Sr. Johanna Datzreiter war von 1975 bis 2017 als Missionarin in Liberia tätig
Fast 43 Jahre als Missionarin in Liberia
Schwester Johanna Datzreiter wurde damals, als sie im Jahr 1975 nach Liberia an die westafrikanische Küste geschickt wurde, gewarnt: „Du wirst so viel Durchfall bekommen, dass du bald wieder zurückkommen wirst. Das Klima ist nicht gut für dich.“ „Ich war ja so klein“, erinnert sich die nur 1,60 Meter große, zierliche, aber energiegeladene Ordensfrau schmunzelnd an die damaligen Warnrufe. Geblieben ist sie fast 43 Jahre. Schon damals sei ihr klar gewesen: „Wenn ich es nicht tu, werde ich bestimmt nicht glücklich.“
Ihr Leben und ihr Wirken in Liberia hat Sr. Johanna auf Bitte von Missio-Nationaldirektor P. Karl Wallner in dem Buch „Wo der Pfeffer wächst. Missionarin zwischen Bürgerkrieg und Ebola“ niedergeschrieben. Das Buch wurde im Rahmen des „Außerordentlichen Monats der Weltmission 2019“ veröffentlicht und Anfang Dezember in der Missio-Nationalstelle in Wien präsentiert.
Schwester Johanna wuchs in einer tief gläubigen Familie im Pielachtal, zunächst in Frankenfels und dann nach dem Krieg in Obergrafendorf, auf. Beeindruckt durch die Missionszeitschriften und Gespräche in der Pfarre entschied sie sich als 18-Jährige bei den Franziskanerinnen Missionarinnen Mariens in Eichgraben einzutreten. Nach der Ordens- und Missionsausbildung wurde sie 1974 von der Generaloberin zunächst nach Rom und dann ab Jänner 1975 nach Liberia geschickt. In ein Land, „wo der Pfeffer wächst“, wie eine Mitschwester mitleidsvoll meinte, als sie nach der Entsendungsfeier durch Papst Paul VI. den Einsatzort von Sr. Johanna erfahren hatte.
Liberia bedeutet so viel wie „Freiheit“. Der Name verweist auf die Tatsache, dass dieses westafrikanische Land ab 1847 der erste unabhängige Staat Afrikas war, wo ehemalige Sklaven aus den USA die Oberschicht bildeten. Die Freiheit galt letztlich nur für einige Clans, der Rest der einheimischen Bevölkerung lebte unter großer Armut. Lepra und später Ebola forderten viele Menschenleben.
Mit der Zeit nahm die Korruption in der Politik immer mehr zu, sodass es Ende der 1970er-Jahre zum Aufstand der Stämme kam und 1980 schließlich zum Militärputsch. Ab 1989 übernahm einer der schlimmsten Diktatoren Afrikas, Charles Taylor, im Land die Macht und stürzte Liberia in schreckliche Bürgerkriege.
Kookaburra lacht für Tapi
Anfangs eingesetzt im Missionshaus im Norden des Landes widmete sich Sr. Johanna mit Zähigkeit, Pflichtbewusstsein, Willensstärke, aber auch mit Genügsamkeit und Gottvertrauen ihren Aufgaben. In einer Lepraklinik sah sie die große Not der Kinder von kranken oder bereits genesenen Eltern. Aus Angst vor Ansteckung wurde keiner von ihnen wieder in seinem Dorf aufgenommen. Die Kinder, erinnert sich Sr. Johanna, irrten im Busch herum. Sie hatten keine Chance auf einen Schulbesuch. Sr. Johanna wandte sich an Missio in Österreich. In der Folge entstand 1977 das Kinderjahrbuch mit der Titelgeschichte „Kookaburra lacht für Tapi“, in dem es um Tapi, das jüngste Kind einer geheilten Leprosenfamilie des Mano-Stammes und den „lachenden Vogel“ namens Kookaburra ging. Der Artikel erschien damals u. a. auch in „Kirche bunt“ und sorgte für großes Echo. Noch vor Ende des Jahres konnte Missio Österreich so viele großzügige Spenden überweisen, dass mit dem Bau der Kookaburra-Schule für Leprakinder begonnen werden konnte. Die Schule, die einzige dieser Art in Liberia, besteht bis heute.
Durch den Erfolg ermutigt, wandte sich Sr. Johanna auch in den Jahren danach immer wieder an ihre Heimat und erhielt auch aus der Diözese St. Pölten tatkräftige Unterstützung. So unterstützte die Katholische Frauenbewegung Projekte für Frauen. Die Fastenaktion finanzierte die Ausbildung von Männern in verschiedensten Berufen. Für Flüchtlinge konnte ein Camp errichtet werden.
Auf der Flucht
Flüchtling wurde die Ordensfrau in Liberia selbst. An der „Pfefferküste“ Afrikas erlebte sie ab 1989 das Chaos und Elend der Bürgerkriege unter Warlord Charles Taylor, der über 33.000 Kinder als Soldaten rekrutiert hatte. Über 200.000 Menschen wurden in den Kriegen getötet und eine Million Menschen flüchtete. Viermal musste auch Sr. Johanna unter Lebensgefahr durch den Dschungel fliehen, einmal sogar bis Ghana. „Nur mit Gottes Hilfe“ habe sie überlebt.
Zuletzt erlebte die Schwester die Ebola-Seuche in ihrem vollen Ausmaß mit. Bei der Buch-Präsentation im Missio-Haus in Wien hielt die Ordensfrau Rückblick und berichtete: „Ich wurde schon einmal gefragt, was wir zustande gebracht haben. Ich sagte: Nichts! Wir waren als Missionare mit den Menschen. Und auch ein Kindersoldat, der seinen eigenen Vater umbringen musste, ist am Ende ein Gotteskind.“
„Ruhe im Herzen habe ich nicht“
2017 schickte die Generaloberin Sr. Johanna zurück nach Österreich. „Ich von mir selbst aus wäre nicht zurückgegangen, aber ich weiß, man kann den anderen nicht zur Last fallen. Aber Ruhe im Herzen habe ich nicht.“ Mission bedeute für sie: „Wenn ich mich auf Gott einlasse, dann muss ich etwas tun für ihn.“ Das könne für jeden etwas anderes bedeuten, aber „den Auftrag, den man verspürt, den muss man ausführen, sonst geht man an seinem Leben irgendwie vorbei“. Sie bereue ihren Weg nicht und möchte nichts vermissen, „und wenn ich jünger wäre, würde ich mich sofort für den Kongo melden – für das Ebola-Gebiet“.
„Kirche bunt“ bringt ab dieser Ausgabe auf Seite 16 mit freundlicher Genehmigung des Be&Be-Verlages Auszüge aus dem Buch von Sr. Johanna Datzreiter.
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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