Interview zum Jubiläum
Fünf Jahre Bischof Alois

Bischof Alois Schwarz | Foto: Diözese

Vor fünf Jahren, am 1. Juli 2018, wurde Bischof Dr. Alois Schwarz als Bischof von St. Pölten feierlich im Dom zu St. Pölten ins Amt eingeführt. Im Interview mit „Kirche bunt“ blickt der Bischof zurück, zieht Bilanz und hält Ausschau auf die kommenden Jahre.

Lieber Herr Bischof, am 1. Juli 2018 wurden Sie als Bischof von St. Pölten in Ihr Amt eingeführt. Wie lautet Ihr Resümee nach fünf Jahren? Welche Schritte in der Diözese St. Pölten lagen Ihnen in den ersten fünf Jahren besonders am Herzen?
Bischof Alois Schwarz: Jeder Bischof, der neu in eine Diözese kommt, schaut auf das, wie bisher das Leben der Kirche gestaltet wurde und fragt nach neuen Ideen und Vorschlägen im Sinne einer Optimierung und einer Ausrichtung des Evangeliums auf die gesellschaftlichen Herausforderungen der jeweiligen Zeit. So habe auch ich vieles gesehen und darf vieles bedanken, wie der Glaube gelebt und bezeugt wird. Wir haben im Blick auf die Zukunft vieles miteinander besprochen und bedacht und Neues in den Blick genommen. Wichtig ist mir, den Menschen zu sagen und miteinander zu feiern, dass Gott jeden Menschen liebt. Dazu wurden und werden neue Strukturen gefunden, um zeitgemäß Menschen zu einem sinnerfüllten Leben mit Gott zu begleiten. Das ist ein Prozess der Erneuerung für eine Kirche „im Aufbruch“ (Papst Franziskus).

In Ihre bisherige Amtszeit fielen große Herausforderungen, wie die Corona-
Pandemie, der Ukrainekrieg, die Ener-giekrise… Was war Ihnen in dieser Zeit als Diözesanbischof von St. Pölten wichtig?
Bischof Alois: Mir war immer wichtig, darauf zu schauen, was die Menschen im Moment brauchen, ohne die Vision und das allgemeine Ziel dabei aus den Augen zu verlieren. Die schwere Zeit der Corona-Pandemie hat die Gesellschaft und manchmal ganze Familien gespalten. Da braucht es den Blick für unterschiedliche Standpunkte. Ich versuche ein Sowohl-als-auch-Denken zu praktizieren und mich nicht in einem Entweder-oder-Denken zu verirren. Bei allen Herausforderungen, die unsere Gesellschaft heute bewältigen muss, gilt es, die Würde des jeweils andersdenkenden bzw. -handelnden Menschen zu sehen und zu achten. Die Kirche ist bemüht, die Menschen in den schwierigen Zeiten der erhöhten finanziellen Ausgaben, aber auch die Flüchtlinge aus der Ukraine zu unterstützen. Ich denke dabei an die vielen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitenden in de r Caritas und in den Pfarren, denen ein großer Dank gebührt.

Die erste Zeit in der Diözese St. Pölten war für Sie keine leichte Zeit, weil es seitens bestimmter Personen Vorwürfe gab. Alle Anschuldigungen liefen ins Leere, alle Verfahren gegen Sie sind längst eingestellt. Was hat Ihnen durch die Zeit geholfen?
Bischof Alois: Ja, es war wirklich eine sehr schwere Zeit für mich, denn die Männer aus dem Domkapitel der Diözese Gurk haben siebzehn Jahre gut und wertschätzend mit mir zusammengearbeitet. Sogar bei den Abschiedsgottesdiensten wurde mir sehr viel Dankbarkeit für mein Wirken in Kärnten von allen entgegengebracht. Deshalb war es für mich umso unverständlicher, dass danach diese Flut an Anschuldigungen auf mich und meine damalige Mitarbeiterin hereinprasselte. Ich habe in dieser sehr betrüblichen Zeit die Klagepsalmen in der Bibel gebetet. Diese Texte bewahrten mich davor, nicht in eine von Wut und Zorn geleitete Vergeltung eintauchen zu müssen. Andererseits haben mir Gespräche mit jenen vertrauten Menschen geholfen, die daran geglaubt haben, dass diese Vorwürfe nicht der Wahrheit entsprechen. Auch ihnen bin ich von Herzen dankbar.

Welche Momente haben Sie in den bisherigen fünf Jahren als besonders wert-voll und schön in der Diözese erlebt?
Bischof Alois: Das waren jene Momente, in denen ich Menschen begegnet bin, die entweder mit mir gemeinsam sich Gedanken um unsere Diözese und die Kirche in Österreich machten, oder die vielen Menschen, denen ich in den Feiern der Sakramente begegnen durfte. Es ist für mich beglückend, wenn ich mit Jesus Christus den Menschen nahe sein kann. Berührt war und bin ich aber auch von den vielen Menschen, die mir über die Social-Media-Kanäle antworten und oder einfach einen Dank aussprechen. Hier entsteht ein Netzwerk der großen Wertschätzung, der Freundschaft, des Friedens und des Respekts. Dafür bin ich von Herzen dankbar.

Sie sind als ,,volksnaher“ Bischof bekannt, der stets auf die Menschen zugeht. Wie wichtig ist es Ihnen als Bischof, den Kontakt zu den Gläubigen zu pflegen und zu halten?
Bischof Alois: Schön, dass Sie diese Frage stellen! Ja, das ist mir, in der Tat, sehr wichtig. Das kommt daher, dass wir als Christinnen und Christen einen Gott haben, dem die liebende Beziehung zu den Menschen das Bedeutsamste ist. In Jesus Christus hat er das uns Menschen auch gezeigt und damit ans Herz gelegt. Ich würde meinen Beruf verfehlen, wenn mir die Menschen nicht wichtig wären. Die Liebe zu den Menschen, die ich in unzähligen Gesprächen immer wieder erleben kann, zählt zu den berührendsten Momenten meines priesterlichen und bischöflichen Daseins.

Bei allen Bemühungen in unserer Kirche treten doch immer wieder Menschen aus. Was kann gegen diesen Trend unternommen werden?
Bischof Alois: Es sind bereits Konzepte in Bearbeitung. Wir sind da dran, denn es schmerzt mich als Bischof sehr, wenn Menschen keinen anderen Weg mehr sehen, als die Kirche zu verlassen. Ich kann die Menschen nur ermuntern: Was immer Ihnen geschehen ist, warum Sie die Kirche verlassen wollen, nehmen Sie mit mir Kontakt auf!

Alle Diözesen in Österreich müssen – aufgrund der hohen Preise, aber auch wegen der geringer werdenden Kirchenbeiträge – sparen. Wie schaut es in der Diözese St. Pölten aus?
Bischof Alois: Ja, das ist auch in der Diözese St. Pölten so. Wir versuchen aber auch, gleichzeitig in nachhaltige Projekte zu investieren, wie beispielsweise den Bau eines Kraftwerks neben dem Bildungshaus St. Hippolyt, das dieses damit Strom autark werden ließ.

Die Umstrukturierungen sind im Gange. Können Sie die Zielsetzung in wenigen Sätzen umschreiben?
Bischof Alois: Das Ziel ist es, im Sinne von Papst Franziskus dafür „zu sorgen, dass alle missionarischer werden, dass die gewöhnliche Seelsorge in all ihren Bereichen expansiver und offener ist (…) und so die positive Antwort all derer begünstigt, denen Jesus seine Freundschaft anbietet“ (Evan-gelii Gaudium 27). Dabei haben wir Themen der Wirtschaftlichkeit ebenso im Blick wie eine zeitgemäße Organisationsform. Dazu müssen manche Aufgabenbereiche verabschiedet und andere implementiert werden.

Wo sehen Sie die großen Herausforderungen in der Kirche bzw. speziell in der Diözese St. Pölten für die kommenden Jahre? Was ist Ihnen im Hinblick auf die Zukunft für die Diözese St. Pölten wichtig? Gibt es konkrete Pläne?
Bischof Alois: Eine der wichtigsten Aufgaben ist es, das Leben in der Gemeinschaft der Kirche in unserer Diözese so attraktiv zu machen, dass viele Menschen den Wunsch haben, dazuzugehören. Es soll deutlich werden, dass Christen dem Leben dienen und jene Menschen, die im kirchlichen Dienst stehen, sich bewusst dafür entschieden haben, einen Dienst für andere zu verrichten, entweder ehrenamtlich oder hauptamtlich. An diesem Lebensprogramm arbeiten wir und beten auch füreinander, dass es gelingt. Das geschieht ja auch in den Pfarren und in vielen Initiativen der Katholischen Aktion und in den apostolischen Gruppen. Eine neue Initiative ist die Neugestaltung der Visitationen durch Kontaktwochen in den Dekanaten. Wir fahren hinaus zu den Menschen und hören ihre Sorgen und Nöte und versuchen darauf – so gut wie möglich – zu reagieren.

Sie zitieren in Ihren Predigten immer wieder Autorinnen wie Christine Lavant und andere. Haben Sie – abgesehen von der Bibel – ein Lieblingsbuch?
Bischof Alois: Ja, ich gestehe, die Kärntnerin Christine Lavant ist wirklich eine meiner Lieblingslyrikerinnen. Ihre Gedichte und auch die von Andreas Knapp oder Wilhelm Bruners lese ich sehr gerne. Sie sind getragen von einer ungemein tiefgründigen Sprache, die den Menschen die Augen öffnet und ihr Herz hineinnimmt in die Beziehung zu Gott.

Ein Blick in die Zukunft: Welches Resümee würden Sie gerne am Ende Ihrer Amtszeit in St. Pölten ziehen?
Bischof Alois: Noch habe ich nicht vor, meine Amtszeit zu beenden. Dieser Blick ist noch zu weit entfernt. Da wird sich noch viel ergeben und es wird hoffentlich noch viel Gutes entstehen. Fragen Sie mich das, wenn ich 79 Jahre alt bin!

Papst Franziskus hat nun das Arbeitspapier für die im Herbst beginnende Weltsynode rund um den Synodalen Prozess vorgelegt, das für viel Diskussion und ja, auch Kritik, sorgte. Wie sehen Sie die Vorschläge?
Bischof Alois: Der Arbeitstext für die zweite Etappe des Synodalen Weges ist für manche eine Überraschung und für andere eine Enttäuschung, weil sie den Prozess nicht aushalten und jetzt schon Entscheidungen wollen. Der Papst lädt mit den großen Themen „Gemeinschaft – Teilhabe – Sendung“ ein, sich auf den Weg zu machen in der Unruhe unserer Zeit, um mit dem Heiligen in Berührung zu kommen. Das wird der entscheidende Schritt sein für neue zukunftsweisende Impulse für die Kirche, denn die Welt braucht eine neue Orientierung am Transzendenten, an Gott. Deshalb freue ich mich über das Miteinander-auf-dem Weg-Sein in dieser Frage.

Interview: Sonja Planitzer

Autor:

Sonja Planitzer aus Niederösterreich | Kirche bunt

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ