Wort zum Sonntag von Quirinus C. Greiwe
Bist du Hure oder Priester?
Ausgerechnet eine Hure soll ins Paradies kommen, du aber nicht? Beinahe jeden Sonntag besuchst du die heilige Messe, fast immer gibst du eine Spende, wenn in der Kirche für einen guten Zweck gesammelt wird; oftmals betest du daheim, wenn du alleine bist und trotz alledem, soll dir das Reich Gottes verschlossen bleiben?
Das Gleichnis Jesu von den zwei ungleichen Söhnen (Mt 21,28-32) ist eines von drei aufeinander folgenden Gleichnissen, die als eine Abrechnung Jesu mit den „Hohenpriestern und Ältesten des Volkes“ (Mt 21,23) gelesen werden können und die mit einem Gespräch des Herrn im Tempel mit diesen eingeleitet wird. Sie spricht Jesus mit seiner Frage am Beginn unserer Perikope an: „Was meint ihr?“
Die Gegenüberstellung des Sohnes, der den Auftrag des Vaters zunächst verweigert, dann aber aus Reue doch ausführt und dem Sohn, der dem Vater erst zusagt, dann aber doch nicht das macht, was er versprochen hat, gipfelt in der Parallele von den reuigen Dirnen und Zöllnern als den eigentlich guten Kindern des göttlichen Vaters. Die „religiösen Profis“ aber bekunden zwar offen ihre Treue zum Herrn, tun dann aber doch nicht das, was er von ihnen erwartet. Sie sollen sich im „bösen Sohn“, dem Verweigerer wiedererkennen.
Kritische Anfrage und Hoffnungszeichen
Dieses Gleichnis führt zunächst zu zwei Erkenntnissen: (1) Es ist eine kritische Anfrage an uns, die wir uns offen zu Christus zu bekennen. Ist unser Herz wirklich von dem erfüllt, was unser Mund spricht, wenn wir etwa das Credo im Gottesdienst beten? Fühlen wir uns auf der sicheren Seite, merken aber nicht, dass wir längst vom rechten Weg abgeirrt sind? Kann man uns an unseren christlichen Früchten im alltäglichen Leben erkennen? (2) Zum Zweiten bedeutet das Gleichnis Hoffnung für all jene, die sich bislang Christus nicht zugewandt haben, deren Leben im Widerspruch zur Lehre des Herrn steht. Nichts ist verloren, wenn Umkehr und Reue das Herz des Sünders erfassen.
In diesem Zusammenhang ist Jesu Hinweis auf Johannes den Täufer erhellend. Dieser Prophet war ein geradezu radikaler Prediger der Umkehr und der Buße. Sein asketisches Leben, sein karges und unwirtliches Erscheinungsbild waren schon damals ein massiver Widerspruch zum „normalen Leben“. Jesus selbst hat nie so gelebt. Auch er fastete, aber nicht ständig. Mit seinen Jüngern feierte er fröhliche Feste. Einige seiner Kritiker schimpften sie sogar „Fresser und Säufer“.
Und dennoch stellt der Herr den Täufer als Vorbild und als Beispiel dar. Vermutlich doch deshalb, weil Johannes auf das Wesentliche hinweist: auf den Glauben an den göttlichen Vater, auf die Treue zu Gott, dem Herrn. Der Aufruf zu Umkehr und Buße ist demnach kein Selbstzweck, sondern vielmehr der Aufruf zur kritischen Überprüfung des eigenen Lebensweges. Diesen Aufruf wendet Christus im Evangelium dieses Sonntags an alle Menschen, nicht zuletzt auch an uns Priester.
Gibt es denn dann keine Gerechten mehr? Können nur die reuigen Sünder ins Himmelreich gelangen, jene aber, die ein gottesfürchtiges Leben führen nicht? Muss man erst zum Sünder werden, um das Ziel zu erreichen?
Vieles spricht dafür, dass wir alle ohnehin Sünder sind. Die einen mehr, die anderen weniger. Christus ist Mensch geworden, „in allem uns gleich, außer der Sünde“. Im Angesicht des Heiligen, des absolut Guten, müssen wir alle unsere Fehlbarkeit erkennen. Der Hinweis auf das notwendige Sündenbewusstsein ist heutzutage nicht sonderlich populär. Man muss wohl auch nicht ständig in Sack und Asche gehen (Buch Ester 4,1). Wir dürfen wie Jesus mit seinen Jüngern auch fröhlich sein und feiern. Und dennoch sollten wir darüber das eigentliche Zentrum unseres Lebens nicht aus den Augen verlieren: Jesus Christus selbst.
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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