Samt, Seide und Stickerei
Die Welt der liturgischen Gewänder

Rotes Messgewand (Rückseite), um 1500, Detailaufnahme (Apostel Petrus) | Foto: Museum am Dom
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  • Rotes Messgewand (Rückseite), um 1500, Detailaufnahme (Apostel Petrus)
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„Kirche bunt“ stellt besondere Stücke aus der Sammlung des ältesten diözesanen Museums Österreichs vor, des St. Pöltner Museums am Dom.

Das Museum am Dom St. Pölten verwahrt eine große Anzahl von Textilien, die im Gottesdienst verwendet werden. Die Sammlung reicht dabei von Messgewändern wie Kaseln, Pluviale oder Dalmatiken über Altarverkleidungen (sogenannte Antependien) bis hin zu Fahnen. Der Fachbegriff für Textilien, die man für die Liturgie benötigt, lautet „Paramente“, was „den Tisch vorbereiten“ bedeutet (hier: die Messfeier und den Altar vorbereiten).

Die heutige Form der Paramente entwickelte sich aus der Alltagskleidung der frühen Christinnen und Christen in Rom. Während sich diese Alltagskleidung später weiter veränderte (etwa durch die Übernahme der Hose von den Germanen), blieb die liturgische Kleidung im Wesentlichen gleich. Hauptschauseite historischer Paramente ist stets die Rückseite: Bis zur Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) zelebrierte der Priester mit dem Rücken zum Volk, daher ist diese Seite üblicherweise am prächtigsten gestaltet.

Rotes Messgewand (Rückseite), um 1500.  | Foto: Museum am Dom

Hauptschauseite historischer Messgewänder ist stets die Rückseite.

Das älteste Messgewand im Museum am Dom ist eine rote Kasel aus der Zeit um 1500. Sie wird bereits im ersten Museumsinventar aus dem Jahr 1893 erwähnt, über ihre Herkunft ist nichts bekannt. Sie besteht aus rotem Seidensamt mit Prägemotiven. An der Vorder- und Rückseite ist sie mit Seidenflachstickerei versehen und zeigt eine Kreuzigungsszene sowie verschiedene Heilige.
Eine Besonderheit im Bestand des Museums am Dom sind 14 Lederkaseln, die aus der Zeit um 1700 stammen. Leder kam vor allem im ländlichen Bereich als Ersatz für teure und schwer zu beschaffende Stoffe zum Einsatz. Das Grundmaterial wurde aufwändig geprägt und bemalt, sodass es auf den ersten Blick nicht von einem textilen Stoff zu unterscheiden ist.

Seit 2009 beherbergt das Museum am Dom einen Großteil der Kunstsammlung der Englischen Fräulein (Congregatio Jesu) St. Pölten. Dazu zählen auch viele kostbare barocke Paramente, die in der eigenen Paramentenwerkstatt der Englischen Fräulein hergestellt wurden. Die Paramente dieser Ordensfrauen zeichnet besonders die hohe Kunstfertigkeit in einer Vielfalt der unterschiedlichen Sticktechniken aus: Neben der sogenannten „Ripsbandtechnik“, bei der bunte Seidenbänder zu floralen Formen zusammengesetzt wurden, ist auch die „Schnürchentechnik“ ein Charakteristikum. Hierbei wurden zunächst dünne Luftmaschenschnüre gehäkelt und diese dann in verschiedenen Formen auf die Stoffe genäht. Bei der Herstellung der Luftmaschenschnüre soll teilweise auch Erzherzogin Maria Theresia mitgearbeitet haben, die eine enge Verbindung zu den Englischen Fräulein in St. Pölten hatte; ihre ehemalige Hofdame ist in den Konvent eingetreten, beide blieben lebenslang in freundschaftlicher Verbindung, was auch schriftlich bezeugt ist.

Ornat in Schnürchentechnik gearbeitet. | Foto: Museum am Dom

Zur Verherrlichung Gottes

Die Welt der liturgischen Gewänder ist äußerst vielfältig und im wahrsten Sinne des Wortes bunt. Durch kostbarste Materialien, die in höchster Präzision bis ins kleinste Detail bearbeitet und gestaltet werden, verleihen sie den Gottesdiensten eine ganz besondere Würde. Nicht nur das Kirchengebäude mit seinen Altären, Kunstwerken und liturgischen Gegenständen, sondern auch die Paramente dienen letztlich der Verherrlichung Gottes – was Sinn und Ziel jeglicher kirchlichen Kunst ist.

 

Fachbegriffe

Kasel – Obergewand des Priesters, entweder in Form einer Glocke oder einer Bassgeige mit weitem Armausschnitt
Dalmatik – Obergewand des Diakons in Form eines großen Hemdes
Pluviale – Umhang, ursprünglich mit Kapuze (lateinisch pluvia = Regen)
Stola – Stoffstreifen mit breiteren Enden, Priester tragen sie um den Hals gerade nach unten fallend (oder gekreuzt), Diakone diagonal über der linken Schulter

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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