat.
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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