Interview mit Prälat Conrad K. Müller
Mit Gottvertrauen und Zuversicht

Prälat Conrad K. Müller, Prior de regimine im Stift Geras. | Foto: Stift Geras
  • Prälat Conrad K. Müller, Prior de regimine im Stift Geras.
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Das Interiew mit Prälat Conrad K. Müller o.praem., „Prior de regimine“ (regierender Prior) im Stift Geras in der ungekürzten Fassung.

Wird das 900-Jahr-Jubiläum im Stift in irgendeiner Weise gefeiert?
Prälat Conrad K. Müller o.praem.: Das Jubiläumsjahr soll für den ganzen Orden am 1. Advent 2020 beginnen und bis nach Weihnachten 2021 dauern. Denn weil an Weihnachten 1120 unser Gründer, der hl. Norbert von Xanten, und seine ersten Mitstreiter ihre Gelübde im französischen Prémontré abgelegt haben, ist das Fest der Menschwerdung Gottes diesbezüglich für uns von einer ganz eigenen Bedeutung: Gott kommt auf uns Menschen zu, und wir Ordensleute versuchen, mit unserer Berufung Gott entgegenzukommen und ihm nachzufolgen.
Selbstverständlich werden wir den jährlichen Festtag des hl. Norbert am 6. Juni 2021 in der Liturgie besonders hervorheben.
In unseren Ausstellungsräumen (Prälatur mit Pauluszimmer und Weißer Salon, Säulenhalle, Marmorsaal und Kaiserzimmer) werden im Jubiläumsjahr etliche Teile unseres Norbert-Zyklus zu sehen sein, die sich normalerweise im Kreuzgang befinden und dort allgemein nicht zugänglich sind. Diese barocken Gemälde in Großformat zeigen Norbert als Ordensgründer und Bischof (von Magdeburg) als charismatische Persönlichkeit seiner Zeit, die weit in die Zukunft weist.
In der Ausstellung wird auch die Wirkungsgeschichte des Prämonstratenser-Ordens anhand verschiedenster Kunstgegenstände dargestellt. Dabei steht im Mittelpunkt unser eigenes Stift als eines der ältesten Klöster des Ordens, das 30 Jahre nach Entstehung des Ordens hier in der Grenzregion von Böhmen/Mähren/Österreich gegründet wurde und seitdem ununterbrochen besteht.
Coronabedingt verschiebt sich die Eröffnung der Ausstellung allerdings voraussichtlich ins Frühjahr 2021 hinein.
Die für Ende November 2020 geplante Eröffnung der großen Ausstellung in der Prämonstratenser-Abtei Strahov (Prag), wo sich das Grab des hl. Norbert befindet, verschiebt sich ebenfalls aus Pandemie-Gründen auf einen späteren Zeitpunkt.

Was empfinden Sie in Ihrem Leben als Prämonstratenser als besonders erfüllend?
Müller: Es ist nach wie vor das, was mich vor vielen Jahren bewogen hat, in den Orden der Prämonstratenser einzutreten: das Leben mit Gleichgesinnten, die sich zu einer Gemeinschaft am Ort zusammenfinden, um im feierlichen Chorgebet die Gottesbeziehung zu gestalten und von dort aus seelsorglich nach außen zu wirken. Es ist diese Mischung („vita mixta“) aus monastischem Rückzug in die Anbetung und von dort aus der kirchlich-seelsorgliche Dienst an den Menschen, was mich nach wie vor anzieht und was ich für mich erfüllend finde.

Wie steht das Stift heute da? Wie viele Mitglieder zählt die Gemeinschaft und wie viele Pfarren werden durch das Stift betreut?
Müller: Unser Konvent zählt zurzeit 17 Ordensmitglieder, von denen einige im Stift selber leben, die Mehrheit in den betreuten Pfarren.
In der Pfarrseelsorge betreuen wir in der Diözese St. Pölten (rund ums Stift Geras) 21 Pfarren (davon 14 inkorporiert), in der Erzdiözese Wien 1 Pfarre (Wien-Gatterhölzl). 2 Mitbrüder leben in Deutschland (Erzdiözese Berlin und Diözese Eichstätt) und sind dort seelsorglich engagiert.

Sind Sie mit der Wertschätzung des Ordens in der Region zufrieden?
Müller: Seit fast 900 Jahren sind die Prämonstratenser von Stift Geras verwurzelt in der Region, haben sich eingesetzt, die Frohe Botschaft zu verkünden und mit ihr die Menschen in Freud und Leid zu begleiten, kirchlich, aber auch wirtschaftlich und kulturell das Leben in der Region zu prägen.
Schon durch diese lange gemeinsame Verbindung in Leben und Glauben gibt es ein starkes Miteinander zwischen dem Konvent und den Gläubigen in den Pfarren mit einer positiven gegenseitigen Wertschätzung. Und gerade, weil die Größe der Pfarren durchaus überschaubar ist, gibt es da ein gutes Nahverhältnis zwischen beiden Seiten.
Mitunter würde ich mir allerdings wünschen, dass das Stift weniger als kirchliche Organisationseinheit oder wirtschaftliche Größe wahrgenommen wird, sondern stärker als spirituelle, betende Gemeinschaft, die im Gotteslob gründet und aus dem Gottesdienst heraus vielfach tätig ist.

Mit welchen Gefühlen blickt man im Stift Geras in die Zukunft?

Müller: Immer mit Gottvertrauen und Zuversicht! Es gibt zwar vielfältige Herausforderungen, die uns stark beanspruchen – das Klima verändert die wirtschaftliche Grundlage im stiftseigenen Wald; es gibt nach wie vor eine gewisse Landflucht, die Pfarren werden kleiner; die Nachwuchsfrage stellt sich auch in unserem Konvent deutlich – aber die Gemeinschaft stellt sich den Fragen und Problemen zuversichtlich, mit Freude am Glauben und an der Kirche.

Ihr Geburtstagswunsch für den Orden lautet?
Müller: Auch in Zukunft unverzagt „zu jedem guten Werk bereit“ sein (Wahlspruch des Ordens).

Autor:

Sonja Planitzer aus Niederösterreich | Kirche bunt

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