Brauchtum
Der Brief an das Christkind

Foto: United States Information Service / ÖNB-Bildarchiv / picturedesk.com
3Bilder
  • Foto: United States Information Service / ÖNB-Bildarchiv / picturedesk.com
  • hochgeladen von Kirche bunt Redaktion

Einen Brief mit Wünschen an das Christkind zu schreiben, gehörte früher in den meisten Familien zur Adventzeit fest dazu. Der Glaube an das engelsgleiche Christkind erhöhte die Spannung und die Vorfreude – und scheint heute ins Trudeln zu geraten.

An das Christkind, Postamt Christkindl, Österreich. Der Ortsteil Christkindl in Steyr eröffnet jedes Jahr am Freitag vor dem ersten Adventsonntag sein Sonderpostamt. Persönliche Briefe von Kindern an das Christkind sind hier allerdings schon lange in der Minderzahl. Der Großteil der etwa zwei Millionen Briefe stammt heute von Firmen und Unternehmen, die für ihre Kunden originelle Weihnachtswünsche wollen, versehen mit dem Poststempel „Christkindl“.

Der Glaube an das Christkind scheint gehörig ins Trudeln geraten zu sein, so sehr, dass sogar ein Verein zu seiner Unterstützung gegründet wurde. „Pro Christkind“ gibt sich kämpferisch: „Bei uns kommt das Christkind und nicht der in der Werbung überall vorkommende Weihnachtsmann. Den brauchen wir nicht!“
Der Weihnachtsmann spielte vor einigen Jahrzehnten tatsächlich noch gar keine Rolle. Für viele Kinder wurde der Glaube an das engelsgleiche Christkind von den Eltern regelrecht inszeniert. Ein wesentlicher Bestandteil dabei war der Brief mit den Wünschen an das Christkind. Er wurde rechtzeitig vor Weihnachten verfasst und dann auf die Fensterbank gelegt. Das Christkind hatte ja Flügel und würde im Advent irgendwann vorbeifliegen und die Briefe einsammeln. Wann das sein würde, wusste man nicht. Deshalb wurde jeden Tag gespannt nachgeschaut, ob er wohl schon weg war. Es gehörte zum Ritual dazu, dass der Brief nicht sofort „geholt“ wurde. „Wir waren oft ganz traurig, wenn der Wunschzettel auch am dritten Tag noch am Fensterbankl gelegen ist. Und dann war er plötzlich weg!“

Wenn das Christkind dann endlich da gewesen ist, konnte es sein, dass es ein paar Engelshaare verloren hatte.

Wenn das Christkind dann endlich da gewesen ist, konnte es sein, dass es ein paar Engelshaare oder auch Lamettafäden verloren hatte, die nun statt des Briefs auf der Fensterbank lagen. Manchmal tauchten auch geheimnisvolle kleine Geschenke auf. Eine ältere Dame erinnert sich: „In den Tagen vor Weihnachten haben die Engerln, die dem Christkind geholfen haben, bei uns kleine Packerln abgeworfen. Immer, wenn die Mama vom Hof hereingekommen ist, hat sie eines mitgebracht.“ In diesen winzig kleinen Päckchen waren Naschereien, manchmal ein Zuckerl, ein anderes Mal ein Stück Schokolade. Es hieß, die Engeln helfen dem Christkind dabei, die Christbäume aufzuputzen und würden dabei in der Eile, wenn sie über die Häuser fliegen, Süßigkeiten verlieren. „Schau, hat die Mama dann gesagt. Da ist schon wieder ein Packerl vom Christkind im Schnee gelegen!“

WEITER LESEN ...
„Weihnachten wie‘s früher war“ – Erinnerungen, Geschichten und Bräuche, von Inge Friedl, 160 Seiten, Styria Verlag 2024, Preis  22 Euro.
  • WEITER LESEN ...
    „Weihnachten wie‘s früher war“ – Erinnerungen, Geschichten und Bräuche, von Inge Friedl, 160 Seiten, Styria Verlag 2024, Preis 22 Euro.
  • hochgeladen von Kirche bunt Redaktion

Zu sehen war das Christkind allerdings nie, auch nicht am Heiligen Abend. In den Stunden vor der Bescherung hielten die Kinder Ausschau, ob es nicht vielleicht am Fenster vorbeifliegt – denn immerhin würde es die Geschenke bringen. Dieser Glaube an das Christkind wird heute von manchen vehement gegen den Einfluss von Santa Claus verteidigt. Dabei liegt auch sein Ursprung in einer Art Kulturkampf, zwar unter anderen Vorzeichen, aber mit ähnlichen Hauptdarstellern, nämlich Christkind gegen Nikolaus. (...)

Es ist der Geburtstag des Herrgott!

Doch bei Weitem nicht alle Eltern förderten den Glauben an das Christkind. Viele hielten es so wie eine Familie aus dem Mühlviertel: „Wir Kinder haben von klein auf gewusst, dass das Christkind nicht die Geschenke bringt. Die Mutter hat allweil gesagt: Schließlich gibt uns alles der Herrgott! Es ist sein Geburtstag, er hat für uns sein Leben gegeben und darum feiern wir.“ Gerade Familien, in denen der christliche Glaube eine besondere Rolle spielte, verzichteten oft auf den Glauben an das Christkind. In einem Mehrparteienhaus begegnete eine solche Familie einer gutmeinenden Nachbarin, die das Mädchen in den Tagen nach Weihnachten fragte: „Und, was hat dir das Christkind gebracht?“ Worauf sich das Kind an die Mutter wandte und sich laut wunderte: „Mama, die Frau glaubt noch an das Christkind!“

Autorin: Inge Friedl

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ