Generaloberin Sr. Franziska Bruckner im Interview zum 60. Geburtstag
„Orden sind vielfach Vorreiter“

Generaloberin Sr. Franziska Bruckner | Foto: Wolfgang Zarl
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Am 23. Mai begeht die Amstettner Franziskanerin ihren 60. Geburtstag. Im „Kirche bunt“-Interview spricht die zweite Vorsitzende der Österreichischen Ordenskonferenz über den Wandel und die Bedeutung der Ordensgemeinschaften. Sr. Franziska stammt aus der Pfarre Kirchbach im Waldviertel, 1975 trat sie in die franziskanische Kongregation der Schulschwestern ein.

Was empfinden Sie in ihrem Leben als Franziskanerin als besonders erfüllend?
Generaloberin Sr. Franziska Bruckner: Unser gemeinsames Dasein für Menschen ist etwas Besonderes. Mit den mir geschenkten Talenten versuche ich, in meinen Aufgabenbereichen das Evangelium umsetzen. Das Leben in der Gemeinschaft mitzugestalten bedeutet mir viel Freude.

Rückblickend – ist das Leben im Amstettner Klos­ter so, wie Sie es sich vorgestellt haben?
Bruckner: Was mir von Beginn an wichtig war, ist eingetreten: Tragend ist das gemeinsame Engagement für die Gesellschaft, speziell für die jungen Menschen in unseren Schulen. Als Ordensfrau habe ich mehr Freiraum für andere: etwa für meine Mitschwestern oder für Schülerinnen und Schüler. Das klösterliche Leben bietet mir Rückzugsmöglichkeiten, die es ermöglichen aufzutanken, um mit viel Energie für andere Menschen oder Projekte durchzustarten. So können wir auf vielfältige Art und Weise unseren Gründungsauftrag verwirklichen, das klösterliche Leben ist ein kostbares Geschenk, für das ich dankbar bin. Gerade auch Konfliktsituationen fordern das Ringen um einen guten Weg heraus.

Was empfehlen Sie Menschen, die eine Berufung zum Ordensleben verspüren?
Bruckner: Wichtig ist es, mit jemandem da­rüber zu reden! Ich empfehle dazu eine geistliche Begleitung, diese Person sollte auch das Ordensleben „im Blick“ haben. Gute Gespräche helfen die Motivation(en) zu klären. Um das Ordensleben kennenzulernen gibt es z. B. das freiwillige Ordensjahr, das Mitleben im Kloster zu bestimmten Festzeiten oder die Teilnahme an Veranstaltungen. Es gibt immer wieder Suchende, die bei uns einige Zeit verbringen. Aber auch wenn deren Lebensplanung in eine andere Richtung geht, dürfen sie etwas für ihr späteres Leben mitnehmen. Die Entscheidung muss für beide Seiten akzeptabel sein.

Haben Sie den Eindruck, dass die Franziskanerinnen anerkannt sind?
Bruckner: In Amstetten, in der ganzen Region und in der Diözese St. Pölten trifft das meines Erachtens wirklich zu. Seit 1876 wirken wir hier und es sind viele Generationen an Schülern, die sich mit den Schwestern verbunden fühlen. Wir werden wahrgenommen und mit Wertschätzung behandelt. Das Klos­ter ist nicht versteckt, es dient vielen auch geografisch als Orientierung.

Es gibt das Vorurteil, Klöster und Orden seien antiquiert. Was antworten Sie darauf?
Bruckner: Natürlich gibt es viele Klischees, die sehr verbreitet sind. Dadurch wird der Eindruck vermittelt, wir würden wie in früheren Zeiten leben. Unser Wirken wird oft nicht ernst genommen und anerkannt, obwohl wir Ordensleute inmitten der heutigen Kultur leben. Wir leben im 21. Jahrhundert – und das mit den heutigen Mitteln. Wir sind vernetzt und nutzen die modernen Medien und sind in den die sozialen Netzwerken vertreten. Das trifft auf alle zu, selbst auf die kontemplativen Gemeinschaften, die zurückgezogener leben. Die alten Klischees gilt es aufzubrechen. Ich möchte sogar sagen: Ordensgemeinschaften sind auch heute vielfach Vorreiter: in der Hilfe für Notleidende, im Bereich Schöpfungsverantwortung und im Kampf gegen Prostitution und Menschenhandel. Ich sehe Ordensleute auch als wichtige theologische Partner. Die Sichtweise, dass Ordensleben antiquiert sei, trifft nicht zu.

Aber die Aufgaben der Ordensgemeinschaften haben sich gewandelt?
Bruckner: Die konkrete Umsetzung der Gründungsideen hat sich stark verändert. Gerade die Bereiche Bildung und Pflege wurden vielfach vom Staat und anderen Trägern übernommen. An Bedeutung zugenommen hat, dass wir für den einzelnen Menschen stärker da sind. Die Angebote für pastorale und seel­sorgliche Begleitung sind ein neuer Schwerpunkt. Ordensfrauen und Ordensmänner sind hellhörig für neue Herausforderungen, sie engagieren sich gerade für jene, die „unter die Räder gekommen sind“. Wir sind da für Notleidende, für Flüchtlinge und für die, die durch alle sozialen Netze fallen. Und wir sprechen gesellschaftliche Problemfelder an, wenngleich das vielleicht nicht immer gerne gehört wird. Die Orden arbeiten beispielsweise intensiv mit Nichtregierungsorganisationen, der Armutskonferenz und Umweltschutzgruppen zusammen.
Innerhalb der Ordens eröffnet uns das Kleinerwerden der Gemeinschaften die Chance zur Vernetzung, wie dies bei den Männer- und Frauenorden in Österreich zuletzt durch die Gründung der Österreichischen Ordenskonferenz geschehen ist. Ganz konkret erlebe ich das vor Ort bei uns in Amstetten im Miteinander mit den Salesianern Don Boscos. Es geschieht viel Gutes in unseren Klöstern – vielfach auch im Verborgenen.

Mit der Wertschätzung der Franziskanerinnen in der Region sind Sie zufrieden. Gilt das auch für die Frauenorden im kirchlichen Bereich?
Bruckner: Ich glaube, die Frauenorden erhoffen sich, als gleichwertige Partnerinnen wahrgenommen zu werden. Will sich eine Ordensfrau bzw. eine Frau etwa theologisch in der Kirche einbringen, erscheint mir das grundsätzlich schwieriger. Ich glaube, das hat mit dem geschichtlich gewachsenen Frauenbild zu tun: In vielen Bereichen müssen Frauen mehr um und in ihren Positionen kämpfen. Mitzuwirken, dass sich darin eine Wende zum Leben nach dem Evangelium vollzieht, sehe ich als Aufgabe im gesellschaftlichen Miteinander heute.

Autor:

Wolfgang Zarl aus Niederösterreich | Kirche bunt

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