Artikel und Österreich-Bericht
Synode: Österreich-Bericht mit Überraschungen
Die Rückmeldungen aus den österreichischen Diözesen priorisieren klar drei Themen: Die Stellung der Frau in der Kirche, die missionarische Ausrichtung der Kirche und mehr innerkirchliche Partizipation.
Im Herbst geht es in Rom in die zweite Runde der Weltsynode rund um das Thema Synodalität. Der Synodenbericht von der ersten Vollversammlung der Bischofssynode im Oktober des Vorjahres bildet gemeinsam mit den jetzt abgegebenen Berichten aus allen Diözesen auf der ganzen Welt die Basis für das noch im Vatikan zu erarbeitende Arbeitsdokument „Instrumentum Laboris“ – dieses bildet den inhaltlichen Ausgangspunkt für die zweite und abschließende Vollversammlung.
Das jetzt vorliegende Papier benennt auf acht Seiten insgesamt 14 Themenfelder. Die Reihung und Priorisierung ergibt sich aus der „Häufigkeit“ der Rückmeldungen und der „Repräsentativität“ der bearbeitenden Gruppe für die vertretenen Personengruppen, „wobei in der Gewichtung den diözesanen Beiträgen Vorrang gegeben wurde“, wie es dazu einleitend heißt.
Starkes Votum für Frauendiakonat
Höchste Priorität hat im Österreich-Bericht der Themenbereich „Frauen im Leben und in der Sendung der Kirche“. Wörtlich heißt es im Bericht: „Herausragende Bedeutung für ein glaubwürdiges Kirche-Sein in der Mission kommt in den Rückmeldungen der ‚Frauenfrage‘ zu.“ Zwar gebe es in der österreichischen Kirche gute Erfahrungen mit Frauen in kirchlichen Leitungspositionen, was aber nur als Teilantwort erscheine. Beklagt werde weiterhin ein „enormer Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche und im Zusammenhang damit auch eine massive Gefährdung ihrer Sendung, solange diese Frage nicht (umfassend) zufriedenstellend gelöst ist“.
„Es gibt ein starkes Votum, getragen von Mehrheiten in den Diözesen, für die Zulassung von Frauen zum Diakonat.“
Wie eine Lösung aussehen könnte, macht der Österreich-Bericht wie folgt deutlich: „Während das Frauenpriestertum vereinzelt angesprochen wird, gibt es ein starkes Votum, getragen von Mehrheiten in den Diözesen, für die Zulassung von Frauen zum Diakonat.“ Die dafür angeführten Argumente beziehen sich sowohl auf die Bibel als auch auf Lehraussagen beim Zweiten Vatikanischen Konzil. Resümierend heißt es: „Auf der Basis einer theologisch fundierten Grundsatzentscheidung könnte es eine entsprechende Anpassung des Kirchenrechts geben. In der Folge könnten die von Frauen erfahrenen Berufungen gesehen und geprüft, Ausbildungen angeboten und Frauen in den Ortskirchen zum sakramentalen Diakonat geweiht werden.“
„Kirche ist Mission“
Die zweithöchste Wichtigkeit wird im Österreich-Bericht dem Thema „Kirche ist Mission“ beigemessen. U. a. heißt es: „Generell zeigt sich, dass die Kirche in Österreich Mission neu lernt und lernen muss.“ Schlüsselbegriffe für eine missionarische Haltung seien Dialog, Praxis und Inkulturation. Gefordert seien missionarische „Qualitäten“, wie „der Mut zum Zeugnis, die persönliche Glaubwürdigkeit wie auch die Fähigkeit, Menschen wertschätzend zuzuhören und auf ihre Bedürfnisse einzugehen – insbesondere in Bezug auf kritische Menschen oder in Konflikten“.
Gleichwertige Mitgestaltung
Als vordringlich für die Glaubwürdigkeit einer synodalen Kirche wird „das Miteinander von Priestern und Laien und die gleichwertige Mitgestaltung des kirchlichen Lebens“ gesehen. Diese Thematik steht an dritter Stelle der Prioritätenliste und betrifft die kirchlichen Strukturen. „Geweihte und Nichtgeweihte (sollen) in die Entscheidungen auf allen Ebenen der Kirche eingebunden werden“, ist zu lesen. Entwickelt werden müsse „eine Kultur der echten Mitentscheidung, nicht nur der Beratung oder Beteiligung an der Entscheidungsfindung“. Es brauche u. a. transparente Entscheidungsvorgänge und die Rechenschaftspflicht funktionierender Gremien nach innen und nach außen. Nachlesbar ist der Bericht auf www.kirchebunt.at
Österreich-Bericht zur Vorbereitung des Instrumentum
Laboris für die zweite Synodenversammlung im Oktober 2024
1 Zu diesem Bericht
Die vertiefende Auseinandersetzung mit dem Synthese-Bericht der Weltsynode (SB) im Herbst 2023 erfolgte in Österreich auf zwei Wegen. Zum einen wurden die Diözesen eingeladen, zumindest ein Thema der Synthese auszuwählen und dieses mittels der Leitfrage "Wie können wir eine synodale Kirche in der Mission sein?" unter Beiziehung von Expert/innen aus der pastoralen Praxis, der Theologie, dem Kirchenrecht und der Human- und Sozialwissenschaften zu bearbeiten. Dies geschah in den teilnehmenden Diözesen in unterschiedlichen Kreisen: im Pastoral- und Diözesanrat, Vikariatsrat, Priesterrat, Priesterseminar, in der Caritas, in Frauennetzwerken und -kommissionen, Berufsgruppenvertretungen, Bereichen pastoraler Dienste und Schulämtern sowie der Österreichischen Ordenskonferenz und einem diözesanen Pastoraltag. In vielen Diözesen wurde mehr als ein Thema bearbeitet. Zum anderen wurde der Synthese-Bericht in zehn Abschnitte unterteilt. Jeder Textabschnitt wurde einem Bischof anvertraut und mit ausgewählten Repräsentant/innen kirchlicher Organisationen und Fachexpert/innen vertieft. Eine Mehrheit der Beteiligten arbeitete mit der Methode der "Konversation im Geist". Der folgende Bericht präsentiert die in den Eingaben bearbeiteten Themen entlang folgender Kriterien: a) Häufigkeit der Thematik; b) Repräsentativität der bearbeitenden Gruppe für die vertretenen Personengruppen, wobei in der Gewichtung den diözesanen Beiträgen Vorrang gegeben wurde. Die Darstellung erfolgt daher nicht entlang der Kapitel des Synthese-Berichts, sondern dokumentiert die Schwerpunktsetzungen der in Österreich Beteiligten.
2 Frauen im Leben und in der Sendung der Kirche (SB 9)
Herausragende Bedeutung für ein glaubwürdiges Kirche-Sein in der Mission kommt in den Rückmeldungen der "Frauenfrage" zu. Hier gibt es in der österreichischen Kirche gute Erfahrungen mit Frauen in kirchlichen Leitungspositionen, was aber nur als Teilantwort erscheint. Beklagt wird ein enormer Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche und im Zusammenhang damit auch eine massive Gefährdung ihrer Sendung, solange diese Frage nicht (umfassend) zufriedenstellend gelöst ist.
Während das Frauenpriestertum vereinzelt angesprochen wird, gibt es ein starkes Votum, getragen von Mehrheiten in den Diözesen (inklusive Diözesanleitungen, Linzer Diakone), für die Zulassung von Frauen zum Diakonat. Argumentiert wird, "dass der Sendungsauftrag der Kirche hinein in unsere Welt verdunkelt und mitunter verunmöglicht wird, weil Frauen gegenwärtig nicht durch die Weihe sakramental gestärkt darstellen können, was sie leben. Wie die frühchristliche Gemeinde in Apg 6 erkannte, dass es einen für die Sendung der Kirche notwendigen (neuen) Dienst braucht, erkennen wir heute, dass es die Öffnung dieses durch Handauflegung sakramental übertragenen Dienstes für Frauen braucht, damit die Kirche im 21. Jahrhundert ihren Sendungsauftrag angemessen erfüllen kann. Wer im Weinberg des Herrn arbeitet, braucht auch das Rüstzeug für das sakramentale Handeln dazu."
Die Öffnung des Diakonats für Frauen wird in doppelter Weise in der Linie des Zweiten Vatikanums gesehen: Einerseits, weil dieses "den Einsatz für die Gleichberechtigung der Frauen auch innerhalb der Kirche als ein 'Zeichen der Zeit' [benannte], das, theologisch reflektiert, zu Entscheidungen über die Berufung zum Weiheamt führen muss (vgl. Gaudium et Spes 8, 9, 29, 52)." Andererseits wurde in LG 28 und 29 die alte kirchliche Bedeutung des Diakonates als Dienstamt fortgeschrieben. Da dieser Dienst heute inhaltlich bereits von Frauen und Männern wahrgenommen wird, sei es "an der Zeit, dies auch amtstheologisch und sakramententheologisch zu würdigen und das ständige Diakonat innerhalb des einen Ordo für Frauen und Männer zu öffnen." Auf der Basis einer theologisch fundierten Grundsatzentscheidung könnte es eine entsprechende Anpassung des Kirchenrechts geben. In der Folge könnten die von Frauen erfahrenen Berufungen gesehen und geprüft, Ausbildungen angeboten und Frauen in den Ortskirchen zum sakramentalen Diakonat geweiht werden.
Ein solcher Schritt könnte auch dem weltweiten Einsatz der Kirche gegen Armut und Diskriminierung von Frauen zugutekommen, stünde diese dadurch doch weniger im Verdacht, durch ihre Strukturen selbst für die Benachteiligung und Diskriminierung von Frauen mitverantwortlich zu sein. Damit würde auch dieser als wichtig angesehene Bereich ihrer Mission Stärkung und einen Gewinn an Glaubwürdigkeit erfahren.
3 Kirche ist Mission (SB 8)
Mission wird als Dialog verstanden: Die Kirche eröffnet den Menschen Räume, in denen sie sich über den Glauben austauschen. Mission bedeutet, in den Lebensräumen der Menschen präsent zu sein und das Leben mit ihnen zu teilen. Mission ist Praxis, d.h. am Reich Gottes mitzubauen und sich insbes. den Menschen außerhalb der Kirche und am Rand der Gesellschaft zuzuwenden. Mission benötigt Inkulturation, d.h. kulturell anschlussfähige Formen. Diesbezüglich wird angemerkt, dass SB 8 der Situation im deutschsprachigen Raum nicht immer entspricht. Mission wird als "Kirche-Werdung" verstanden - wenn sie als einladende Kirche inklusiv ist, d.h. niemanden ausschließt und sich für verschiedene gesellschaftliche Gruppen öffnet. Die Fokussierung auf die Familie als zentrales Subjekt der Sendung als "Rückgrat der Kirche" wird kritisch gesehen, weil im deutschsprachigen Raum nicht mehr ausschließlich Familien ("Hauskirche") die Kirche tragen, sondern transfamiliale Gemeinschaften und Gemeinden zunehmend stärker die Sendung der Kirche verwirklichen.
Hervorgehoben wird, dass dank der Taufgnade alle Gläubigen zur Mission berufen sind: "Jede/r Christ/in ist eine Sendung". Zugleich wird die Klärung der spezifischen Berufung der Priester bei der Mission vermisst. Priester können z.B. daran erinnern, dass das Gebet Voraussetzung für die Mission ist und Gemeinschaften bilden, unterstützen und für ihren Dienst stärken. Auch die "Qualitäten" missionarischer Christ/innen werden ausführlich beschrieben: der Mut zum Zeugnis, die persönliche Glaubwürdigkeit wie auch die Fähigkeit, Menschen wertschätzend zuzuhören und auf ihre Bedürfnisse einzugehen - insbesondere in Bezug auf kritische Menschen oder in Konflikten. Auch die Kompetenz zur geistlichen Begleitung wird wichtiger. Bildung gilt als elementar: die Bereitschaft zur Haltungsveränderung, der Erwerb "kommunikativer Soft-Skills", vor allem die persönliche Vertiefung der eigenen Spiritualität in Verbindung mit der Neu/Wiederentdeckung der Quellen des christlichen Glaubens. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Erwerb einer verständlichen Sprache.
Schließlich wird auf die strukturellen Rahmenbedingungen der Mission verwiesen, d.h. dass angesichts von Priestermangel Laien in der Mission in Österreich bereits eine wichtige Rolle spielen. Seelsorgeteams sowie überschaubare Gruppen sind deshalb hilfreich bei der Mission. Die Zusammenarbeit zwischen Priestern und Laien wird explizit gewünscht. Laien benötigen für den Verkündigungsdienst eine entsprechende Ausbildung, auch die Laienpredigt wird angedacht. Eine gewisse Skepsis herrscht gegenüber der Schaffung neuer Ämter, da dadurch der Beitrag des alltäglichen Christ-seins eingeengt werden könnte. Generell zeigt sich, dass die Kirche in Österreich Mission neu lernt und lernen muss.
4 Partizipative Gremien (SB 18)
Diözesane Gremien haben sich in den österreichischen Diözesen historisch unterschiedlich entwickelt und sind unterschiedlich aufgestellt. Eine zentrale Herausforderung für viele kirchlichen Gremien besteht darin, Monokulturen aufzubrechen und verschiedene Milieus, Altersgruppen, Lebensformen und Glaubenszugänge zu beteiligen und so sichtbar und wahrnehmbar zu einer inklusiven Kirche zu werden. Dabei ist durchaus bewusst, dass divers zusammengesetzte sowie zahlenmäßig große Gremien mehr Energie, eine umso professionellere Sitzungsvorbereitung und -leitung, sowie Klarheit und Transparenz im Blick auf Kommunikation, Abläufe und Entscheidungen benötigen. Doch wird das Miteinander von Priestern und Laien und die gleichwertige Mitgestaltung des kirchlichen Lebens als vordringlich für die Glaubwürdigkeit einer synodalen Kirche gesehen. "Geweihte und Nichtgeweihte [sollen] in die Entscheidungen auf allen Ebenen der Kirche eingebunden werden", "entwickelt werden muss eine Kultur der echten Mitentscheidung, nicht nur der Beratung oder Beteiligung an der Entscheidungsfindung". Denn verantwortungsvolles Führen in einer synodalen Kirche "bedingt Beteiligung und Zuhören; transparente Entscheidungsvorgänge; Gleichstellung aller Getauften unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft; Klarheit an Zuständigkeiten und nachvollziehbare Strukturen". Gut gelebt, können partizipative Gremien helfen, den "schweren Rucksack", den manche Gremienmitglieder zu tragen haben, leichter zu machen.
Betont werden auch die Rechenschaftspflicht funktionierender Gremien nach Innen und nach Außen, sowie Transparenz und Wahrhaftigkeit in Bezug auf diese Rechenschaftspflicht. Selbstreflexion und Selbstevaluierung unterstützen dabei, diesem Ideal zu entsprechen.
Auch wenn davon ausgegangen wird, dass die Spannung zwischen synodaler und hierarchischer Verfasstheit der Kirche letztlich bleiben wird, wird doch die Notwendigkeit betont, durch (neue) Formen und Strukturen der Zusammenarbeit diese Spannung fruchtbar werden zu lassen.
5 Diakone und Priester in einer synodalen Kirche (SB 11)
In den Stellungnahmen der beteiligten Kleriker zeigt sich der Wunsch zur "Teamarbeit" mit den Laien - auf der Basis der "gemeinsamen Taufgnade bei verschiedenen Charismen und Diensten". "Unbehagen" bereiten die Betonung des Reformbedarfes, die mit einem "Bruch" der Tradition verwechselt werden könnte, sowie der "Antiklerikalismus". Es wird vorgeschlagen, Priestern zu vermitteln, dass sie einen wesentlichen Dienst in der Kirche ausüben. Weiters benötigt der Begriff des "Klerikalismus" Präzisierung: z.B. wäre es wichtig, legitime und klerikalistische Machtausübung besser unterschieden werden. Das Miteinander von Klerus und Laien wird nicht immer gut verwirklicht, insbesondere mit Frauen. Kritisiert werden in intransparenten Zirkeln getroffene Entscheidungen von Klerikern.
Die Anforderungen an Priester heute verlangen nach neuen Formen der Ausübung des priesterlichen Dienstes. Empfohlen wird, die Weihezulassungen zu weiten sowie regionale Lösungen mit Probephasen anzudenken. Priester benötigen "geistliche Leadership" und Sensibilität für das Spannungsfeld zwischen Leitung und Partizipation. Es wird gewünscht, die Ausbildung zu individualisieren (inkl. Charismenorientierung), d.h. auf die unterschiedlichen Ausgangslagen einzugehen (Alter, Vorbildung, kulturelle Herkunft, etc.) und die einzelne Person (psychologisch) bei der Förderung von Selbststand und Gemeinschaftsfähigkeit zu stärken und in den Dienstcharakter des Amtes einzuüben. Eine differenzierte Balance zwischen individueller Ausbildung, Einbettung in Gemeinschaft und pfarrlichem Einsatz in kleinen Ausbildungsgruppen und mit Hausleitungen mit hoher Führungs- und Begleitungsqualität (auch Frauen) erscheint als ebenso wünschenswert wie die Kooperation mit Laien in pastoralen Berufen und die Ermöglichung weltkirchlicher Erfahrungen.
Es wäre notwendig, den Zölibat als einen "letzten Rest christlicher Radikalität" besser vorzubereiten, zu begleiten und in verschiedene Formen des Gemeinschaftslebens einzubetten. Angedacht wird auch ein Zölibat "auf Zeit". Ein nicht geglücktes zölibatäres Leben kann auch Krankheiten zur Folge haben. Der Umgang mit "Priestern ohne Amt" gehört bezüglich der Versorgungspflicht oder eines erneuten Einsatzes von laisierten Priestern nach dem Tod der Gattin oder einer Scheidung überdacht.
Der Diakonat benötigt ein klareres Rollenprofil, da die österreichische Spezialität von Pastoralassistent/innen bereits jetzt zu Unklarheiten führt und durch die Einführung neuer Dienste die Rollen weiter verschwimmen würden. Explizit herausgestellt wird die Rolle des Diakons als "Seismograph", "Brückenbauer" und "Engagierter" in sozialen Themenfeldern, insbes. sein Dienst an den Armen. Das Sakrament der Krankensalbung sollte allen Krankenseelsorger/innen für Kranke offenstehen. Es wäre sinnvoll, die Problematik des Ehehindernisses für ständige Diakone im Fall des Todes der Gattin und einer erneuten Eheschließung sollte beim Dikasterium für den Klerus zu bearbeiten.
6 Ein synodaler Ansatz für die (Aus)Bildung (SB 14)
Die Themen Bildung und Ausbildung ziehen sich wie ein roter Faden durch viele Eingaben. Einen synodalen Ansatz in der Bildung zu verfolgen, heißt zunächst, ganzheitlich-menschliche Bildung anzubieten und so (lebenslanges) Wachstum und Entfaltung des ganzen Menschen zu fördern. Dazu zählt spirituelle und Glaubensbildung ebenso wie Bildung in anderen Bereichen. Es ist eine Kunst, die "Menschen dort abzuholen, wo sie stehen" und sie in der Entwicklung ihrer einzigartigen Persönlichkeit zu begleiten. Dazu ist es notwendig, zuerst hinzuhören, dann aber auch eine lebensnahe Sprache zu pflegen. Eine Brückenfunktion und spezielle Verantwortung kommt hier kirchlichen Bildungseinrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Hochschulen, Universitäten und Bildungshäusern zu. Mit ihrem Anspruch, der Verkürzung von Bildung auf rein funktionalistische Interessen der Ausbildung eine Alternative entgegenzusetzen, sind sie für viele attraktiv und erleben auch in einer Zeit, in der zahlreiche andere kirchliche Einrichtungen mit schwindendem Interesse zu kämpfen haben, regen Zuspruch. Diesen gilt es im Sinne eines synodalen Bildungsverständnisses zu nutzen und damit verantwortungsbewusst umzugehen.
Besonderes Augenmerk wird auf die Aus- und ständige Fortbildung für Priester und andere pastorale Berufsgruppen gelegt. Hingewiesen wird auf die Bedeutung einer ganzheitlich-menschlichen Bildung als zentralen Bestandteil der Grundausbildung. Regelmäßige, nach Möglichkeit auch gemeinsame Fort- und Weiterbildung wird als Notwendigkeit und Verpflichtung für alle in der Pastoral Tätigen angesehen. Darüber hinaus wird eine angemessene strukturelle Verankerung des Anliegens eines qualitativen Umgangs mit anderen Religionen angeregt - durch religionswissenschaftliche Grundkenntnisse, Begegnung und Dialog sowie theologische Reflexion.
Der Ausbau einer Grundschulung für Menschen wird empfohlen, die in der Kirche oder in Schulen in kirchlicher Trägerschaft arbeiten, dem Glauben aber eigentlich fernstehen.
7 Eintritt in die Gemeinschaft des Glaubens: Christliche Initiation (SB 3)
Dem Thema Sprache und Liturgie wird im Kontext von SB 3 größere Aufmerksamkeit gewidmet, denn je nach Qualität und Gestaltung erleichtern oder erschweren sie den Zugang zur Kirche. Um eine qualitätsvolle Liturgie zu sichern, werden ein konkreter Kriterienkatalog und klare Feedback-Strukturen angeregt. Hingewiesen wird auf die große Bedeutung der Sprache: kommunikative Soft-Skills und eine verständliche und qualitätsvolle Sprache sind unverzichtbar, insbesondere auch im Blick auf die Priester. "Nur durch Sprache geht das Wort zu Herzen und kann etwas auslösen." Liturgie soll möglichst anschlussfähig das Mitfeiern ermöglichen; gleichzeitig bedarf es der "Mystagogie", der bewussten Einführung in das Geheimnis. Die Vielfalt liturgischer Formen kann als Reichtum gepflegt werden.
Besonders hervorgehoben wird auch die Bedeutung des Segens: "Es ist ein großes Kapital und ein großes Potenzial der Kirche, dass sie Segen in einer qualitätsvollen Form spenden kann" - nicht nur, aber auch dort, wo Eltern sich nicht mehr die Taufe, aber Segen für ihr Kind wünschen. Wo Kinder und (in kleinem, aber wachsendem Ausmaß) Erwachsene getauft werden, gilt es den "begleitenden Teil" (Eltern, Patinnen und Paten, Pfarrgemeinde) im (über die Taufe hinausgehenden) Initiationsprozess gut mitzubedenken und zu stützen.
8 Der Bischof in der kirchlichen Gemeinschaft (SB 12)
Angesichts der hohen Erwartungen an das Bischofsamt werden einige derzeit besonders relevante Aspekte hervorgehoben. Als sichtbares Zeichen der Einheit kann der Bischof wie ein "Verflechter" die Einheit der Weggemeinschaft fördern, diese begleiten und ihr Orientierung gebend vorangehen, damit das Ziel im Blick bleibt. Zugleich ist die Vielfalt der Personen, Gruppen und Sichtweisen inklusiv zu fördern, zu verwalten und einzubeziehen, insbesondere die Schwächeren. Der Bischof, "Jesus gleichsam über die Schulter schauend", ist "Knotenpunkt" in einer "dynamischen Netzwerkstruktur". Er wahrt die Tradition und fördert zugleich Innovation. Vor allem sorgt er für "Zwischenräume" für Gottes Wirken und weckt bzw. hält die Frage nach Gott wach.
Zur Erfüllung dieser Aufgaben bedarf es einer klaren, mutigen und entschiedenen "Leadership". Zugleich ist der Umgang mit Macht zu prüfen: u.a. durch Bereitschaft zur Selbstrelativierung, Förderung von Mitverantwortung, Transparenz und Evaluierung von Entscheidungen, zum Weiterlernen und Zuhören. Notwendig ist auch eine kirchenrechtliche Stärkung der Partizipation (insbesondere der Laien): die "Beispruchsrechte" könnten gesamtkirchlich ausgebaut sowie eine Verpflichtung zu synodalen Gremien formuliert werden. Vorgeschlagen wird, den Modus bischöflicher Entscheidungen - insbesondere, wenn diese nicht vorausgegangenen Beratungen folgen - hinsichtlich seiner Transparenz zu überdenken.
Es wird als wichtig erachtet, die Rolle der Bischofskonferenzen sowie die Kollegialität national und weltkirchlich aufzuwerten und zu stärken: Bischofskonferenzen könnten z.B. bei der Suche nach Kandidaten für das Bischofsamt, bei der Bischofsernennung oder der Überprüfung bischöflichen Handelns mitwirken. Nicht zuletzt stellt sich die Frage: Ist das Lehramt synodal, also mit auf diesem Weg?
9 Die Armen, Protagonisten auf dem Weg der Kirche (SB 4)
In Österreich sind 15% der Bevölkerung armutsgefährdet, Frauen sind besonders betroffen. Die Armut hat überdies viele Gesichter: Beziehungs-Armut (Einsamkeit); mangelnder Zugang zu Wohnungen, Bildung und Versorgung. Alkohol- und suchtkranke Menschen, Menschen mit Behinderung, straffällig gewordene Menschen, geflüchtete Menschen und Menschen aus anderen Ländern sind von Armut betroffen. Spirituelle Unbehaustheit und Sprachlosigkeit in Bezug auf religiöse Erfahrungen oder den Umgang mit dem Tod sind Formen geistiger Armut.
Die Caritas setzt sich dafür ein, dass auf dem gemeinsamen Weg der Nächstenliebe niemand zurückgelassen wird. Der Kampf gegen Armut geht über das karitative Handeln hinaus und umfasst auch den Einsatz für (internationale) soziale und ökologische Gerechtigkeit. Caritas-Organisationen beziehen sich in ihrer Arbeit auf die katholische Soziallehre, insbes. auf Laudato Si' und Fratelli tutti. Sie sind von der Vision einer Zivilisation der Liebe, der Solidarität und der Gerechtigkeit getragen, in der die Würde jedes Menschen geachtet und aufrechterhalten wird, und jeder Mensch in Frieden und Freiheit als Teil der Menschheit ohne Ausgrenzung, Diskriminierung und entmenschlichende Armut leben kann und den besonders Schutzbedürftigen besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Als konkrete Aufgaben der Kirche werden u.a. das prophetische Anprangern von Unrecht und sozialen Missständen sowie die Stärkung von Gläubigen und Gemeinden genannt, die sich in Themen wie Migration, Globalisierung, Schöpfungsverantwortung einbringen. Man ist sich aber auch bewusst, dass die Kirche in Österreich selbst Lernbedarf hat: die Verantwortung für die Armutsbekämpfung darf nicht nur an die Caritas delegiert werden, der interne Umgang mit Geld sollte transparenter werden, die Thematik wäre als integraler Teil kirchlicher Bildungsprozesse zu implementieren. Das Bewusstsein für die Mitverantwortung für eine globale sozio-ökologische Transformation wie auch eine Sicht auf Arme als Protagonisten auf dem Weg der Kirche muss bei vielen Gläubigen erst noch geweckt werden.
10 Eine Kirche aus allen Stämmen, Völkern und Nationen (SB 5)
Eine synodale Kirche zu stärken bedeutet wesentlich auch, Kirche als Glaubens-, Solidar- und Lerngemeinschaft zu gestalten, "an die Ränder zu gehen und jene Teile der Gesellschaft anzusprechen und zu unterstützen, die zu den marginalisierten Gruppen zählen". Die österreichische Kirche kann dabei von und mit den Partnerdiözesen und -organisationen einiges lernen, z.B. den furchtlosen Einsatz für andere, das Sich-in-den-Dienst-Stellen für gesellschaftlich-politische Anliegen, die solidarische "Ausrichtung der internationalen Arbeit an den Bedürfnissen benachteiligter Bevölkerungsgruppen", das "Eintreten für Menschenwürde, die humane Entfaltung und die ganzheitliche Befreiung". "In der Lerngemeinschaft sollte es darum gehen, wie wir angesichts unterschiedlicher Kontexte und Herausforderungen voneinander lernen können, die vorrangige Option für die Armen zu leben." Voraussetzung dafür ist ein von Anerkennung und Wertschätzung bestehender Vielfalt getragener Dialog, der Anderssein nicht als Exotik sieht, sondern um Verstehen, Aushalten der Differenzen und Akzeptanz ohne Abwertung bemüht ist.
Konkret geübt wird dieser Dialog in Österreich u.a. in der "entwicklungspolitischen Weggemeinschaft", in einem universitären Programm zur Unterstützung von Frauen aus der Weltkirche beim Erwerb höherer theologischer Qualifikationen, im Kontakt mit Priestern und Ordensleuten aus der Weltkirche, die zugleich "als Bereicherung und Herausforderung" in den Diözesen erlebt werden, und nicht zuletzt auch in der Militärdiözese. Letztere hat sich in besonderer Weise mit SB 5 auseinandergesetzt, da sich im Österreichischen Bundesheer eine große gesellschaftliche Breite mit unterschiedlichsten kulturellen und religiösen Herkünften abbildet, und auch eine lange Tradition eines konfessionsübergreifenden Miteinanders existiert.
Als zentrale Elemente für ein gelingendes Miteinander über Weltanschauungs-, Religions- und Konfessionsgrenzen hinweg werden Wertschätzung, Respekt, Offenheit und Begegnung auf Augenhöhe genannt, aber auch das überzeugte Eintreten für den Wert des Eigenen und die konsistente Einheit von Reden und Tun. Hilfreich für das Bauen von Brücken in einer pluralen Gesellschaft erweisen sich zudem eine gemeinsame Sprache sowie das Engagement für eine gemeinsame Sache.
Exkurs: Interreligiöser Dialog
In Österreich gibt es jahrzehntelang bewährte Organisationen, Strukturen und Initiativen für den interreligiösen Dialog, inkl. des Bundesheeres als wichtigen Raum bekenntnisübergreifenden Lernens. Der Existenz anderer Religionen wird in vielen kirchlichen Bereichen jedoch nach wie vor mit exklusivistischem Überlegenheitsempfinden, undifferenzierter Relativierung oder faktischer Ignoranz begegnet. Sollen die synodalen Anliegen nicht nur feierliche Lippenbekenntnisse bleiben, sind konkrete Vorschläge dringend notwendig. Die Ausbildung zum interreligiösen Dialog muss strukturell verankert werden. Bei der wichtigen Rolle der katholischen Ostkirchen darf nicht übersehen werden, dass deren Erfahrungen mit Verfolgung und Gewalt mitunter auf Westeuropa übertragen werden. Die katholische Positionierung des interreligiösen Dialogs im Missions-Kontext wäre mit Blick auf die Außenwahrnehmung behutsamer zu formulieren. Auch der interreligiöse Dialog kann in ökumenischer Kooperation erfolgen. Gemeinsam könnten sich die Religionsgemeinschaften für den Frieden einsetzen und wach und aktiv der politischen Vereinnahmung von Religion widerstehen. Der öffentliche Umgang mit dem eigenen katholischen Bekenntnis - in Österreich eher zurückhaltend geübt - stellt im Rahmen kultureller Vielfalt eine Herausforderung dar: Hier bedarf es der Ermutigung zum aktiven Glaubenszeugnis.
11 Auf dem Weg zur christlichen Einheit (SB 7)
In Österreich gibt es auf der Ebene der Kirchenleitungen wie im gelebten kirchlichen Alltag (u.a. Krankenhaus-, Gefängnis-, Altenseelsorge, Bundesheer, Religionsunterricht, etc.) gut funktionierende Kooperationen und herzliche Verbundenheit zwischen den christlichen Konfessionen. Die Ökumene kann damit wesentliches Erfahrungswissen zur Sendung der Kirche beitragen: zum interkulturellen Zusammenleben, zum Ringen um Einheit in Vielfalt, zur symbolischen Kommunikation (z.B. bei geistlichen Feiern), zur Einübung von Solidarität, zum Umgang mit der Spannung zwischen Fremdheit und Identität im Verhältnis zu anderen, zur Konfliktkultur und zur Vertiefung des Verständnisses für die eigene Konfessionalität. Die Kirchentrennung wird dabei als Motivation erlebt, in der eigenen Überzeugungskraft zu wachsen und sich zugleich in Frage stellen zu lassen. Eine für die Zukunft des Christentums in Westeuropa entscheidende Herausforderung stellt die Frage dar, wie die christliche Botschaft und christliche Werte im interkonfessionellen Miteinander verkündet werden können. Mit Blick auf junge Menschen wäre es überdies wichtig, lebensrelevante und praktische Themen wie Klima- und Umweltschutz oder den Einsatz für Frieden in die Ökumene einzubringen. Von der Synode wünscht sich die Ökumenekommission sichtbare Zeichen wie die Übernahme des julianischen Osterdatums in Absprache mit anderen okzidentalen Kirchen sowie die Anerkennung und liturgische Verwendung des Nicäno-Konstantinopolitanums ohne filioque als Grundform des Glaubensbekenntnisses, wie sie in ökumenischen Gottesdiensten bereits verwendet wird. Es wird vorgeschlagen, für konfessionsverbindende Ehepaare eucharistische Gastfreundschaft zu ermöglichen. Neue kirchliche Initiativen sollten außerdem einer "Ökumeneverträglichkeitsprüfung" unterzogen werden.
12 Missionare in der digitalen Welt (SB 17)
Ausgehend von der Beobachtung, dass junge Menschen im SB zwar öfters vorkommen, diesen aber kein eigenes Kapitel gewidmet ist, erfolgte die Auseinandersetzung z.T. im Zusammenhang mit SB 17. Aus der Perspektive von Kindern und Jugendlichen wird der SB z.T. kritisch gesehen: die Sprache des Dokuments wird als elitär und eine theologische Grundausbildung voraussetzend charakterisiert, eine klare Zielsetzung wird ebenso vermisst wie die (ausführlichere) Benennung brennender Fragen und konkreter Lösungen oder Vorschläge. Daneben werden aber auch positive Aspekte betont, u.a. die Aufmerksamkeit für junge Menschen und das Thematisieren der Digitalisierung.
Im Blick auf letztere wird festgehalten, "dass der digitale Raum zum Leben der Menschen gehört und Menschen, besonders junge Menschen, sich wesentlich im digitalen Raum aufhalten" und Kirche deshalb in der digitalen Welt mehr Präsenz benötigt. Vorgeschlagen wird beispielsweise, ein Dach "Digitale Kirche Österreich" zu schaffen, "das unterstützt, vernetzt, professionalisiert, fördert etc." Im Blick auf die z.T. ethisch fragwürdig agierenden Social-Media-Plattformen wird angeregt, auf die Entstehung neuer, ethisch einwandfreier Plattformen hinzuwirken, zwischenzeitlich aber die Menschen dort anzusprechen, wo sie sich aufhalten. Darüber hinaus wird das Ziel der digitalen Pastoral im Aufbau und Aufrechterhalten von Beziehungen gesehen, die sich jedoch nicht auf den digitalen Raum beschränken, sondern über diesen hinausreichen sollen: "Der digitale Raum dient dabei einfach als ein Werkzeug."
Eine wichtige Anregung betrifft auch das Zur-Verfügung-Stellen von qualitativ hochwertigen Informationen im Netz: Da KI zunehmend Deutungen übernimmt, ist es bedeutsam, dass die Kirche hier entsprechendes Wissen im Netz zur Verfügung stellt, auf das die KI zugreifen kann.
13 Ordensgemeinschaften, gottgeweihtes Leben (SB 10)
Orden und Ordensleute, die im Synodenpapier als "charismatisches Zeichen" charakterisiert werden, erfahren in Österreich einerseits Unverständnis oder Überhöhung, andererseits aber "auch Beachtung und Interesse für ihr Engagement, ihre Standpunkte, Spiritualität und Lebensweise". Ihre unterschiedlichen spirituellen Profile können die Ortskirche bereichern. Angesichts kirchlicher und gesellschaftlicher Umbrüche erleben sie sich zugleich konfrontiert mit der Aufgabe, ihre Identität für heute neu zu entdecken. Dabei kommt dem Offenhalten der Frage nach der Transzendenz, nach dem, was über Alltägliches und Innerweltliches hinausgeht, zentrale Bedeutung zu, ebenso dem (auch über den kirchlichen Binnenraum hinaus inspirierenden) Leben in Gemeinschaften in einer Zeit der Individualisierung - mit allen damit verbundenen Herausforderungen und Chancen. So können Ordensgemeinschaften hoffnungsvolle Lernorte des Dialogs, des respektvollen Umgangs mit Verschiedenheiten und zunehmend auch der (als bereichernd und "bekehrend" erlebten) Zusammenarbeit zwischen Frauen und Männern sein. Angesichts der mitunter spannungsreichen Beziehungen zwischen Bischöfen und Ordensleuten wünschen sich letztere ein offenes Ins-Gespräch-Kommen über Fragen der (Gestaltungs-)Macht. Dabei sind sie überzeugt, dass die gesamte Kirche "von der Ordenskirche lernen kann, weil diese von Anfang an nicht nur männerzentriert und synodal ist".
14 Die Förderung der Synodalität der Theologie in der Sendung der Kirche
Auch wenn der Theologie in der Synthese kein eigenes Kapitel gewidmet ist, steht sie vor der Aufgabe, in der Sendung der Kirche synodaler zu werden. So besteht eine Herausforderung im Gestalten der Spannung zwischen dem Anspruch einer exakten Wissenschaft und der Verbindung mit Spiritualität und geistlicher Vertiefung. Theologie ist nicht nur abstrakt-intellektuelle Theorie, sondern auch existenztragendes Lebenswissen. Neben Orthodoxie und Orthopraxie fördert sie auch Orthopathos, d.h. rechte Affektivität. Im Dialog mit der pastoralen Realität und der Weltkirche, mit Gesellschaft und Politik, anderen Wissenschaften und Religionen und internationalen Theologien könnte sie durch mehr Inter- und Transdisziplinarität attraktiver werden. Dabei hat sie Dienstcharakter. Dazu muss auch sie besser zuhören lernen sowie andockfähig und ergänzungsbedürftig sein. Dies gilt freilich auch für das kirchliche Lehramt: Wie geht dieses z.B. mit irritierenden theologischen Erkenntnissen um?
Auch das Studium der Theologie ist ein Raum der Einübung in Synodalität und kann dafür Kommunikationsräume eröffnen, wie auch Studierende beim Hinausgehen in den gesellschaftlichen, internationalen und weltkirchlichen Raum unterstützen. Das Studium sollte offen sein für verschiedene biographische Zugänge, multiperspektivisches Denken fördern und Ästhetik und Kunst mehr Raum geben. Krisenhafte Zeiten benötigen ein Mehr an theologischer Bildung, keine Minimierung.
Zu einem Kulturwandel der Kirche und der Theologie gehören überdies die Förderung von und Toleranz gegenüber Pluralität, inkl. der Etablierung dafür nötiger Strukturen. Die Spannung zwischen Hierarchie und Synodalität wäre vertieft theologisch zu reflektieren. Offen ist z.B. die Frage, wie man vom Hören zum synodalen Unter- und Entscheiden kommt. In Bezug auf kirchliche Entscheidungen gibt es in Österreich bei vielen engagierten Theolog/innen und Studierenden Frustration. Kritisch wird die bisherige Rolle der Theologie im Synodalen Prozess betrachtet. Obwohl die Hochachtung vor dem logos Christi zur Wertschätzung theologischer Vernunft verpflichtet, hat sie bisher eine eher geringe Rolle gespielt. Welchen strukturellen Ort hat die Theologie? Und welche Theologien werden gehört? Mit ihren "Erinnerungskulturen" kann die Theologie z.B. daran erinnern, dass Synodalität seit jeher das Instrument der Kirche zur Klärung von Konflikten war.
Ausblick
Insgesamt zeigt die vertiefende Auseinandersetzung verschiedener Teile der österreichischen Kirche, dass der Synodale Prozess in Österreich angekommen ist und von vielen mit Dankbarkeit und Engagement aufgegriffen wird. Die Kirche in Österreich steht hier freilich am Beginn eines Weges: in den nächsten Jahren wird in verschiedensten Bereichen und auf allen Ebenen zu lernen sein, dass Synodalität kein Sonderthema ist, das mit der zweiten Synodenversammlung im Oktober 2024 wieder ad acta gelegt werden kann, sondern einen tatsächlichen Kulturwandel impliziert - ganz im Sinne des Schlusssatzes der Eingabe der österreichischen Ordenskonferenz: "Der eigentliche Gewinn der Synode ist vermutlich die Methode (und Haltung) selbst: das angstfreie und raum-gebende Sprechen und das Zuhören. Es bewährt und bewahrheitet sich immer neu und ermöglicht Neues."
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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