28. Sonntag: Pater Gabriel Jocher
Christusnachfolge: An der Seite Jesu gehen!

Die Ötschergräben zu durchwandern ist eine großartige Sache. Eine solche Tour bekommt einen ganz anderen Gehalt, wenn wir unsere Freunde mitnehmen. | Foto: David Irlweg – stock.adobe.com
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  • Die Ötschergräben zu durchwandern ist eine großartige Sache. Eine solche Tour bekommt einen ganz anderen Gehalt, wenn wir unsere Freunde mitnehmen.
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Nehmen Sie Ihre Braut an als Ihre Frau und versprechen Sie, Ihr die Treue zu halten in guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, und sie zu lieben, zu achten und zu ehren, bis der Tod Sie scheidet?“ Wir kennen diese Frage aus dem katholischen Trauritus. Wir kennen auch die Antwort. Sie lautet praktisch immer „Ja“. Ein „Nein“ in dieser Situation wäre unvorstellbar! Und das, obwohl die Dinge, die hier versprochen werden, einiges abverlangen: Liebe und Treue in allen Lebenslagen, bis zum Tod, sind nicht ohne weiteres selbstverständlich.

Gleichzeitig gilt, dass dieses „Ja– ich will mein ganzes Leben mit Dir teilen“ wohl nicht schwer über die Lippen geht. Viele beschreiben dieses Ereignis sogar als das schönste und wichtigste ihres ganzen Lebens! Denn als Menschen können wir nicht anders: Wir sind auf ein geliebtes „Du“ ausgerichtet. Der Beziehungslose mag materiell begütert sein, aber unsere Intuition sagt uns: Ohne Beziehung verfehlt er sein Leben.

Bei der Eheschließung übergeben wir ein stückweit unser Lebensschicksal in die Hände des Geliebten. Im heutigen Evangelium lädt Jesus den Mann ebenfalls dazu ein: „Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib es den Armen und du wirst einen Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach!“ Normalerweise werden alle, die zum Ordensleben berufen sind, durch diese Erzählung besonders berührt: Als Ordensleute haben wir einiges zurückgelassen, um das Glück in der besonderen Nachfolge Jesu zu finden. Durch die Gelübde der Armut, der ehelosen Keuschheit und des Gehorsams haben wir einen Weg gewählt, um ganz auf Christus ausgerichtet und mit ihm verbunden sein zu können.

„Hundertfach“?

Verbundenheit mit Christus: Hier ist auch die Antwort auf die Frage nach dem Lohn zu suchen, der von Jesus „hundertfach“, schon „jetzt in dieser Zeit“ versprochen wird. Denn rein natürlich betrachtet erwartet denjenigen, der Jesus nachfolgt, kein ruhiges Leben. Wie damals bei den Aposteln: Sie waren eher so etwas wie Pioniere und Abenteurer. In jedem Fall mussten sie sich oft „außerhalb ihrer Komfortzone“ bewegen.
Das eigentlich Schöne und Erfüllende an der Christusnachfolge ist, dass man an der Seite Jesu gehen darf und das Leben von seiner Gegenwart durchformt ist. Damit antwortet Jesus auf eine tiefe Sehnsucht, die in jedem Menschen steckt: Wir wollen unser Leben teilen. Die Ötschergräben zu durchwandern ist eine großartige Sache! Auch wenn man dort allein unterwegs ist. Aber eine solche Tour bekommt einen ganz anderen Gehalt, wenn wir unsere Freunde mitnehmen. Die Welt zu betrachten und zu erleben an der Seite eines geliebten Menschen: etwas Wundervolles! Ähnlich verhält es sich, wenn mich Leid trifft und ich schwere Stunden durchleben muss: Wie tröstlich, wenn dann jemand da ist, dem ich mich anvertrauen kann und ich spüre, dass jemand mein Leid mitträgt!

Die einmalige Erklärung „Jesus, ich folge dir nach“ reicht nicht, die Entscheidung muss immer wieder erneuert werden.

Ein solcher Begleiter, Freund, Geliebter will Jesus sein: für die Ordensleute, aber auch für alle Christen, die in der Taufe Glieder Christi geworden sind. Diese Wahrheit sollte man uns allen ansehen!
Wir Katholiken hier in Kasachstan sind eine sehr kleine Minderheit. Die Mehrheit ist muslimisch. Was hier Taufbewerber besonders am Christentum fasziniert, ist die Nähe, die wir zu unserem Gott eingehen dürfen: dass wir „Papa“ zu Gott Vater sagen dürfen; dass der Heilige Geist in uns seinen Tempel errichtet hat; dass Jesus uns als Herr und Bruder einlädt, an seiner Seite zu sein. Gerade in einer Kultur, in der Familientradition und -zusammenhalt sehr hoch geschätzt werden, bergen diese Wahrheiten ein großes Potenzial für Evangelisierung in sich.

Jesus nachzufolgen ist schön, aber nicht immer einfach! In schwierigen Zeiten ist auch Treue gefragt (wie in der Ehe). Das bedeutet, dass die einmalige Erklärung „Jesus, ich folge dir nach!“ nicht ausreicht: Die Entscheidung muss immer wieder erneuert werden.

Christen tragen die Sehnsucht in sich, das Leben mit Gott zu teilen. Alle Elemente des Christentums zielen darauf ab, Gemeinschaft mit Gott zu haben – letztlich durch Christus in die Gemeinschaft schlechthin, das unbeschreibliche Leben der Dreifaltigkeit, hineingenommen zu werden.

Freude und Erfüllung in der Nachfolge und Gemeinschaft mit Jesus zu finden und missionarisch nach außen zeigen zu können: Darum dürfen wir Gott besonders im „Monat der Weltmission“ für uns selbst und alle Getauften bitten: Jesus, Du hast zu den Aposteln gesprochen „Ihr seid das Licht der Welt!“ (Mt 5). Lass auch mich Licht für die Welt sein! Zeige mir meinen Ort, wo ich Dein Leuchten besonders verbreiten soll. Und sorge Du dafür, dass das Licht Deiner Gegenwart in mir nicht erlischt, sondern hilf mir, es am Brennen zu halten!.

Die Ötschergräben zu durchwandern ist eine großartige Sache. Eine solche Tour bekommt einen ganz anderen Gehalt, wenn wir unsere Freunde mitnehmen. | Foto: David Irlweg – stock.adobe.com
Pater Gabriel Jocher ist in Regensburg (Bayern) geboren, er trat 2007 in die Gemeinschaft Servi Jesu et Mariae ein und wurde 2016 zum Priester geweiht. Anschließend war er als Kaplan in Blindenmarkt und ab 2019 in der Jugendseelsorge in Augsburg tätig. Seit Oktober 2023 wirkt er als Missionar in Korneevka, das im Norden des zentralasiatischen Staates Kasachstan liegt.    | Foto: zVg
Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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