Stift Zwettl
Ein Bildungshaus im Zeichen von Laudato si’
Seit heurigem Sommer trägt das Bildungshaus des Waldviertler Zisterzienserstiftes den Namen „Bildungshaus Laudato si’ Stift Zwettl“ und steht damit ganz im Zeichen der Umwelt- und Sozialenzyklika von Papst Franziskus. Zum Auftakt des neuen Programms sprachen Bischof Alois Schwarz, Botschafterin Franziska Honsowitz-Friessnigg und Abt Johannes Maria Szypulski über die Enzyklika, über Umweltschutz und Schöpfungsverantwortung und konkrete Maßnahmen in Österreichs Kirche, in der Diözese und im Stift Zwettl.
Die Auftaktveranstaltung im vollen Geraser Saal im Bildungshaus Stift Zwettl fand am 4. Oktober statt. Ein symbolisches Datum, denn am Gedenktag des heiligen Franz von Assisi endete die Schöpfungszeit und mit diesem Datum begann für das Bildungshaus eine neue Ära ganz im Zeichen der Umwelt- und Sozialenyzklika Laudato si’ von Papst Franziskus. Bei der ersten Veranstaltung zur neuen Ausrichtung sprachen Bischof Dr. Alois Schwarz, der in der Österreichischen Bischofskonferenz auch für die Themen Umwelt und Nachhaltigkeit zuständig ist, Botschafterin Dr. Franziska Honsowitz-Friessnigg, die bis August heurigen Jahres die Österreichische Botschaft beim Heiligen Stuhl leitete, sowie Abt Johannes Maria Szypulski über die erste Umweltenzyklika der katholischen Kirche und ihre Auswirkungen auf die Kirche und die Gesellschaft. Das Gespräch leitete Sonja Planitzer, Chefredakteurin von „Kirche bunt“ und Mitherausgeberin der NÖN.
Ökosoziale Enzyklika
Gleich eingangs unterstrich Bischof Schwarz die Wichtigkeit der zweiten Enzyklika von Papst Franziskus, die er im Juni 2015 veröffentlichte und die „manche schon im Vorfeld versuchten, schlecht zu machen“. Die Enzyklika, so der Bischof, sei eine Botschaft, die von Wissenschaftlern abgesichert und vom Papst in kluger Absprache mit anderen Konfessionen formuliert worden war und „die Welt aufhorchen ließ“. Laudato si’ sei eigentlich keine Umweltenzyklika, sondern eine Enzyklika, die die Schöpfung als Ganzes betrachtet – auch in den sozialen Dimensionen, befand der Bischof und sprach von einer „ökosozialen Enzyklika“. Verfasst von einem Papst, der aus Lateinamerika kommt und einen „ungeschönten Blick auf europäische Entwicklungen hat und diese auch ungeschönt anspricht“.
Für den Papst und im Vatikan sei die Enzyklika weiterhin ein „großes Thema“ berichtete Botschafterin Franziska Honsowitz-Friessnigg. Mehrfach habe sie Gelegenheit gehabt, mit dem Papst darüber zu sprechen. Die Worte des Sonnengesangs des heiligen Franz von Assisi, die für die Enzyklika namensgebend sind, wurden auch im Garten der österreichischen Botschaft zum Heiligen Stuhl angebracht. Franziska Honsowitz-Friessnigg;. „Wir wollten damit zeigen, wie wichtig diese Enzyklika für Österreich ist.“
Auf die Frage, warum er das Bildungshaus unter das Motto der Enzyklika Laudato si’ gestellt habe, verwies Abt Johannes M. Szypulski auf Stimmen aus der Umgebung des Stiftes, die die bisherige Ausrichtung kritisch gesehen hätten. „Es hat geheißen, dass wir irgendwas bringen und unser Glaube an den Rand gedrängt wird“, so der Abt. Als neuer geistlicher Leiter des Bildungshauses habe er die wegweisenden Worte des Papstes in seiner Enzyklika als neues Programm für das Bildungshaus mit den Schwerpunkten einer ökologischen und sozialen Gerechtigkeit festgelegt. „Wir als Christen haben ein Gewissen, die Zehn Gebote und wenn man darauf hört, was uns der Papst ins Gewissen redet, dann ist es nicht zu spät. Wir dürfen Hoffnung haben“, so Szypulski.
Gleichzeitig verwies der Abt auf das ebenfalls am 4. Oktober neu gegründete „Bernardinum“ im Stift Zwettl. Unter diesem Dach werden in Zukunft mehrere Einrichtungen des Stiftes firmieren, neben dem Bildungshaus Laudato si’ weitere drei Einrichtungen: Ein Exerzitien-Institut, ein hagiotherapeutisches Zentrum und eine Gesundheitsakademie, die die Traditionelle Europäische Medizin mit den christlichen Wurzeln in den Fokus stellen wird – die beiden letztgenannten Einrichtungen werden im nächsten Jahr ihre Arbeit aufnehmen.
CO2-Ausstoß soll bis 2030 um 60 Prozent gesenkt werden
In Österreichs Diözesen und besonders auch in der Diözese St. Pölten habe sich im Hinblick auf Umweltschutz und Schöpfungsverantwortlichkeit in den vergangenen Jahren vieles getan, „auch schon vor der Veröffentlichung von Laudato si’“, unterstrich Bischof Alois Schwarz. Für alle Diözesen wurden Leitlinien zum Schutz der Schöpfung erarbeitet, so der Umweltbischof. Bis 2030, wenn die neue CO2-Steuer in Kraft tritt, wolle man 60 Prozent des CO2-Ausstoßes einsparen. Anstatt später hohe Steuern zu zahlen wolle man das Geld jetzt lieber in energiebewusstes Wirtschaften investieren, erklärte Schwarz.
Auch im Finanzbereich haben die Diözesen, die für die Priesterpensionen hohe Rücklagen bilden müssen, zukunftsweisende Schritte gesetzt, berichtete der Bischof. So ziehen sich die Diözesen aus allen Investments und Unternehmen zurück, welche fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Erdgas fördern bzw. produzieren. Ein weiterer Beschluss der Diözesen betreffe die Beschaffung: Beim Einkauf achte man darauf – gerade im Hinblick auf die katholischen Krankenhäuser – Produkte aus der Region zu kaufen, so Schwarz. Und beim Bewirtschaften oder Verpachten von land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken achte man darauf, dass dies auf biologische und nachhaltige Weise geschehe.
Einige Diözesen seien auch in der Energieerzeugung tätig, ließ Schwarz wissen. So habe man in St. Pölten beim Bildungshaus St. Hippolyt ein Wasserkraftwerk errichtet, das nach einem Probebetrieb demnächst ans Netz gehen und das Hiphaus mit Energie versorgen soll. Auch die Energiegewinnung durch Photovoltaik-Anlagen sei für die Kirche ein großes Thema. Schwarz: „Für uns ist der Denkmalschutz eine Herausforderung, weil jedes Kirchengebäude – egal, ob es sich um die Kirche selbst, den Pfarrhof, das Mesnergebäude oder einen Stadel handelt – automatisch denkmalgeschützt ist. Das wiederum bedeutet, dass wir auf diese Gebäude keine Photovoltaikanlagen montieren dürfen. Wir sind im Gespräch, ob man nicht doch bestimmte Gebäude, wie z. B. den Pfarrstadel, aus dem Denkmalschutz herausnehmen könnte, um auf diesem Dach eine Photovoltaik-Anlage zu installieren.“
Nachhaltigkeit für die Jugend
Auch im Stift Zwettl mit seinen zahlreichen Wirtschaftsbetrieben werde in verschiedensten Bereichen schon seit Jahren umweltbewusst und nachhaltig agiert, berichtete der Abt. So gibt es seit Jahrzehnten eine umweltfreundliche Hackschnitzelheizung und es wird auf die Aufforstung des 2.500 Hektar großen Stiftswaldes geachtet. Seit dem Mittelalter bewirtschaftet das Stift 18 Teiche mit Karpfen, Forellen oder Hechten. Die Teiche im Waldviertel sollen noch heuer zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt werden. Im Stift bemühe man sich, nach den Prinzipien des Umweltschutzes zu leben, so der Abt. Die Nachhaltigkeit sei ihm besonders im Hinblick auf die Jugend wichtig. „Wir sollen in 16 Jahren 900 Jahre Stift Zwettl feiern, aber wenn wir heute nichts tun, dann ist diese Feier infrage zu stellen“, so der Abt. Er wolle für die Jugend im Stift Zwettl ein geistliches Zentrum schaffen. Einen Ort, wo ihnen Werte vorgelebt werden und sie sich wohlfühlen.
Im Hinblick auf Laudato si’ gehe es für sie vor allem um die Nachhaltigkeit und um den Respekt vor der Schöpfung, betonte Botschafterin Honsowitz-Friessnigg. Die Diplomatin: „Jeder ist eingeladen, beizutragen, dass wir unsere Welt – auch für unsere Kinder – lebenswert erhalten.“ Auch in ihrer neuen Aufgabe als Leiterin der Abteilung für internationale Wissenschaftskooperation und Dialog der Kulturen und Religionen im Außenministerium wolle sie sich weiterhin für Nachhaltigkeit einsetzen und das Thema bei internationalen Konferenzen einbringen.
Nicht verlernen, Danke zu sagen
Für Bischof Alois Schwarz wird der Bezug zur Schöpfung und zum Schöpfer durch das Danken ausgesprochen – nämlich jenen Menschen zu danken, die dafür gearbeitet haben. Das könne er, so der Bischof, wenn er am Samstag am Markt in St. Pölten einkaufen gehe. Im Supermarkt wäre das nicht möglich. Bischof Schwarz: „Wir dürfen nicht verlernen, jemandem Danke zu sagen, der dafür gearbeitet hat.“ Sich zu bedanken für die Gaben der Schöpfung, das schaffe eine andere Haltung – auch dem Leben gegenüber.
Für Abt Szypulski ist Laudato si’ vor allem ein „Gewissensvorwurf an uns alle“. Papst Franziskus habe Dinge angesprochen, die falsch laufen, sagte der Abt und erwähnte in diesem Zusammenhang Großkonzerne. Heute laufe manches „schief“, wenn es etwa keine Greißler mehr im Ort gebe oder ein Bauer nicht mehr von seiner Arbeit leben könne. Er werde kämpfen, dass die Worte des Papstes in Laudato si’ gehört werden und dass „der christliche Glaube nicht weggeschmissen“ werde. Szypulski: „Wir müssen unseren Auftrag aus der Taufe heraus leben und das werde ich tun, so lange ich hier Abt bin und so lange ich lebe."
Veranstaltungen
Im heurigen Jahr finden im Bildungshaus Laudato si’ Stift Zwettl drei weitere Veranstaltungen zum neuen Schwerpunkt statt.
31. Oktober: Bischof Klaus Küng spricht zum Thema „Der Mensch – Beherrscher und Krone der Schöpfung?“ Beginn: 18 Uhr: heilige Messe in der Stiftskirche. 19.30 Uhr: Vortrag im Festsaal. Kostenbeitrag: 8 Euro. Anmeldeschluss: 27. Oktober.
22. November: „Laudato si’ und die Kirche – Umweltschutz in Diözese und Pfarre.“ Podiumsdiskussion und Publikumsgespräch mit Dipl. Geol. Axel Isenbart, Dr. Alexander Scherlovsky und Dipl. Päd. Christa Ruspeckhofer. 18 Uhr: Heilige Messe im Cellarium; 19.30 Uhr: Gespräch mit Festsaal.
Kostenbeitrag: 8 Euro.
Anmeldeschluss: 18. November.
12. Dezember: „Die Schöpfung bewahren - für jeden im eigenen Garten“ mit Kräuterpfarrer Benedikt Felsinger. 16 Uhr: Kräuterweihnachtsmarkt; 18 Uhr: heilige Messe im Cellarium; 19.30 Uhr: Gespräch im Festsaal. Kostenbeitrag: 8 Euro. Anmeldeschluss: 7. Dezember.
Information und Anmeldung:
Tel. 02822/202 02-25 oder 26;
E-Mail: bildungshaus@stift-zwettl.at
Autor:Sonja Planitzer aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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