Bericht von P. Leopold Kropfreiter
Papst Franziskus mit Friedensbotschaft in Kasachstan

Gottesdienst am Expo-Gelände: Auf dem Foto ist auch Pater Leopold Kropfreiter zu sehen (5. v. l.). | Foto: Vatican Media/Romano Siciliani/KNA
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  • Gottesdienst am Expo-Gelände: Auf dem Foto ist auch Pater Leopold Kropfreiter zu sehen (5. v. l.).
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Seine 38. Auslandsreise führte Papst Franziskus vom 13. bis 15. September zum VII. Kongress der traditionellen Weltreligionen nach Kasachstan. Im Norden des Landes wirkt seit 2008 Pater Leopold Kropfreiter als Missionar – er stammt aus der Pfarre  Arbesbach und ist Priester der Gemeinschaft der Diener Jesu und Mariens. P. Leopold war aktiv bei der Vorbereitung und Durchführung des Papst-Besuches beteiligt und berichtet für „Kirche bunt“ exklusiv aus Kasachstan.

Die Tage vom 13. bis 15. September werden der Kirche in Kasachstan und zahllosen Menschen unseres Landes lange in Erinnerung bleiben. Immer wieder tauchte in den vergangenen Jahren das Gerücht auf, dass in nicht ferner Zukunft der Papst nach Kasachstan kommen werde. 2001 fand der historische Besuch von Johannes Paul II. in Kasachstan statt, der für das riesige postkommunistische Land, das gerade seine Unabhängigkeit erhalten hatte, von großer Bedeutung war. Nun schien ein weiterer Papstbesuch für viele Beobachter extrem unwahrscheinlich zu sein. Im Juli erreichte uns dann plötzlich die unerwartete Meldung: Der Papst wird wirklich nach Kasachstan kommen.

Intensive Vorbereitungszeit

Die Zielsetzung des Besuches war die Teilnahme des Papstes am VII. Kongress der Weltreligionen in Kasachstan. Ebenfalls sollte eine große Messe mit den Gläubigen und Menschen Kasachstans stattfinden und auch Zeit für ein Treffen mit den Ordensleuten und Priestern unseres Landes sein. Ich hatte die Freude, bei den Vorbereitungen mitwirken zu können, weil ich für die Liturgie zum großen Gottesdienst am 14. September mitverantwortlich war. Es war faszinierend zu erleben, mit welchem Enthusiasmus nicht nur die wenigen Katholiken Kasachstans sich auf den Besuch vorbereiteten, sondern auch die weltlichen Behörden des zu 75 Prozent muslimischen Landes. Die katholische Kirche in Kasachstan ist so klein, dass sie im öffentlichen Leben keine große Rolle spielt. Viele Kasachen lernten im Verlauf der Vorbereitungen die katholische Kirche überhaupt erst kennen. Auch die Medien mussten erst lernen, wer das eigentlich sind, die Katholiken? Unsere Bischöfe wurden u. a. auch gefragt, ob der Papst nach dem katholischen oder nach muslimischem Ritus die heilige Messe feiern werde. Sehr schnell aber waren die ersten Missverständnisse aus dem Weg geschafft und ein ausgezeichnetes gemeinsames Schaffen begann.
In der Hauptstadt Nur-Sultan, die kurz nach dem Papstbesuch wieder in Astana umbenannt wurde, bereiteten die Behörden mit großem Aufwand und einem Heer an Mitarbeitern die Visite vor. In den verschiedenen Bundesländern, die zum Teil extrem weit von der Hauptstadt entfernt sind, erhielten die Pilger von den Behörden einen detaillierten Katalog von Verhaltensnormen. Darin wurde u. a. darauf hingewiesen, dass man sich dezent, aber der Bedeutung des Anlasses angemessen kleiden müsse. Die Pilgergruppen reisten unter Polizeibegleitung in die Hauptstadt, wo sie dann von Bussen an das Messegelände gebracht wurden. Diejenigen, die nach der Papstmesse übernachten mussten, wurden in Hotels einquartiert, wo sie kostenlos untergebracht und verpflegt wurden.

Gemeinsamer Weg zum Frieden

Am 14. September wurde zunächst die VII. Versammlung der traditionellen Weltreligionen von Papst Franziskus eröffnet. Sein Anliegen war es, einen neuen Weg der Begegnung zu gehen, „der sich auf die menschlichen Beziehungen konzentriert: auf die Achtung, auf die Ehrlichkeit des Dialogs, auf den unverzichtbaren Wert eines jeden, auf die Zusammenarbeit; ein brüderlicher Weg, um gemeinsam auf dem Weg zum Frieden zu gehen.“ Der Präsident Kasachs­tans, Kassym-Jomart Tokayev, dankte dem Papst für sein Kommen mit den Worten: „Wir sind zuversichtlich, dass Ihre leidenschaftliche Stimme und Ihre starke Botschaft eine Quelle der Ins­piration und Hoffnung für viele Millionen Menschen auf der ganzen Welt sein werden.“

Am Nachmittag des 14. September (Fest der Kreuzerhöhung) fand auf dem Gelände der Expo von 2017 die öffentliche heilige Messe statt. Direkt hinter der Tribüne mit dem Altar befand sich eine 80 Meter große Glaskugel, die unter Mitwirkung eines österreichischen Photovoltaik-Unternehmens für die Weltausstellung errichtet worden war. Das riesige Kreuz hinter dem Papstaltar stammt aus meiner Pfarre in Korneewka im Norden Kasachstans. Im August bat uns unser Diözesanbischof, ob wir das Kreuz für den Gottesdienst mit dem Papst als Leihgabe zur Verfügung stellen könnten. Nach der heiligen Messe mit dem Papst kam von vielen die Anfrage, ob wir nicht vielleicht das Kreuz an die Dompfarrei, aber auch an andere Orte verschenken könnten. Meine Antwort lautete: Vor dem Papstbesuch wäre das vielleicht möglich gewesen, aber nach dem Papstbesuch gebe ich es nicht mehr her. Das Kreuz wird uns in unserer abgelegenen Pfarrei immer an den Besuch des Papstes in Kasachstan erinnern!

Die Bedeutung des Kreuzes

In seiner Predigt ging der Papst auf die Bedeutung des Kreuzes ein. Vor zahlreichen Katholiken, aber auch Tausenden von Muslimen und Vertretern verschiedener Religionen sprach er die zentrale christliche Botschaft aus: „Brüder und Schwestern, das ist der Weg, der Weg unseres Heils, unserer Wiedergeburt und Auferstehung: auf den gekreuzigten Jesus zu schauen.“ Berührend war sein Aufruf zu Frieden: „Ich denke an so viele Orte, die vom Krieg gequält wurden, besonders an die liebe Ukraine. Gewöhnen wir uns nicht an den Krieg, resignieren wir nicht mit seiner Unausweichlichkeit. Lasst uns denen helfen, die leiden und darauf bestehen, dass sie wirklich versuchen, Frieden zu erreichen. Was muss noch geschehen, wie viele Tote werden wir abwarten müssen, bis die Opposition dem Dialog zum Wohle der Menschen, der Völker und der Menschheit Platz macht? Der einzige Ausweg ist der Frieden und der einzige Weg, dorthin zu gelangen, ist der Dialog.“

Am folgenden Tag, dem 15. September, fand vormittags in der katholischen Kathedrale der Hauptstadt ein Treffen des Papstes mit den Ordensleuten und Priestern Kasachstans statt. In seiner Ansprache betonte der Papst, dass – auch wenn viele Missionare in Kasachstan Ausländer sind – es in der Kirche keine Ausländer gebe. Diese Worte waren sehr tröstlich. Gestandene Priester hatten Tränen in den Augen.

Nach dem offiziellen Teil des Treffens hatten die Ortsbischöfe Zentralasiens die Möglichkeit, den Papst persönlich zu treffen. Unter ihnen war auch Kardinal Giorgio Marengo, mit 47 Jahren der jüngs­te Kardinal der Welt, der 20 Jahre lang als Missionar in der Mongolei gewirkt hat. Danach wäre es Zeit zum Aufbruch gewesen, aber der Papst begrüßte noch die kontemplativen Ordensschwestern und die Schwestern der Mutter Teresa, die in Zentralasien an zahlreichen Orten arbeiten. Jetzt begannen für die Leibwächter des Papstes schwere Minuten. Die Schwestern stürmten auf den Papst zu, umarmten ihn und hatten ihre Freude an seiner Gegenwart. Die Leibwächter versuchten vergeblich, die Situation zu beruhigen. Es war unmöglich. So hörte man nur von einem der Leibwächter ein resig­niertes „Mama mia“. Der Papst freute sich …

Als Papst Franziskus im Flugzeug über seine Zeit in Kasachstan befragt wurde, sagte er dem jungen Journalisten: „Ich war heute in der Kathedrale glücklich, als ich die Katholiken so begeistert, so glücklich, so freudig erlebte. Das ist mein Eindruck, den ich von den kasachischen Katholiken habe.“ P. Leopold Kropfreiter

Kasachstan


Das Land.
Der Steppenstaat Kasachstan ist mit einer Fläche von 2,7 Millionen Quadratkilometern das neuntgrößte Land der Welt. Wegen seiner reichen Rohstoffvorräte wie Öl, Gas und Uran gehört Kasachstan zu den wirtschaftlichen Schwergewichten in Zentralasien.

Religion. Mehr als zwei Drittel der 19 Millionen Einwohner des zentralasiatischen Landes sind sunnitische Muslime. Von den rund 26 Prozent Christen sind die meisten russisch-orthodox; viele Familien leben seit der Sowjetära dort. Das Moskauer Patriarchat zählt das Gebiet zu seinem kanonischen Territorium. Für die russisch-orthodoxe Kirche heißt das, dass sie allein sich berechtigt fühlt, in dem Gebiet Mission und Evangelisierung zu betreiben.

Geschichte. Zum Ende des Zweiten Weltkriegs lebten fast 500.000 Menschen mit deutschen Wurzeln in Kasachstan. Ein Großteil war während des Krieges deportiert worden und musste Frondienste in Arbeitskolonnen leis­ten. Erst 1955 wurde der inzwischen in Sondersiedler umbenannte Arbeitsarmisten-Status aufgehoben. Unter dem sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow verließen Ende der 1980er-Jahre viele deutschstämmige Siedler Kasachstan.

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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