Glaube und Brauchtum
Das Traismaurer Krippenspiel

Szenenbild der Heiligen Familie bei der Krippe. | Foto: Gotthard Klaus
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In vielen Pfarren in unserer Diözese wird am Heiligen Abend bei der Mette ein Krippenspiel aufgeführt. In Traismauer gibt es ein ganz besonderes Krippenspiel mit einer über 200-jähriger Tradition, das zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe erklärt wurde.

Das Krippenspiel, die szenische Darstellung der Weihnachtsgeschichte, wird schon seit Jahrhunderten gepflegt. Bereits im 10. Jahrhundert gab es das Krippenspiel am Altar um Maria, Josef und das Christuskind. Das erste im deutschsprachigen Raum bekannte und auch textlich überlieferte Dreikönigsspiel war das Freisinger Magierspiel, das in hundert lateinischen Versen die Ereignisse von der Geburt Christi bis zur Flucht nach Ägypten behandelte und wohl noch ohne szenische Ausgestaltung um 1080 in der Freisinger Domkirche uraufgeführt wurde.

Eines der letzten Stab­puppenspiele in Österreich

Aus diesen Wurzeln entstanden im 12. Jahrhundert die Weihnachtsspiele. Im ländlichen Raum in Österreich entwickelte sich später das sogenannte Stubenspiel: Da wurde in einer Stube zu Hause oder in einem Gastzimmer im Wirtshaus das Krippenspiel veranstaltet.

Ein solches Stubenspiel mit Stabpuppen wird heute noch in Traismauer gepflegt – es ist eines der letzten Stabpuppenspiele in Österreich. Gegründet wurde es um 1810 vom Traismaurer Handschuhmacher Ferdinand Scheibl. Seine ursprüngliche Textfassung und sein Liedgut sind, auch aufgrund einer Aufzeichnung im frühen 20. Jahrhundert, erhalten und werden bis heute – mit moderaten Anpassungen – bei der rund einstündigen Darbietung verwendet.

Volksliedforscher rettete das Traismauer Krippenspiel

Bei den Aufführungen kommen 42 hölzerne Figuren zum Einsatz und bis zu 30 Personen sind daran beteiligt: Zwei bis vier Puppenspieler, Solis­ten, Musikanten, ein Moderator und ein Regisseur sowie der Gesangsverein Traismauer, der sich seit 1957 federführend um das Traismaurer Krippenspiels verdient macht und für die Organisation und das Betreiben des Krippenspiels verantwortlich zeichnet.

Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs war das Krippenspiel im Familienbesitz. Der letzte Spross der Familie Scheibl, der Gemeindediener Ludwig Scheibl, wollte das Krippenspiel vernichten, damit es nach seinem Tod nicht „zum Gespött der Kinder“ werde, berichtet der Obmann des Gesangsvereins Traismauer, Gotthard Klaus, in Unterlagen. Dass das Krippenspiel letztlich erhalten blieb, ist dem Volksliedforscher Raimund Zoder zu verdanken. Er hörte vom Vorhandensein des Krippenspiels, gewann Ludwig Scheibls Vertrauen und zeich­nete nach dessen Angaben das Krippenspiel im Jahr 1920 auf.

Verboten in den Kriegsjahren

1922 überließ Ludwig Scheibl das Krippenspiel dem Heimatmuseum im Schloss Traismauer. Dort befindet es sich bis heute. Weil die Anlage derart brüchig geworden war, wurden 1932 neue Holzfiguren nach dem Vorbild der alten – die aus Wachs angefertigt waren – angeschafft.

In den Kriegsjahren von 1938 bis 1945 war das Traismaurer Krippenspiel verboten – später geriet es in Vergessenheit. Erst 1957 fand Johann Stiedl die Figuren und die Bühne des Krippenspiels in einer vergessenen Kiste. Der Traismaurer Museumsverein und der Gesangsverein führten das Spiel im Advent 1958 erstmals wieder auf.

Das Traismaurer Krippenspiel besteht aus neun Szenen und 28 Liedern. Ferdinand Scheibl verwendete für die Texte und das Liedgut biblische und apokryphe Vorlagen und Volkslieder. Während die ersten sieben Szenen
religiöser Natur sind, werden in den letzten zwei Szenen Volkstypen beleuchtet, die 1810 in Traismauer existierten. So tragen in der letzten Szene Handwerker und Gewerbetreibende, wie es sie damals in Traismauer gab, ihre Lieder vor.

Immaterielles UNESCO-Kulturerbe

Die besondere Bedeutung des Traismaurer Krippenspiels wird auch durch die Tatsache verdeutlicht, dass es im Vorjahr in das Verzeichnis des immateriellen UNESCO-Kulturerbes aufgenommen wurde. Diese Wertschätzung freut die Veranstalter, doch die wohl wichtigere „Auszeichnung“ kommt durch das Publikum. Denn die alljährlichen, sehr professionell veranstalteten Aufführungen mit den besonderen Stabpuppen, dem stimmungsvollen Liedgut und den stimmigen Texten entzücken Groß und Klein, Alt und Jung. Sie zeichnen die Aufführung stets mit begeistertem Applaus aus.

Autor:

Sonja Planitzer aus Niederösterreich | Kirche bunt

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