Bischofssynode
Kirche macht Weg für Reformen frei

Papst Franziskus und Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Bischofssynode posieren beim Abschluss der Beratungen am 26. Oktober in der Audienzhalle im Vatikan.  | Foto: Vatican Media/CNS photo /KNA
  • Papst Franziskus und Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Bischofssynode posieren beim Abschluss der Beratungen am 26. Oktober in der Audienzhalle im Vatikan.
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Die größte Beratungsrunde der katholischen Kirche seit Jahrzehnten hat weitreichende Beschlüsse gefasst. Sie votierte für Öffnungen, für Dezentralisierung und für mehr Mitbestimmung der Basis. Erstmals wurden die Beschlüsse einer Synode vom Papst unmittelbar nach der Abstimmung veröffentlicht.

Auf ihrer Weltsynode in Rom hat die Kirche zahlreiche Beschlüsse gefasst, die zu grundlegenden Reformen führen sollen. Dazu gehört, dass sie die Frage der Zulassung von Frauen zu Weiheämtern offenhalten will. Zudem stimmte die Versammlung für eine Dezentralisierung der katholischen Weltkirche und eine stärkere Beteiligung der Basis an wichtigen Entscheidungen. Auch die Forderungen nach mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht für Kirchenobere erhielten breite Mehrheiten.

Überraschend gab der Papst die Beschlüsse der Synode gleich nach der Abstimmung zur Veröffentlichung frei. Er verzichtete darauf, sie in einem eigenen päpstlichen Schreiben noch einmal einer Überprüfung und Auswahl zu unterziehen. Einige der Ergebnisse wolle er jedoch noch einmal den Bischöfen der Weltkirche vorlegen und mit ihnen über ihre Umsetzung beraten.

Stillschweigende Zustimmung

In ihren Beschlüssen sprach sich die Weltsynode ferner für größere Spielräume bei dezentralen Entscheidungen in der Kirche aus. Das bisherige Verfahren für die Anerkennung von Beschlüssen lokaler Kirchenversammlungen müsse reformiert werden, heißt es in dem Text. Nur bei Fragen, die dogmatischen oder moraltheologischen Charakter haben oder die Sakramente betreffen, solle künftig weiterhin ein römisches Placet erforderlich sein. In allen anderen Fällen könne eine stillschweigende Zustimmung durch Rom angenommen werden.
Die Weltsynode votierte zudem für mehr Mitsprache von Laien bei der Auswahl neuer Bischöfe. Die Synodenversammlung hoffe, dass das Volk Gottes bei der Wahl der Bischöfe ein größeres Mitspracherecht bekomme, heißt es in dem Abschlussdokument.

Zum Thema Missbrauch in der Kirche spricht sich der beschlossene Text für mehr Prävention aus. „Es ist wichtig, dass die Kirche in der ganzen Welt eine Kultur der Prävention und des Schutzes fördert und die Gemeinden zu sichereren Orten für Minderjährige und schutzbedürftige Personen macht“, so die Synode. Die Missbrauchskrise habe „unsägliches und oft lang anhaltendes Leid über die Opfer sowie über ihre Gemeinden gebracht“, heißt es im Text weiter. Ein Grund für den Missbrauch in der Kirche sei der Klerikalismus. Ferner forderte die Synode, den „Überlebenden von sexuellem, spirituellem, wirtschaftlichem und institutionellem Macht- und Gewissensmissbrauch durch Mitglieder des Klerus oder Personen mit kirchlichen Ämtern mit besonderer Sorgfalt und Sensibilität“ zuzuhören. Die Kirche müsse ihre Versäumnisse eingestehen und sich um die Opfer kümmern.

Papst rief alle Katholiken auf, sich aktiv und mutig für die Zukunft der Kirche zum Wohle aller Menschen einzusetzen.

Mit der Verabschiedung des 50 Seiten langen Schlussdokuments endete die finale Phase eines vierjährigen Beratungsprozesses. Vorausgegangen waren Konferenzen auf lokaler, kontinentaler und globaler Ebene sowie weltweite Befragungen in den Ortskirchen. Bei den Beratungen in Rom waren erstmals Laien, darunter auch Frauen, mit Rede- und Stimmrecht beteiligt.
In seiner Predigt bei der Messe zum Abschluss der Weltsynode am Sonntag, 27. Oktober, rief Papst Franziskus die Katholiken weltweit dazu auf, sich aktiv und mutig für die Zukunft der Kirche zum Wohl aller Menschen einzusetzen. „Angesichts der Fragen der Frauen und Männer von heute, der Herausforderungen unserer Zeit, der Dringlichkeit der Evangelisierung und der vielen Wunden, die die Menschheit plagen, können wir nicht sitzen bleiben“, sagte er im Petersdom. Mit Nachdruck warnte Franziskus die in einigen Ländern der Erde von Krisen geplagte katholische Kirche vor Stillstand und Selbstbespiegelung. Eine „sitzende Kirche“, die sich selbst an die Ränder der Wirklichkeit verbanne, laufe Gefahr, „in Blindheit zu verharren und sich in ihrem eigenen Missstand einzurichten“, mahnte Franziskus. „Und wenn wir in unserer Blindheit verharren, werden wir weiterhin das, was uns in der Seelsorge fordert, und die vielen Probleme der Welt, in der wir leben, nicht sehen“, unterstrich Franziskus.
Die Kirche solle sich zur Stimme der Leidenden, Armen und Ausgegrenzten machen und auch jene Menschen im Blick haben, die sich vom Glauben entfernt haben oder gleichgültig sind. „Wir brauchen keine Kirche, die sitzenbleibt und aufgibt, sondern eine Kirche, die das laute Rufen der Welt aufnimmt und sich die Hände schmutzig macht, um ihr zu dienen“, hob Franziskus hervor. Er wolle „keine stille Kirche, sondern eine Kirche, die den Schrei der Menschen aufnimmt. Nicht eine blinde Kirche, sondern eine von Christus erleuchtete Kirche, die anderen das Licht des Evangeliums bringt. Nicht eine statische Kirche, sondern eine missionarische Kirche, die mit dem Herrn auf den Straßen der Welt unterwegs ist“, so der Papst.

Positive Reaktionen

Zu den Ergebnissen der Synode gab es vor allem positive Reaktionen. Kardinal Christoph Schönborn bewertet das von Papst Franziskus sofort in Kraft gesetzte Schlussdokument als einen entscheidenden Schritt zu einer synodalen, reformierten Kirche. „Das habe ich in 40 Jahren Synodenerfahrung noch nicht erlebt“, sagte Schönborn. Für den Wiener Erzbischof ist dies Ausdruck eines neuen synodalen Weges sowie Ergebnis eines Prozesses des Hörens und Verstehens und der „Umkehr und Bekehrung“.

„Die Synode markiert einen Wendepunkt, an dem die Laien mehr Mitverantwortung in Liturgie und Seelsorge übernehmen sollen.“

Die Linzer Pastoraltheologin und Synodenberaterin Klara Antonia Csiszar bezeichnet das Abschlussdokument der Weltsynode als „Gamechanger“ für die katholische Kirche weltweit. Das Dokument stelle eine neue Ära des „synodalen Miteinanders“ dar und verleihe dem Prinzip „hören, unterscheiden, entscheiden“ eine wichtige Rolle. „Die Synode markiert einen Wendepunkt, an dem die Laien mehr Mitverantwortung in Liturgie und Seelsorge übernehmen sollen“, so Csiszar. Für die Ortskirchen bedeute dies „viel Raum, den wir kreativ füllen müssen“. Csiszar gehörte bei der Versammlung dem Kreis der rund 70 nicht-stimmberechtigten Expertinnen und Experten an.
Als zentral erachtete die Dekanin der theologischen Fakultät der Katholischen Privat-Universität (KU) Linz die Stellen des Abschlussdokuments zur Rolle der Frau in der Kirche. „Und ich sage bewusst nicht Frauendiakonat. Diese Frage muss ganz darüber hinausgehen“, stellte Csiszar klar. So gehe es nicht nur um ein mögliches Frauendiakonat, sondern auch um die Mitverantwortung der Laien in der Kirche, der Seelsorge sowie im liturgischen Dienst: „Es geht um die Sichtbarkeit und Gleichberechtigung der Frau, und das geht über die Weihe hinaus.“

Katholische Aktion zeigte sich positiv überrascht

Positiv überrascht und mit einem „gewissen Staunen“ hat die Spitze der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ) auf den Abschluss der Weltsynode reagiert. Vor allem der Umstand, dass Papst Franziskus das Synodendokument freigegeben und auf ein eigenes postsynodales Schreiben verzichtet hat, wertet die Laienorganisation als „römisch-katholische Sensation“. Damit komme zum Ausdruck, „dass der Geist Gottes in den auf Augenhöhe stattfindenden gemeinsamen Beratungen und Entscheidungen weht“, heißt es in einer Stellungnahme der KAÖ.

Noch dazu gehe der Papst schon am Abschlusstag der Bischofssynode einen Schritt weiter, weil es ihm um eine kraftvolle Realisierung vor Ort ankomme. „Das sehen wir als positive ‚Zumutung‘ auch an uns selber“, so Ferdinand Kaineder, Katharina Renner und Thomas Immervoll. Einen konkreten Umsetzungspunkt ortete das KAÖ-Vorsitzteam unter Verweis auf die Aussagen in Nr. 76 des Synodendokuments im Bereich jener kirchlichen Dienste, die auch ohne Diakonats- oder Priesterweihe getan werden können: Gemeindeleitung, sonntägliche Gottesdienste, Taufen und die Feier anderer Sakramente. „Hier gilt es, Frauen und Männern die bischöfliche Beauftragung zu übergeben, damit eine breite ‚Getauftenkirche‘ in gemeinsamer Verantwortung gerade auch in unseren Breiten wachsen kann.“

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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