Anselm Grün über das Wandern
Wandern – als pilgerndes Gottesvolk, Teil. 3

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Anselm Grün beschreibt die „getroste Wanderschaft“ der christlichen Gemeinde mit Wegen in der Bibel. Zum Nachspüren beim Wandern und zu Hause.

Das Grundthema des Hebräerbriefes ist das des wandernden Gottesvolkes. „Der Verfasser versteht die christliche Gemeinde wesentlich als Gemeinde unterwegs.“ (Elisabeth Fiorenza, Der Anführer und Vollender des Glaubens, S. 266). Die Christen sind wie die Israeliten auf dem Weg durch die Wüste in das verheißene Land. Doch im Gegensatz zu den Israeliten, die ihr Herz verhärteten und sich dem Wort Gottes verschlossen, sollen die Christen sich für das Wort öffnen, das ihnen die Gewissheit gibt, dass sie in die Sabbatruhe Gottes eingehen werden. Das Ziel ihrer Glaubenswanderung ist die Ruhe bei Gott.

Hier klingt ein Motiv an, das an die Paradieserzählung anknüpft. Dort konnten die Menschen ruhen, wohnen, bei Gott sein. Seit der Vertreibung aus dem Paradies ist unser Schicksal der Weg. Wir müssen gehen, wir können nicht wohnen, nicht ausruhen. Dieser Weg ist beschwerlich, so beschwerlich, dass der Verfasser des Hebräerbriefes der Gemeinde auf ihrem Weg Mut zusprechen muss. Sie soll trotz aller Anfechtung weitergehen. Der Weg wird ans Ziel führen, wenn sie sich an Christus und seine Verheißungen bindet.

So sollen Christen zuversichtlich ihren Weg gehen.

Christus ist der Vorläufer auf unserem Weg. Er ist den Weg vorausgegangen. Als Hohepriester ist er eingetreten in den Himmel, in das Heiligtum Gottes. Durch seinen Tod am Kreuz hat er uns den Zugang zum Thron der Gnade eröffnet. Und er lässt uns nicht allein, sondern tritt fürbittend für uns ein. [ ... ] So ermahnt der Verfasser die Gemeinde auf dem Weg: „Lasst uns mit Ausdauer in dem Wettkampf laufen, der vor uns liegt, und dabei auf Jesus blicken, den Urheber und Vollender des Glaubens; er hat angesichts der vor ihm liegenden Freude das Kreuz auf sich genommen, ohne auf die Schande zu achten, und sich zur Rechten von Gottes Thron gesetzt“ (Hebräer 12,1f).

Die Gemeinde ist angefochten wie Christus. Doch sie soll auf das Ziel schauen, das Christus als der Anführer des Glaubens bereits erreicht hat. Das Ziel liegt im Jenseits. Es ist der Himmel. Und es liegt vor uns, in der Zukunft. Die christliche Existenz ist wesentlich Wanderschaft auf das ewige Ziel hin. Die Gemeinde kann dabei, „wenn sie auf dem Weg bleibt, den Christus ihr vorausgegangen ist, ihres Heiles sicher sein“. So sollen Christen zuversichtlich ihren Weg gehen: „So haben wir die Zuversicht, Brüder und Schwestern, durch das Blut Jesu in das Heiligtum einzutreten. Er hat uns den neuen und lebendigen Weg erschlossen durch den Vorhang hindurch, das heißt durch sein Fleisch. Und da wir einen Hohepriester haben, der über das Haus Gottes gestellt ist, lasst uns mit aufrichtigem Herzen und in voller Gewissheit des Glaubens hinzutreten“ (Hebräer 10,19–22).

Als Vorbild für die „getroste Wanderschaft“ der christlichen Gemeinde führt der Hebräerbrief eine Reihe von Zeugen auf, die sich alle im Glauben auf den Weg gemacht haben, die ausgezogen sind aus dem Vertrauten und Gewohnten, um nach einer mühsamen und beschwerlichen Glaubenswanderschaft einzugehen in die Ruhe Gottes, in das Heiligtum Gottes, in die neue Stadt. Da wird Abraham gepriesen, wie er im Glauben auszog, ohne zu wissen, wohin er kommen wird, wie er sich im Glauben als Fremdling im Land der Verheißung niederließ. Abraham blieb zeit seines Lebens Fremdling. Nichts gehörte ihm im Land der Verheißung, außer seiner Grabstätte Machpela bei Hebron. Erst im Tod endet seine Fremdlingschaft: „Aufgrund des Glaubens siedelte er im verheißenen Land wie in der Fremde und wohnte mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung, in Zelten; denn er erwartete die Stadt mit den festen Grundmauern, die Gott selbst geplant und gebaut hat“ (Hebräer 11,9f).

Und sie haben bekannt,
dass sie Fremde und Gäste
auf Erden sind.

Wie Abraham waren auch seine Nachkommen unterwegs in das Land der Verheißung, „und haben die Verheißungen nicht erlangt, sondern sie nur von fern geschaut und gegrüßt und sie haben bekannt, dass sie Fremde und Gäste auf Erden sind. Und die, die solches sagen, geben zu erkennen, dass sie eine Heimat suchen. Hätten sie dabei an die Heimat gedacht, aus der sie weggezogen waren, so wäre ihnen Zeit geblieben zurückzukehren; nun aber streben sie nach einer besseren Heimat, nämlich der himmlischen“ (Hebräer 11,13-16).

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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