Weihbischof Alois Stöger: „Diener unserer Freude“

Im Juni 1998 besuchte Papst Johannes Paul II. St. Pölten und begrüßte den im Rollstuhl sitzenden Weihbischof Stöger.
 | Foto: Ferdinand Bertl (2)
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2024 steht im Zeichen des ersten Weihbischofs und Bischofsvikars der Diözese St. Pölten, Alois Stöger: Er wurde vor 120 Jahren am 12. April 1904 geboren und starb vor 25 Jahren am 12. Dezember 1999. Stöger setzte sich stets für die Priesteraus- und -fortbildung ein, hatte einen international herausragenden Ruf auf dem Gebiet der Bibelwissenschaft und war maßgeblich an der Umsetzung der Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils in St. Pölten beteiligt.

Als „Diener unserer Freude“ bezeichnete Diözesanbischof Franz Žak (1917-2004) 1980 seinen langjährigen Wegbegleiter und ersten Weihbischof der Diözese St. Pölten, Alois Stöger (1904-1999), zu dessen goldenem Priesterjubiläum. „Ohne Übertreibung darf ich sagen, dass es immer auch das Lebensprogramm unseres hochwürdigsten Herrn Weihbischofs gewesen ist: selber zurückzutreten, nur Diener der anderen, Diener ihrer Freude zu sein. Es ist ihm niemals um seine eigene Person gegangen, sondern immer um den Herrn“, lautete die Würdigung Žaks. 50 Jahre zuvor, als der am 12. April 1904 im Waldviertler Kautzen geborene Alois Stöger nach der Matura in Seitenstetten und dem Theologiestudium in St. Pölten seine Heimatprimiz feierte, war der damals 13-jährige Franz Žak anwesend. Die Wege der beiden späteren Bischöfe sollten sich fortan immer wieder kreuzen.

Außerordentliche Begabung

Zunächst jedoch schickte der damals noch junge Bischof Michael Memelauer (1874-1961) Alois Stöger in die Pfarre Groß Gerungs als Kaplan. Nach zwei Jahren in der dortigen Seelsorge durfte Stöger, dessen außerordentliche Begabung während seiner Ausbildung nicht im Verborgenen geblieben war, seine theologischen Studien in Rom fortsetzen. Er erwarb das Lizentiat in Philosophie an der „Pontificia Università Angelicum“, der römischen Dominikanerhochschule. Im Anschluss daran studierte er am Päpstlichen Bibelinstitut.
1935 kehrte er in seine Heimat zurück und wurde zum Domkuraten in St. Pölten bestellt. Neben der Seelsorge wirkte Stöger an verschiedenen Schulen der Stadt als Religionslehrer. Zusätzlich dazu fand er noch Zeit, seine in Rom begonnene Dissertation zum Thema „Die Ehe in der Weisheitsliteratur des Alten Testaments“ fortzuführen, die er 1937 an der Universität Wien einreichte. Nach Abschluss der damals erforderlichen Rigorosumsprüfungen konnte er im Juli 1939 seine Promotion feiern. In seiner Dankansprache, die er im Namen aller Absolventen hielt, ging er auf die besonderen Umstände rund um ihre Graduierung – der „Anschluss“ an das Deutsche Reich lag nur wenige Monate zurück – ein: „Geistig stark und stürmisch bewegte Zeiten waren auch Zeiten fortschreitender theologischer Wissenschaft. Nicht die geruhsamen Zeiten haben die Theologie gefördert, sondern die lebendigen, unruhigen Zeiten.“

Alois Stöger, damals Rektor des „Collegio Teutonico di Santa Maria dell’Anima“ in Rom, traf im April 1963 anlässlich der Lichtstafette der Katholischen Jugend mit Papst Johannes XXIII. zusammen.  | Foto: Archiv Kirche bunt
  • Alois Stöger, damals Rektor des „Collegio Teutonico di Santa Maria dell’Anima“ in Rom, traf im April 1963 anlässlich der Lichtstafette der Katholischen Jugend mit Papst Johannes XXIII. zusammen.
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Noch vor seiner Promotion, 1938, wurde er außerdem als Spiritual an das St. Pöltner Priesterseminar berufen. Dort begegnete er wiederum Franz Žak, der sich gerade im dritten Jahr seiner Priesterausbildung befand und später seinen Spiritual als Primizprediger wählte. Während der Zeit des Zweiten Weltkriegs übte Stöger das Amt des Spirituals teilweise nur für einen einzigen im Haus verbliebenen Seminaristen aus. Alle übrigen wurden für den Fronteinsatz oder Reichsarbeitsdienst verpflichtet. 1942 erfolgte die Berufung an die theologische Lehranstalt St. Pölten als Professor für Neues Testament. Es war ihm ein großes Anliegen, seine Hörer für die Bibel zu begeistern und sie zu befähigen, diese den Menschen gewinnbringend zu vermitteln. Er war ein Anhänger des von Pius Parsch initiierten Klosterneuburger Bibelapostolats.

Rektor im Priesterkolleg „Santa Maria dell‘Anima“ in Rom

Gleichzeitig mit dem Anbruch eines neuen kirchlichen Zeitalters durch die Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) wurde Alois Stöger abermals nach Rom geschickt, diesmal, um dem deutschsprachigen Priesterkolleg „Santa Maria dell’Anima“ als Rektor vorzustehen. Vorgeschlagen wurde er für diese Funktion vom Wiener Erzbischof Kardinal Franz König, der in der Kriegszeit zeitweise gleichzeitig mit Alois Stöger in St. Pölten – als Domkurat – tätig war.

Stöger übte die Funktion als Rektor im Anima-Kolleg durch die gesamte Zeit des Konzils aus. Einige Konzilsväter hatten dort mit ihren Beratern Quartier bezogen, darunter auch der Kölner Kardinal Joseph Frings in Begleitung des jungen Joseph Ratzinger. Die geistig damals wohl sehr angeregte Stimmung im Kolleg animierten auch Stöger zu einer regen wissenschaftlichen Betätigung. Zeitzeugen berichteten, dass sich auf seinem Schreibtisch Bibelausgaben, Bücher und Manuskripte derart getürmt haben, dass viele seiner Amtsunterlagen als Rektor nur schwer zu finden waren. Etwa ein halbes Jahr nach Abschluss des Konzils wurde Stöger von Papst Paul VI. zum ersten Weihbischof der Diözese St. Pölten ernannt. Seine Bischofsweihe fand am 15. August 1967 im St. Pöltner Dom statt. Die Weihe spendete ihm sein ehemaliger Schüler Franz Žak. Dieser schrieb in einem Hirtenwort anlässlich der Ernennung Stögers: „Sie alle werden gewiss mit mir die Freude teilen, dass die Wahl des Heiligen Vaters gerade auf Dr. Stöger gefallen ist, den wir alle als vorbildlichen Priesterbildner und -erzieher, als ausgezeichneten Theologen und als liebenswerten Menschen kennen und schätzen.“ Als Wahlspruch wählte Stöger den berühmten Satz aus dem Johannesprolog „Verbum caro factus est“ („das Wort ist Fleisch geworden“).

Dr. Stöger – „ein ausgezeichneter Theologe und ein liebenswerter Mensch“.

Stöger war nicht nur der erste Weihbischof der Diözese St. Pölten, er war auch der erste, der das vom Konzil neugeschaffene Amt des Bischofsvikars ausübte. Als solcher war er insbesondere für die Priesterfortbildung und Erwachsenenbildung zuständig. Im Auftrag von Diözesanbischof Žak, aber auch aus dem eigenen Antrieb seiner Konzilserfahrung heraus, arbeitete er intensiv an der Umsetzung der Konzilsbeschlüsse in der Diözese. Žak bestellte ihn zum Promotor der Diözesansynode von 1971/72, eine sehr zentrale Funktion. Als solcher betonte er von Anfang an: „Das Ziel der Synode ist pastoral.“ Es gehe dabei nicht um eine Neuinterpretation von Glaubens- und Sittenwahrheiten oder gesamtkirchliche Strukturfragen, sondern um eine „Erneuerung des religiösen und sittlichen Lebens in der Diözese“. 1976 wurde Stöger Mitglied der Kongregation für das katholische Bildungswesen in Rom. Als anerkannter Bibel-Fachmann wirkte er in dieser Zeit auch an der deutschen Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift mit.

Lebensabend bei Schulschwestern in Hainstetten

Am 10. November 1986 wurde sein Rücktrittsgesuch von Papst Johannes Paul II. angenommen. Er übersiedelte für seinen Ruhestand zu den Schulschwestern in Hainstetten bei Viehdorf – in seinen „goldenen Käfig“, wie er selbst launig meinte. Auch dort blieb er der bibelwissenschaftlichen Forschung verpflichtet, engagierte sich im Katholischen Bibelwerk und veröffentlichte zahlreiche Schriften. Er verstarb am 12. Dezember 1999 in Hainstetten.

Ein Porträtfoto von Weihbischof Alois Stöger. | Foto: Ferdinand Bertl (2)
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Die Verdienste Alois Stögers haben in der Diözese St. Pölten bis heute bleibende Wirkung: Viele Beschlüsse der Diözesansynode von 1971/72, die er maßgeblich mitgeprägt hat, sind nach wie vor von Bedeutung. Auch einige Impulse, die er für die Priesterfortbildung entwickelt hat, fanden Eingang in die beständige Praxis der Diözese. Aber nicht nur auf diözesaner Ebene bleibt sein Wirken bedeutsam: Seine bibelwissenschaftlichen Forschungen werden immer noch rezipiert. Sogar Papst Benedikt XVI. nahm in seinen „Jesus von Nazareth“-Büchern mehrfach auf Werke Alois Stögers Bezug.

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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