US-Wahlen
Ein katholischer Präsident für die USA
Mit dem Demokraten Joe Biden wird erst der zweite katholische Präsident ins Weiße Haus ziehen. Der erste Katholik in diesem Amt war John F. Kennedy, der die USA von 1961 bis zu seiner Ermordung am 22. November 1963 führte.
Bei seiner ersten Rede als gewählter Präsident nahm Joe Biden (77) mehrmals Bezug zu seinem katholischen Glauben: In Wilmington, dem Ort seines Wahlkampf-Hauptquartiers, erinnerte der Demokrat, dass ihn seine Großeltern immer zum Glauben erzogen hätten. „Keep the faith – spread the faith“ – Erhalte deinen Glauben und verbreite ihn weiter. Und mit einem katholischen Kirchenlied beschloss er seine Rede: „In den letzten Tagen denke ich besonders an dieses alte Kirchenlied, das mir immer Hoffnung gegeben hat und vielleicht auch unserem Land Trost spendet: ,Er wird dich erheben wie auf den Flügeln eines Adlers.‘“
Joe Biden ist ein Katholik! Und das nicht nur auf seinem Taufschein. Der sonntägliche Besuch der Messe ist für ihn eine Selbstverständlichkeit, in seinen Reden zitiert er regelmäßig die Bibel und seit dem Tod seines Sohnes habe er auch ständig einen Rosenkranz bei sich, weil er aus dem Gebet persönliche Kraft schöpfe. Schon während seiner Zeit als Vizepräsident habe er bei schwierigen Entscheidungen immer Zuspruch im persönlichen Gebet gesucht, sagen Weggefährten.
Katholiken waren bei Wahl gespalten
Damals vor 60 Jahren, als John F. Kennedy zum ersten katholischen Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde, hatte er die Katholiken im Land hinter sich. Bei Joe Biden war dies nicht der Fall. Viele Katholiken verübeln Biden vor allem seine Haltung zur Abtreibung, die er persönlich ablehnt, aber rechtlich nicht strafbar machen will. David Gibson, Direktor des Zentrums für Religion und Kultur der jesuitischen Fordham University sagt sogar: „Die katholische Kirche in den USA ist so gespalten wie die Politik des Landes.“ Die Bischöfe in den USA seien gut beraten, die Liebe Bidens zu seiner Kirche nicht infrage zu stellen. Denn: „Biden verhält sich wie die große Mehrheit der praktizierenden Katholiken in diesem Land.“ Tatsächlich besteht zwischen der Lehre der Kirche und den Überzeugungen der US-Gläubigen bei kontroversen gesellschaftlichen Themen wie Abtreibung und gleichgeschlechtlicher Ehe ein wachsender Graben – wobei sich Biden auf der Seite der Mehrheit seiner Glaubensbrüder und -schwestern wiederfindet.
Die US-Bischofskonferenz schien das in ihrer ersten Reaktion zu beherzigen. Biden habe „genügend Stimmen erhalten, der 46. gewählte Präsident der Vereinigten Staaten zu sein“, heißt es in ihrem offiziellen Schreiben. „Wir gratulieren Mr. Biden und erkennen an, dass er der zweite Präsident nach dem verstorbenen Präsidenten John F. Kennedy ist, der sich zum katholischen Glauben bekennt“, so die Bischöfe. Die Reaktionen innerhalb der katholischen Kirche waren aber gespalten – von Stellungnahmen einzelner Bischöfe bis hin zu Predigten von Gemeindepfarrern: Einige beklagten das Wahlergebnis, während andere offen feierten, wie aus Medienberichten zu erfahren war.
„Ich erlebe ihn als einen
Menschen, der in einer tief gläubigen irisch-katholischen Familie aufgewachsen ist.“
„Ich erlebe ihn als einen Menschen, der in einer tief gläubigen irisch-katholischen Familie aufgewachsen ist und der sich diesen Glauben bewahrt hat, mehr noch: Dieser Glaube war seine existenzielle Stütze in den familiären Schicksalsschlägen, die er zu erdulden hatte“, erläuterte der deutsche Jesuitenpater Godehard Brüntrup, der Biden aus persönlichen Begegnungen kennt, in einem Interview mit „DOMRADIO.DE“. Dabei sprach der Jesuit zwei tragische Ereignisse im Leben von Biden an: 1972 verstarben seine erste Frau und die gemeinsame kleine Tochter bei einem tragischen Autounfall. Biden zog seine beiden kleinen Söhne zunächst allein auf. 1977 heiratete er wieder. Mit seiner zweiten Ehefrau Jill hat er eine Tochter. 2015 folgte der nächste schwere Schicksalsschlag: Im Alter von 46 Jahren starb sein ältester Sohn an einem Hirntumor. Stütze und Halt fand Biden immer wieder im Glauben.
Trump geht gegen Wahlergebnis vor
Für die Vereinigten Staaten stehen nach dem harten Wahlkampf noch weitere schwierige Wochen bevor. Noch-Amtsinhaber Donald Trump erklärte, er erkenne das Wahlergebnis nicht an und werde dagegen juristisch bis vor das Oberste Gericht ziehen, den Supreme Court. Seit der Wahlnacht hatte der Republikaner wiederholt von Wahlbetrug gesprochen, ohne dafür Belege vorzulegen. Auf einen Anruf des Gewinners oder das Eingestehen seiner Niederlage verzichtete er.
Der Politik-Professor Stephen Schneck von der Catholic University in Washington, der sich im Wahlkampf für die Demokraten engagierte, ist überzeugt, dass es jenseits des Themas Abtreibung nicht zu viele Reibungspunkte zwischen der Kirchenführung und Biden geben wird. „Er bietet sich als verlässlicher Partner der Bischöfe bei den Themen soziale Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung und Frieden an.“ Alles auch Schwerpunkte von Papst Franziskus. Es gebe für alles seine Zeit, zitierte Biden nach seinem Wahlsieg aus der Bibel. Und er kündigte an: „Dies ist die Zeit zum Heilen.“
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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