Serie des Katholischen Bibelwerkes
Sieh, dein König kommt zu dir!
Nicht sehr viele Texte des Alten Testaments sprechen von einem endzeitlichen Messias. Manche erwarten stattdessen das Kommen von Gott selbst, manche andere eine Wiedererrichtung des Königshauses durch einen Nachkommen Davids. Einige dieser Texte wurden erst rückblickend, nach den Ereignissen rund um Jesus, messianisch auf Jesus gedeutet.
Die Adventzeit ist geprägt von der Erwartung der Ankunft des Messias. So werden in manchen Adventliedern das Kommen Gottes und das Kommen Christi in eins gesetzt. Ihm muss ein gebührender Empfang bereitet werden. Königlich stellt man sich den Messias vor, wie zum Beispiel in folgendem Adventlied (Gotteslob 218):
Macht hoch die Tür, die Tor macht weit,
es kommt der Herr der Herrlichkeit,
ein König aller Königreich,
ein Heiland aller Welt zugleich …
Dabei handelt es sich um die letzten Verse von Psalm 24, in dem der Einzug Gottes in seinen Tempel (von Jerusalem) besungen wird. Nur wenige dürfen auf den heiligen Berg kommen und ihm dort begegnen. In der revidierten Einheitsübersetzung liest sich das so: „Ihr Tore, hebt eure Häupter, hebt euch, ihr uralten Pforten, denn es kommt der König der Herrlichkeit!“ (vgl. Ps 24,9) Und weiter: „Wer ist er, dieser König der Herrlichkeit? Der Herr der Heerscharen: Er ist der König der Herrlichkeit.“ (vgl. Ps 24,10)
Im Lied wird der Psalm nun auf das Kommen Christi bezogen. Doch dieser König übt seine Regentschaft anders aus als andere Herrscher. Das schildert das Lied in der zweiten Strophe, indem es zu einem anderen Bibeltext wechselt:
Er ist gerecht, ein Helfer wert,
Sanftmütigkeit ist sein Gefährt,
sein Königskron ist Heiligkeit,
sein Zepter ist Barmherzigkeit …
Dieser Text geht auf den Propheten Sacharja zurück: „Siehe, dein König kommt zu dir. Gerecht ist er und Rettung wurde ihm zuteil, demütig ist er …“ (vgl. Sach 9,9). Wer mit diesem sanftmütigen bzw. demütigen Friedenskönig gemeint ist, bleibt bei Sacharja offen. Im Lied ist es Christus. Noch wörtlicher und zudem den gesamten Vers 9 zitiert ein anderes bekanntes Adventlied (Gotteslob 228):
Tochter Zion, freue dich,
jauchze laut, Jerusalem,
sieh, dein König kommt zu dir,
ja, er kommt, der Friedefürst.
In beiden Adventliedern wird also der erwartete König mit Jesus Christus gleichgesetzt. Er bringt den Frieden, den Jerusalem ersehnt.
Aufgang der Sonne. Dass mit Christus die Finsternis ein Ende hat, war schon im letzten Teil der Adventserie zu lesen. So liegt es nahe, Christus als „Sonne“ zu besingen. Ein bekanntes Adventlied beginnt so (Gotteslob 481):
Sonne der Gerechtigkeit,
gehe auf zu unsrer Zeit …
Den Aufgang der „Sonne der Gerechtigkeit“ verheißt Gott im Buch des Propheten Maleachi denen, die ihn achten. Ihnen wird nicht nur Gerechtigkeit, sondern auch Freude und neues Heil zuteil, sodass sie fast närrisch werden vor Freude: „Für euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen und ihre Flügel bringen Heilung. Ihr werdet hinausgehen und Freudensprünge machen wie Kälber, die aus dem Stall kommen.“ (vgl. Mal 3,20)
Viele Kirchenväter setzen diese Sonne der Gerechtigkeit später mit Christus gleich. Die Bitte, dass diese Sonne der Gerechtigkeit auch in unserer Zeit aufgehen möge, wird daher gerne im Advent gesungen.
Ende einer Kriegsnot. Mit dem Lied
„O komm, o komm, Emmanuel“ (Gotteslob 798) sind wir noch einmal bei Jesaja angelangt und schlagen gleichzeitig die Brücke zum Neuen Testament:
O komm, o komm, Emmanuel,
nach dir sehnt sich dein Israel …
Die Verheißung eines Kindes namens Immanuel stammt aus Jesaja 7,14. Hier ist das Kind Zeichen für das Ende einer Kriegsnot. Das Matthäusevangelium zitiert diese Verheißung und bezieht sie auf die Geburt Jesu. Er wird sich im Evangelium als Immanuel, als „Gott mit uns“ erweisen. Das Lied wechselt zwischen Jesaja und Matthäus, wenn es einerseits als „Israel“ spricht und andererseits den „Emmanuel“ mit dem „Erlöser, Gottes Sohn“ gleichsetzt. Das macht den Reiz dieses Liedes aus.
Im nächsten Teil der Adventserie werden Lieder mit vorwiegend neutestamentlichen Bibeltexten im Zentrum stehen.
Autor:Elisabeth Birnbaum aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.