Islamistischer Anschlag in Bundeshauptstadt
Staatstrauer in Österreich nach Terrorakt in Wien
Weltweite Bestürzung nach islamistischem Terrorakt in Wien, bei dem mindestens fünf Menschen getötet und 23 teilweise schwer verletzt wurden. Viele Staaten sicherten Österreich ihre Solidarität zu. Papst Franziskus forderte: „Schluss mit der Gewalt“.
Der islamistisch motivierte Terroranschlag in Wien am Abend des Allerseelentages lässt viele Menschen in aller Welt fassungslos zurück. Auch Österreichs Bischöfe reagierten mit Entsetzen und tiefer Betroffenheit auf die Terrorattacke in der Wiener Innenstadt, die mindestens fünf Todesopfer sowie 23 teils schwer Verletzte forderte. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe gingen die Behörden davon aus, dass man es nur mit einem Täter zu tun habe. Der 20-jährige, einschlägig vorbestrafte Mann mit österreichischem und nordmazedonischem Pass wurde von der Polizei erschossen. Er gilt als Sympathisant des sogenannten Islamischen Staates (IS).
Der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, appellierte an die Bevölkerung, auf Gewalt und Hass nicht mit Panik oder gar neuem Hass zu antworten: „Hass schürt nur neuen Hass“ und dies sei ebenso der falsche Weg, auf die schrecklichen Ereignisse der Nacht zu reagieren, wie in Panik zu verfallen. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen unterstrich in einer Fernsehansprache am 3. November: „Der Hass wird bei uns nicht auf fruchtbaren Boden fallen. Wir werden uns davon nicht anstecken lassen und unsere Werte schützen und verteidigen.“ Es liege eine „dunkle, schreckliche Nacht hinter uns“, die ein „terroristisches Attentat auf das Herz unserer Gesellschaft“ gebracht habe. Das Attentat habe „ganz offensichtlich uns allen gegolten, die ein Leben in einer freien Gesellschaft schätzen und hochhalten“, so Van der Bellen.
Am Tag nach dem Terroranschlag beschloss die österreichische Bundesregierung eine dreitägige Staatstrauer: Alle öffentlichen Gebäude wurden mit Trauerbeflaggung versehen und für den 3. November mittags um 12 Uhr wurde eine Schweigeminute angeordnet. Im Ministerratsbeschluss wurden zudem alle Schulen aufgerufen, zu Unterrichtsbeginn am 4. November der Todesopfer zu gedenken. „Die Republik Österreich war, ist und wird immer eine Nation der Vielfalt, des Dialogs und des Respekts füreinander sein, umso mehr haben die Ereignisse vom 2. November 2020 unser Land schwer erschüttert und betroffen gemacht“, heißt es darin wörtlich.
Auf Veranlassung von Kardinal Christoph Schönborn läuteten am 3. November um 12 Uhr im Gedenken an die Terroropfer alle Kirchenglocken in Wien.
„Der Hass wird bei uns nicht auf fruchtbaren Boden fallen. Wir werden uns davon nicht anstecken lassen und unsere Werte schützen und verteidigen.“
Auch Papst Franziskus reagierte auf den Terroranschlag mit „Trauer und Bestürzung“ und sicherte den Opfern und ihren Familien sein Gebet zu. „Schluss mit der Gewalt“, hieß es in seiner via Twitter veröffentlichten Kurznachricht. Franziskus appellierte an alle, gemeinsam Frieden und Brüderlichkeit aufzubauen. „Nur Liebe löscht den Hass aus“, so der Papst.
Solidarität mit Österreich bekundeten zahlreiche Regierungschefs aus Europa sowie Nordamerika und Asien. Der gemeinsame Tenor: „Wir werden den Hass nie gewinnen lassen“. Ihre Solidarität versicherten aber auch Staaten wie Saudi Arabien, Türkei oder Jordanien. Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) verurteilte den Terrorakt „aufs schärfste“. Erst wenige Tage vor der Tat hatten sich österreichische Muslime nach einer Störaktion in der Antonskirche in Wien-Favoriten zu einer Mahnwache versammelt. Im Gotteshaus hatten 30 bis 50 Jugendliche randaliert und waren vor dem Eintreffen der Polizei in verschiedene Richtungen verschwunden. Zwei Tage nach diesem Vorfall sorgte ein 25-jähriger Mann aus Afghanistan, der im Stephansdom islamische Parolen gerufen hatte, für einen Polizeieinsatz. Für den Mann, der einen verwirrten Eindruck machte, wurde eine amtsärztliche Untersuchung angeordnet.
Islamistischer Terror in Frankreich
Ebenfalls Ende Oktober erschütterte eine Messerattacke eines islamistischen Täters in der Basilika Notre-Dame in Nizza die Menschen. Dabei tötete der Mann den Mesner sowie zwei Frauen, darunter eine 33-jährige dreifache Mutter. Der Täter, ein 21-jähriger Migrant aus Tunesien, hatte bei der Tat mehrfach „Allahu akbar“ (Gott ist der Größte) gerufen. Er wurde bei seiner Festnahme angeschossen und verletzt. Die Tat geschah wenige Wochen nachdem der Geschichtelehrer Samuel Paty von einem Islamisten in einem Pariser Vorort auf brutale Weise ermordet worden war. Der Lehrer hatte im Unterricht Meinungsfreiheit thematisiert und dabei u. a. Mohammed-Karikaturen gezeigt.
Auf die von Islamisten heftig kritisierten Mohammed-Karikaturen nahm der Pfarrer von Notre-Dame in Nizza, Jean-Louis Giordan, Bezug. Die Karikaturen hätten in Frankreich eine kriegsähnliche Situation heraufbeschworen. Die Kirchen würden dafür angegriffen, obwohl sie damit nichts zu tun hätten. Gebe es keine scharfe Reaktion auf die Vorfälle, erwarte er „noch andere Probleme für Frankreich“, so der Geistliche.
Öffentlicher Aufruf
Viel beachtet wurde ein nach der Tat in Deutschland von Politikern, Wissenschaftlern und Theologen veröffentlicher Aufruf, der u. a. auch vom Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide unterschrieben wurde. „Der politische Islam ist eine ernsthafte Gefahr für unser Land“, hieß es u. a. in dem Schreiben. Und weiter: Zwar gebe es in Deutschland noch keine französischen Zustände, dennoch zeichneten sich auch dort ähnliche Probleme ab. In deutschen Städten gebe es ebenso abgeschottet lebende muslimische Gemeinschaften. Der islamische Extremismus werde begeistert von Jugendlichen aufgegriffen. Antisemitische Hetze und Übergriffe erfolgten nicht nur aus rechtsradikalen, sondern auch aus islamistischen Kreisen. Beklagt wurde ein verbreitetes Schweigen von Politik, Medien und Kirchen mit Blick auf islamistische Gewalt. Während nach rechtsextremen Anschlägen Demonstrationen und Gedenkveranstaltungen durchgeführt würden, herrsche nach islamistischen Gewalttaten verbreitetes Schweigen.
Einige Reaktionen nach dem Terror in Wien
„Unseren Hass bekommt ihr nicht.“
Kardinal Schönborn erinnert an die Worte eines Betroffenen der Terroranschläge in Paris
„Auch wenn wir jetzt durch die Pandemie auf Abstand sein müssen – mit dem Herzen müssen wir nicht auf Abstand sein. Solange die Wärme in unserer Gesellschaft stärker ist als die Kälte des Hasses, brauchen wir nicht mutlos zu sein.“
Derselbe
„Auch wir sind uns dieser Barbarei bewusst, und wir wissen, wie wichtig es ist, sich gegenseitig zu unterstützen.“
Michel Aupetit, Erzbischof von Paris
„Wir fühlen vor allem auch mit allen Gläubigen, mit Christen, Juden und Muslimen – und mit allen Menschen, die der Überzeugung sind, dass Gott ein liebender und barmherziger Gott ist, ein Gott des Friedens.“
Stefan Oster, Bischof von Passau
„Wir dürfen uns durch diesen Terroranschlag in unserem täglichen Einsatz für ein friedliches, tolerantes, gerechtes und solidarisches Zusammenleben nicht entmutigen lassen.“
Leopold Wimmer, Präsident der Katholischen Aktion Österreich
„Der Terroranschlag von Wien wird nicht dazu führen, den Frieden und den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu zerstören, sondern im Gegenteil dazu führen, dass man sich auch von muslimischer Seite verstärkt für jene Werte einsetzt, für die Österreich steht.“
Zekirija Sejdini, Vorstand des Instituts für Islamisch-Theologische Studien an der Universität Wien
„Wir müssen gemeinsam in Europa die Wurzel des Übels thematisieren und das ist definitiv religiöser Fanatismus.“
P. Karl Wallner, Missio-Präsident von Österreich
„Stehen wir ein für ein offenes Wien, für eine Stadt, die sich nicht fürchtet, sondern zusammenhält. In Gebet oder Gedenken verbinden wir uns mehr, als dass Hass uns zu trennen vermag.“
Erzabt Korbinian Birnbacher, Vorsitzender der Österreichischen Ordenskonferenz
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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