Elisabeth Birnbaum
Mit Ijob das Leid nicht ver-, sondern bestehen

Dr. Elisabeth Birnbaum (5. v. l.) mit Dr. Gertrud Moser (Vors. Theologie Forum St. Hippolyt, 7. v. l.), Mag. Franz Reithner (6. v. l.) und weiteren Teilnehmer/innen des Vortragsabends im Bildungshaus St. Hippolyt. | Foto: Leopold Schlager
  • Dr. Elisabeth Birnbaum (5. v. l.) mit Dr. Gertrud Moser (Vors. Theologie Forum St. Hippolyt, 7. v. l.), Mag. Franz Reithner (6. v. l.) und weiteren Teilnehmer/innen des Vortragsabends im Bildungshaus St. Hippolyt.
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Das Thema des Buchs Ijob ist das Leid Unschuldiger. Elisabeth Birnbaum, Direktorin des Katholischen Bibelwerks Österreich, bot einen kurzweiligen Einblick in die weisheitlich geprägte Erzählung.

Weisheit gibt eine Orientierung, wie Leben gelingen kann, und sie ist in der Bibel immer mit Gott verbunden, erläuterte Dr. Elisabeth Birnbaum bei einem Vortrag auf Einladung des „Theologie Forum St. Hippolyt“. Das Buch Ijob stehe nicht zufällig am Beginn der biblischen Weisheitsbücher. Von einer kurzen Rahmenerzählung gefasst wird im Hauptteil in langen Reden der Freunde Ijobs das Leid und der Sinn des Lebens zu ergründen gesucht – immer wieder mit viel Ironie. Viele Wörter kommen nur hier in der Bibel vor – schwierig für jede Übersetzung.

Zu Beginn wird Ijob als der frömmste, untadeligste Mensch dargestellt. Da tritt der Satan – einer der „Gottessöhne“ – auf, um ihn zu erproben, ob er also Gott uneigennützig liebt oder für den eigenen Vorteil. So kommt es zum schlagartigen Totalverlust von Vieh, Besitz, Kindern und Gesundheit – ihn ereilt der Aussatz. Doch Ijob ist noch am Leben, krank zwar, hat Status und Ansehen verloren. Da kommt noch seine Frau und sagt: „Segne Gott und stirb!“ Auch das ist ironisch gemeint, weshalb es in manchen Übersetzungen heißt: „Fluche Gott …“ – Als ausgebildete Sängerin, von Franz Reithner am Klavier begleitet, gab die Bibelexpertin der Frau des Ijob mit dem hintergründigen Lied von Cissy Kraner „Der Novak lässt mich nicht verkommen“ eine Stimme.

„Auch dein Leid ist wichtig, aber ich bin nicht schuld …“

Ijob will sterben, auch von Gott nichts mehr wissen. Seine Freunde versuchen ihn zu belehren: Alle sündigen, daher müssen alle leiden. Und deshalb muss auch Ijob, der doch als tadellos geschildert wurde, gesündigt haben. Leid ist in den Augen der Freunde eine Folge von Fehlverhalten und zugleich eine Erziehungsmethode Gottes.

Das Buch Ijob beleuchtet verschiedene Perspektiven. Für Ijob lautet die Frage: Wie gehe ich mit Leid um, das mich selber trifft? Da bricht ein ganzes Weltbild zusammen, zumal Ijob keinen Grund für sein Leid ausmachen kann. Trotzdem hält er an Gott fest, erduldet sein Leid und klagt am Ende Gott an. Gott wird ihn nicht verurteilen: „Mein Knecht hat richtig von mir gesprochen.“

Noch auf dem Aschehaufen sagt Ijob (42,5): „Jetzt hat mein Auge dich geschaut.“ Die theologischen Lehrsätze werden zur Seite geschoben, übrig bleibt die Beziehung. Das ist richtungweisend für die biblische „Weisheit“, so die Referentin. „Leid lässt sich nicht verstehen, sondern nur bestehen.“

Ijobs Freunde haben eine wichtige Funktion. Lange bleiben sie bei ihm, setzen sich zu ihm und bringen wichtige Fragen ein wie: Beugt etwa Gott das Recht? (Ijob 8,3) Die durchaus pointierte Antwort darauf gab die Biblikerin Birnbaum mit einem von ihr vorgetragenen Wienerlied: „Wenn der Herrgott ned will, nutzt des goa nix …“

Raum für die Begegnung mit Gott

„Leidige Tröster“ nennt Ijob die Freunde (16,2), sie reden situationsunangemessen und gehen dem in sein Leid Verstrickten gehörig auf die Nerven. Genau das aber fordert Ijobs Widerspruch heraus. Die Freunde bringen Ijob so dazu, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen, plötzlich will er wieder etwas, womit seine Depression ans Ende kommt. Und in all dem geben sie Raum für die Begegnung mit Gott.

Schließlich ist da noch die Perspektive Gottes. Er weist Ijobs Vorwürfe zurück: In der Welt herrscht nicht Chaos statt Ordnung. Die Welt ist nicht in der Hand eines Frevlers. Die „Chaostiere“ Krokodil und Nilpferd (Leviathan und Behemot) haben nicht die Überhand. Diese wilden Tiere gibt es einfach, obwohl Ijob nichts falsch gemacht hat. Gott zeigt so dem Ijob: „Auch dein Leid ist wichtig, aber ich bin nicht schuld und auch du bist nicht schuld.“

Diese zuversichtliche Aussage trug Dr. Birnbaum nochmals in einem überraschenden Lied vor: „Weißt du, wieviel Sternlein stehen … Gott der Herr hat sie gezählet …“

Zuletzt verwies Dr. Birnbaum auf die Bedeutung der Ijob-Erzählung für Menschen im Leid. Alles hat darin Platz: gottergebene Annahme, klagen und anklagen, ringen und fragen, die Hinwendung zu Gott und auch aufhören zu fragen und das Leid schlicht zu bewältigen. Begleitende können sich von den Freunden etwas abschauen: präsent sein, bohrende Fragen stellen, Widerspruch ertragen, vor allem aber Raum geben für die Begegnung mit Gott.

Autor:

Leopold Schlager aus Niederösterreich | Kirche bunt

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