Die Gemeinde rückt ins Zentrum
Moderne Kirchenbauten in der Diözese

Millenniumskirche in Stattersdorf-Harland (St. Pölten) | Foto: Wolfgang Zarl
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Die Errichtung neuer Kirchen in unserer Diözese hatte verschiedene Gründe: von der pastoralen Notwendigkeit wegen neuer Ortsteile bis hin zur Gefahr des Abrutschens der Kirche wie in Stephanshart. Weltweit wurden nie so viele Kirchen gebaut wie im 20. Jahrhundert. Gründe waren Zerstörungen durch die Kriege, Bevölkerungwachstum oder neue Freiheiten in kommunistischen Ländern.

Die modernen Kirchenbauten kennzeichen eine Abkehr vom Historismus – bei dem die klassische Formen des Altertums sowie des Mittelalters wiederkehrten – und die neue Freiheit der Architekten und Ausstattungskünstler bei der Gestaltung von Sakralbauten. Weiters wurde vielfach der Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) umgesetzt, welche unter anderem eine Konzentration auf einen frei stehenden Altar mit sich bringt. Oft sind jetzt die Bänke im Halbkreis angeordnet. Im Zentrum nach dem Konzil stand auch bei den Kirchenbauten der Gedanke der Gemeinschaft, der Communio. Viele Kirchen, die nach dem Zweiten Weltkrieg erbaut worden sind, erscheinen heute überdimensioniert – aber in den 1950er- und 1960er-Jahren war auch eine besondere Blütezeit der Kirche, wie Statistiken zeigen. Was sich aus Sicht mancher Pfarren besonders bewährt hat, ist die räumliche Verbindung des Pfarrzentrums mit der Kirche.

Auffallend ist natürlich auch die Verwendung neuer Materialien wie Glas, Eisen, Stahl und Beton sowie das Weglassen von Säulen. Das Zweite Vatikanische Konzil forderte „edle Einfachheit“ und „edle Schönheit“ statt „bloßen Aufwand“. Viele Freiheiten waren den Architekten gegeben.

Auch der bekannte Liturgiewissenschaftler Adolf Adam bekräftigt die konziliare Aussagen, wonach der Kirchenraum im Hinblick auf die Liturgie funktionsgerecht sein müsse, das heißt, „er muss ihre Feier optimal ermöglichen“. Weil die Eucharis-tie der wesentliche Teil der Liturgie ist, komme der Stellung des Altars eine besondere Bedeutung zu.

Die Vorgängerkirche der Stephansharter Kirche musste in den 1960er-Jahren aufgrund dramatischer Setzungen und Hangrutschungen gesprengt werden. Die neue, 1959 geweihte Kirche war zu diesem Zeitpunkt schon fertig und war mit viel Fleiß und Einsatz der Freiwilligen in einem damals sehr modernen Stil errichtet worden, erinnert Pfarrer Gerhard Gruber.

Der Pfarrer von Bad Traunstein, der ebenfalls Gerhard Gruber heißt, kann auch von einem Kirchenneubau unter Verwendung älterer Teile berichten, der 1959 bis 1962 stattfand. In den letzten Jahrzehnten wurde oft versucht, den neuen theologischen Geist bei Kirchenumgestaltungen, -renovierungen oder -neubauten umzusetzen.

Herbert Reisinger, Leiter des Pfarrverbandes Enns-Donauwinkel, hat unterschiedlichste Kirchen in seinem Seel-sorgeraum. Von der romanischen Filialkirche in Rems über das neugotische Gotteshaus in St. Valentin bis hin zur modernen Kirche in Langenhart. Alte Kirchen seien oft sehr „gebetsgesättigt“, so Reisinger. Man spüre in diesen Mauern, wie sehr das Gebet alte Kirchen prägte. Bei neuen Kirchen sehe er z. B. positiv, dass er Sichtkontakt zu den Menschen habe ohne Säulen. Entscheidend sei, dass sich die Feiergemeinde wohl fühle und da bringe eine volle Kirche in Langenhart eine ganz tolle Atmosphäre. Große Kirchen wiederum seien manchmal abschreckend für kleine Gruppen, die etwa bei Taufen ein wenig verloren ganz vorne sitzen. Diesen sagt Pfarrer Reisinger: „Ihr habt eine ganze Kirche, die hinter euch steht.“

Kirchen mit Leben füllen

Reisinger erinnert auch an ein Zitat von Papst Paul II. im Jahr 1988 bei einem Österreich-Besuch: „Ihr tut gut daran, eure schönen alten Kirchen zu erhalten. Noch wichtiger ist es aber, diese Kirchen Sonntag für Sonntag mit Leben zu erfüllen. Noch wichtiger ist es, selbst Kirche zu sein: ein Bauwerk aus lebendigen Steinen.“

Während des Ersten Weltkrieges befand sich bei Gmünd ein Flüchtlingslager für Flüchtlinge, großteils Ruthenen (Ostslawen aus dem Habsburgerreich). Die katastrophale Wohnungsnot in Gmünd zwang viele Familien, in den Baracken zu wohnen und so entwickelte sich ein neuer Stadtteil. 1953 wurde die Notkirche durch die geräumige Herz-Jesu-Kirche abgelöst.

Gleich in zwei Pfarren mit modernen Kirchen wirkt Christoph Weiss: in Krems-St. Paul und Krems-Lerchenfeld. Weiss sagt, den Menschen sei eine Teilnahme am Geschehen im Gottesdienst wichtig, und das mit allen Sinnen. Daher seien bauliche Kriterien zentral, um möglichst alles zu hören und zu sehen. Weiters seien in St. Paul Familiengottesdienste recht ideal, wenngleich er sich manchmal Räumlichkeiten wünscht, die noch kindgerechter sind. Hochzeiten wiederum seien in der Pfarrkirche St. Paul nicht sonderlich beliebt, „die Brautpaare wünschen sich da lieber alte romanische oder barocke Kirchen als Ambiente“. Jeder Kirchenstil habe Vor- und Nachteile.

Die letzte Kirche, die in der Diözese geweiht wurde, war die Millenniums-kirche in Stattersdorf-Harland. Das pulsierende Pfarrleben und die rege Siedlungstätigkeit waren ausschlaggebend, dass der damalige Diözesanbischof Kurt Krenn dem Bau eines neuen Got-teshauses als Millenniums-Jubiläums-kirche „Auferstehung Christi“ zugestimmt hat und dieses am 17. September 2000 segnen konnte. Alleine die vielen theologischen Gedanken, die im Kirchenbau eingeschrieben sind, sind einen Besuch wert. Das trifft aber auf jedes Gotteshaus zu.

Autor:

Wolfgang Zarl aus Niederösterreich | Kirche bunt

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