Nach der Sintflut
Rückblick in Hochwasser-geschädigte Pfarren

Hochwasser vor der Pfarrkirche Plank | Foto: Helene Fritz
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Das Hochwasser traf viele Pfarrgemeinden. Abgesagte Jubiläumsfeiern, Pfarrfeste und Wallfahrten sowie Erntedankgottesdienste in kleinem Rahmen – das war alles verkraftbar. Es ging darum, Menschenleben sowie Hab und Gut zu retten und zu schützen. Die Nachbarschaftshilfe und das Miteinander wurden großgeschrieben, berichten viele.

In allen Stellungnahmen wurde besonders geklagt, dass es fünf Todesopfer in Niederösterreich gab. Das ist für alle das Schlimmste bei der Katastrophe.

„Beim Gottesdienst wurde dazu aufgerufen, im Feuerwehrhaus zu helfen, um Sandsäcke zu füllen“, berichtet Johannes Kritzl – zuständig für die pastoralen Berufe in der Diözese und in Loosdorf wohnend – in einer der am schlimmsten betroffenen Orte. Es waren fast apokalyptische Szenen, die sich innerhalb kurzer Zeit abspielten. Pfarrliche und persönliche Hilfe habe sich bald vermischt, man unterstützte sich, wo es nur ging, so Kritzl. Er habe treibendes Öl gesehen, war in einer Wohnung, die völlig verwüstet war, und bei einem Freund sei das Auto völlig zerstört worden.

Land unter

„Bei uns ist Land unter! Wir haben die Feuerwehr in Zwentendorf mit unseren Lebensmitteln unterstützt, was sehr geschätzt wurde“, berichtet Barbara Berger, Pastoralassistentin in Zwentendorf und Maria Ponsee. Für das „1010-Jahre-Fest Pfarre Zwentendorf“ wäre in der Volksschule schon alles für die Agape vorbereitet gewesen, doch es wurde abgesagt. Die Tische und Bänke dienten als Auffangquartier für die, die es schlimm erwischt hat.

Die Kirchen waren in beiden Pfarren nicht in Gefahr. Zwentendorf liegt auf einem Hügel und Ponsee ist auch etwas erhöht. Ponsee war zeitweise nicht erreichbar. Aber: Ort und Pfarre haben über die Jahrhunderte gelernt mit dem Donauhochwasser umzugehen. Heiligeneich, eine weitere Pfarre, wo Barbara Berger als Pastoralassistentin wirkt, war stark betroffen. In manchen Pfarrgegenden war die Lage lange schwierig. Man berät weitere Hilfsmaßnahmen seitens der genannten Pfarren.

Dramatische Momente erlebte auch Pfarrer Przemyslaw Kocjan. Er war mit dem Auto unterwegs zu einem Sonntagsgottesdienst, allerdings war ein Baum auf der Straße. Kocjan wendete und ein weiterer umgefallener Baum versperrte ihm den Rückweg zu seiner Heimatpfarre Weißenkirchen/Wachau. Der Priester zeigte sich sehr dankbar, dass ihn die Feuerwehr aus der misslichen Lage befreite, eine geplante Messe fiel aus. Er würdigte den ehrenamtlichen Dienst der Florianijünger und auch die Maßnahmen beim Hochwasserschutz seitens der Politik. In einer seiner anderen Pfarren, in St. Michael, stand der Friedhof unter Wasser.

Mit blauem Auge davongekommen

Ein anderer „Wachau-Pfarrer“, Franz Richter von Krems-St. Veit, zeigte sich erleichtert, dass der Hochwasserschutz für Krems zum Segen wurde. Außer in einigen Randgebieten habe es in seinem Pfarrgebiet kaum Schäden gegeben. Man fürchtete mehr durch den Sturm aufgewirbelte Dachschindeln der Kirche.

Trotz dramatischer Bilder konnte auch Hans Wurzer, Pfarrer von Hollenstein, Opponitz und St. Georgen/Reith mitteilen, dass die Schäden für die Bevölkerung überschaubar blieben. „Mit einem blauen Auge davongekommen ist auch Langenlois“, so Pastoralassistent Johannes Leitner. Der Ort mit den Pfarren Zöbing, Mittelberg, Lan-genlois, Gobelsburg und Schiltern galt als sehr gefährdet. Ähnlich antwortet Markus Ferstl, Pastoralassistent von Gars am Kamp. Es seien zwar Menschen zu evakuieren und Häuser auszupumpen gewesen, aber es hätte noch schlimmer kommen können. Die Kirche in Plank wurde vorsorglich teils geräumt. Das Pfarrfest am 29. September wurde abgesagt.

Verheerende Auswirkungen

Katastrophal war es im Gebiet des Pfarrverbands Böheimkirchen, Kirchstetten-Totzenbach, Maria Jeutendorf. Die erhöht liegenden Pfarrkirchen waren zwar nicht betroffen, aber die pfarrlichen Mitarbeiter hatten wie die Bevölkerung mit Wasser im Haus zu kämpfen. Die Pfarre Böheimkirchen richtete eine Wärmestube im Pfarrhof ein, die täglich von 8 bis 19 Uhr geöffnet ist, so Pfarrsekretärin Gabriele Bernhard.

Besonders schlimm getroffen hat es Pot-tenbrunn, es war ein Hotspot des Unwetters. Der Keller des Pfarrhofs stand unter Wasser, berichtet Pfarrer Sabinus Iweadighi. Selbiges galt für umliegende Pfarrgrundstücke. Er ermöglichte das Parken an einem höher gelegenen Pfarrgrundstück. „Alle halten zusammen, es ist ein unglaubliches Miteinander.“ Besonders beeindruckten ihn Feuerwehrmitglieder, die im Einsatz standen, obwohl bei ihnen selbst das Wasser im Haus stand. Ein Wohnviertel sei durch die Traisen geflutet worden, so Pfarrer Sabinus. Anfangs standen Menschenrettungen und Evakuierungen im Zentrum. Weiters war die Pfarre Haunoldstein von den massiven Überschwemmungen betroffen. Es wurden der Pfarrstadel, die Garage und alle Nebenräume im unteren Bereich, sowie der Pfarrgarten überflutet. In den Räumen stand das Wasser bis zu 1,70 Meter hoch. Schwerer Schaden entstand an den Kühl-, Gefrier-, Koch-, Spül- und Elektrogeräten.

Ordinariatskanzler Markus Heinz, Pfarrer von Pyhra, sagte, dass in seinem Pfarrgebiet „die Perschling ordentlich gewütet hat“. Es gab zahlreiche Evakuierungen, aber die Pfarrkirche ist nicht betroffen – weil sie erhöht liegt.
Die Kirche in Judenau hat es besonders getroffen, berichtet Dechant Gregor Slonka, der den Pfarrverband Sieghartskirchen leitet: „60 Zentimeter hoch stand das Wasser, in der Sakristei schwamm der Kelch!“ Gerade erst wurden die Kirchenbänke und die Heizung erneuert, jetzt wird großer Schaden etwa durch den Schlamm befürchtet. Derzeit müssen sich die Bewohner um ihre eigenen Häuser kümmern, daher hofft man für die Aufräumarbeiten auf Helfer auch aus anderen Orten. Die anderen Kirchen des Pfarrverbandes blieben trocken. Der Dechant besuchte Familien und sprach Mut zu.

In der Region Sieghartskirchen entwickelte sich die Kleine Tulln zu einem reißenden Fluss, damit hatte keiner gerechnet. Das viele Wasser reichte bis zu den Fenstern und im Ortszentrum sah man nur mehr die Autodächer. Auch Teile des Friedhofs von Sieghartskirchen wurden überflutet. Der Dechant will demnächst Treffen einberufen, um Maßnahmen der Pfarren zu beraten.

Stifte beeinträchtigt

Nachdem der Boden beim Eingang in die Basilika des Stifts Lilienfeld gebrochen ist, werden Konvent- und Abendmesse im Kapitelsaal des Stiftes Lilienfeld gefeiert, informierten die Zisterzienser. Das Stift Melk teilte mit, dass bis zur Beruhigung der Lage nur ein Notbetrieb geführt werden könne, da Mitarbeitende das Stift teils nur schwer erreichen konnten. Aufgrund der prekären Hochwasserlage gab das Stift Zwettl auf der Homepage bekannt, dass Besichtigungen ausfallen mussten und der Klosterladen geschlossen blieb.

Außer der Kirche in Judenau (Stand 17. September) waren kaum weitere betroffen, teilte Philipp Orange, Leiter der Abteilung Bau in der Diözese, mit. Das bestätigte auch Pater Alois Köberl, Pfarrer von Aggsbach-Dorf, für seine Pfarrkirche – das Gotteshaus hat lange unter den Schäden des Unwetters vom 18. Juli 2021 gelitten. Dafür wurden, so Orange, einige Pfarrhäuser in Mitleidenschaft gezogen.

Feuerwehren gewürdigt

Mehrere „Feuerwehr-Priester“ wie Herbert Reisinger standen selbst im Einsatz. Er half mit, in seinem Pfarrgebiet Schloss Rosenau Keller auszupumpen.

Landesfeuerwehrkurat P. Stephan Holpfer, Benediktiner in Stift Melk, war selber oftmals am Wochenende im Feuerwehrhaus seiner FF Bad Vöslau (Erzdiözese Wien) im Einsatz. Über 200 Einsätze galt es abzuarbeiten. Feuerwehrkuraten haben vielfach vor Ort mitgearbeitet, etwa beim Auspumpen von Kellern oder bei der Versorgung mit Lebensmitteln. Pater Holpfer dankt den Feuerwehrmitgliedern: „Sie stehen für Zusammenhalt, arbeiten ehrenamtlich und fragen nicht nach der Uhrzeit bei Einsätzen.“ Das Echo der Bevölkerung sei dementsprechend positiv. Der Landesfeuerwehrkurat verweist aber auch lobend darauf, dass Landesfeuerwehrkommando, Experten und Politik viel für den Katastrophenschutz – etwa Rückhaltebecken oder Hochwasserschutz – getan hätten.

Viele Pfarren beraten demnächst bezüglich Hilfsmaßnahmen, erst müssen sie sich einen Überblick über die Schadenslagen machen.


Abteilung Bau der Diözese informiert: Umgang bei Schadensfällen


Aus Anlass der derzeitigen Unwetter – hier die grundsätzliche Vorgehensweise bei Schadensfällen durch Naturereignisse für Pfarrgemeinden:

- Wenn erforderlich, Verständigung der Einsatzkräfte
- Sofortige, gut erkennbare Absperrung des unmittelbaren Gefahrenbereiches
- Ausführliche Foto- bzw. Videodokumentation des Schadens vor der Reparatur
- Übersendung einer Schadensmeldung an schaden@ecclesia.at, E-Mail in Kopie an bau@dsp.at
- Umgehende Beauftragung einer (örtlichen) Fachfirma zur schnellstmöglichen Umsetzung aller nötigen Notmaßnahmen
- Fotodokumentation des Zustandes nach der Reparatur
- Wenn erforderlich, Einholung eines Kostenvoranschlages für nötige weitere Arbeiten
- Akkordieren der weiteren Vorgehensweise mit der Abteilung Bau

Versicherungshandbuch der Diözese (bitte klicken)

Oder hier zum Download: Versicherungshandbuch der Diözese

Autor:

Wolfgang Zarl aus Niederösterreich | Kirche bunt

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