Pfingsten
Fest des Geistes – Fest der Kirche
Sieben Wochen nach Ostern feiern wir Pfingsten. Es ist der „50. Tag“, der auch für Juden ein freudiges Fest der Offenbarung Gottes ist.
„Happy Birthday, liebe Kirche!“ Warum singt man der Kirche am Pfingstsonntag kein Geburtstagsständchen, wo doch Pfingsten als das „Geburtsfest“ der Kirche gilt? Pfingsten ist für die Kirche tatsächlich ein unverzichtbares Ereignis: Die Sendung des Heiligen Geistes, die in der Apostelgeschichte als ein dramatisches Geschehen, mit Sturm und Feuerregen, beschrieben wird, bringt in die angstvoll in sich verschlossene Jüngergruppe eine missionarische Dynamik. Die solcherart gleichsam neu Belebten machen sich den Auftrag Jesu zu eigen, die Frohe Botschaft vom Gottesreich fortzutragen bis an die Grenzen der Erde.
Dennoch wurde Pfingsten in den ersten Jahrhunderten der Kirche nicht als eigenes Fest gefeiert. Die Christen hatten ein lebendiges Bewusstsein dafür, dass Ostern und Pfingsten untrennbar zusammengehören. Beim Evangelisten Johannes beschließt die Sendung des Geistes den Ostertag. Der Heilige Geist ist eine Gabe des Auferstandenen für seine Jünger. Er lehrt und erinnert an das, was Jesus tut; der Geist führt in die Wahrheit ein und bewegt zum Zeugnis von Jesu Wirken.
Ein besonderer Aspekt dieser Geistbegabung ist die Vollmacht zur Sündenvergebung, die im Evangelium (Joh 20,19-23) angesprochen wird: „Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.“ Das ist kein Freibrief zur Willkür. Der zweite Teil unterstreicht sogar noch die Schwere des Auftrags, etwa in dem Sinn: Wenn nicht ihr die Sünden vergebt, wer sonst soll es tun? Schuld kann letztlich nur Gott vergeben. Jesus aber gibt diese göttliche Vollmacht an seine Jünger weiter, macht die Kirche zu einer Gemeinschaft der Erfahrung des Heils.
Das bringt auch das Sprachenwunder beim ersten Pfingstfest zum Ausdruck, von dem die Apostelgeschichte berichtet. Zwölf Völker (und damit ebensoviele Sprachen) werden genannt – diese Zahl steht für den ganzen Erdkreis: Alle können also die Apostel in ihren Sprachen reden hören, niemand ist ausgeschlossen. Die Sprachenverwirrung als Folge des Turmbaus von Babylon wird aufgehoben – und zwar dort, wo sich Menschen zusammenfinden im Glauben an Gott, der Jesus vom Tode auferweckt und den Heiligen Geist gegeben hat.
Der Heilige Geist macht uns bewusst, dass sich Kirche von anderen menschlichen Zusammenschlüssen und Vereinen unterscheidet. Nicht unsere Absicht entscheidet, nicht auf unsere tollen Pläne kommt es an. Denn der Geist weht, wo er will. An uns liegt es, dass wir uns von ihm bewegen lassen.
Der Dichter Rainer Maria Rilke hat in manchen seiner Texte die drängende Kraft des Sturms aufgegriffen. In dem Gedicht „Der Schauende“ spricht er vom Sturm als einem „Umgestalter“ und einer Kraft, die ihn erschauern lässt: „Wie ist das klein, womit wir ringen, / was mit uns ringt, wie ist das groß; / ließen wir, ähnlicher den Dingen, / uns so vom großen Sturm bezwingen, – / wir würden weit und namenlos.“
Das ist freilich noch nicht die Geburtstagshymne auf die Kirche. Eine solche steht jedoch auch in den liturgischen Büchern und im Gotteslob. Es ist die Pfingstsequenz, die dem Erzbischof von Canterbury und Kardinal Stephan Langton (um 1150 bis 1228) zugeschrieben wird. Hier zumindest die ebenso bekannten wie bewegenden Anfangsstrophen (in der Übertragung von Maria Luise Thurmair und Markus Jenny):
„Komm herab, o Heilger Geist,
der die finstre Nacht zerreißt,
strahle Licht in diese Welt.
Komm, der alle Armen liebt,
komm, der gute Gaben gibt,
komm, der jedes Herz erhellt.“
Neues Pfingstbild für den Hochaltar
Im Benediktinerstift Göttweig fehlt seit Ende des Zweiten Weltkrieges ein Bild in der Stiftskirche. Es handelt sich um eines der sechs Wechselbilder für den Hochaltar, jenes für die Pfingstzeit. Deshalb wurde 2019 der in Graz lebende bildende Künstler Raphael Bergmann damit beauftragt, diese Lücke zu schließen und ein Gemälde zum Pfingstereignis zu schaffen. Es wurde am 26. Mai, dem Hochfest Christi Himmelfahrt, im Rahmen der von den Mönchen gesungenen Lateinischen Vesper erstmals der Öffentlichkeit präsentiert und von Abt Columban gesegnet.
Das von Raphael Bergmann geschaffene Pfingstbild, inspiriert vom Kremser Schmidt, wird zukünftig jedes Jahr von Christi Himmelfahrt bis Fronleichnam über dem Hochaltarbild zu sehen sein. Auf dem Gemälde in klassischer Öltechnik dominiert kräftiges Rot, das Sinnbild für das Feuer des Heiligen Geistes. Die Figuration zeigt die um den Abendmahltisch mit Maria, in markant blauem Gewand, versammelten Apostel und JüngerInnengemeinde.
Die augenfälligste Neuerung zu den alten Gemälden ringsum in der Stiftskirche liegt neben der kräftigeren Farbgebung in der skizzenhafteren Behandlung der Form der Gestalten sowie den frei gelassenen Flächen im Vordergrund. In dieser Gestaltung birgt sich auch eine theologische Aussage. Dazu Bergmann: „Pfingsten ist der skizzenhafte Beginn, noch nicht die Vollendung der Kirche. Kirche, die Gemeinschaft der vom Heiligen Geist Inspirierten und an Christus Glaubenden, ist auf Zukunft hin offen. In ihr formt sich vieles erst und ist in beständiger Entwicklung.“
Raphael Bergmann, geboren 1959, gehörte von 1983 bis 1995 selbst dem Göttweiger Konvent an. Nach seinem Austritt aus dem Kloster widmete er sich beruflich seiner Leidenschaft, der Malerei.
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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