Armut in Niederösterreich
Caritas-Haussammler im Einsatz für den Nächsten

 „Am Haussammeln ist uns besonders der persönliche Kontakt und das Gespräch mit den Menschen wichtig“, erklären die beiden Haussammlerinnen Heidi Kerndl und Helga Gruber aus der Pfarre Pyhra: „Durch das Sammeln von Spenden können wir außerdem bewirken, dass etwas zum Besseren verändert und Menschen vor Ort geholfen wird.“ | Foto: Franz Gleiss
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  • „Am Haussammeln ist uns besonders der persönliche Kontakt und das Gespräch mit den Menschen wichtig“, erklären die beiden Haussammlerinnen Heidi Kerndl und Helga Gruber aus der Pfarre Pyhra: „Durch das Sammeln von Spenden können wir außerdem bewirken, dass etwas zum Besseren verändert und Menschen vor Ort geholfen wird.“
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In den Monaten Juni und Juli gehen in unserer Diözese rund 4.000 Haussammlerinnen und Haussammler von Tür zu Tür, um eine Spende für Menschen in Not zu erbitten. Die Unterstützung wird bitter benötigt, denn die Zahl der armutsbetroffenen Menschen ist im Steigen

Wohl jeder bekommt sie zu spüren – die steigenden Kosten: Beim Einkauf, beim Bezahlen der Rechnungen oder Gebühren. Explodierende Energie- und Lebensmittelpreise sowie die Rekordinflation haben spürbare Folgen für alle. Besonders gravierend sind die Auswirkungen aber für jene, die schon bisher nur knapp über die Runden gekommen sind. Die Preislawine trifft sie mit voller Wucht.

„Die diesjährige Haussammlung der Caritas fällt in eine Zeit der Verunsicherung, der Instabilität und der Unklarheit“, betonte Caritas-Generalsekretär Christoph Riedl bei der Pressekonferenz anlässlich des Starts der Haussammlung im Mutter-Kind-Haus in St. Pölten. Viele Menschen, so Riedl, würden sich fragen: Wie geht es weiter? Kann ich mir mein Leben noch leisten? Kann ich meine Kinder ausreichend mit Kleidung oder Schulunterlagen versorgen?

Erschütternde Antworten

Bei der Präsentation bezog sich der Caritas-Experte auf eine repräsentative Umfrage der Caritas gemeinsam mit dem Sozialforschungsinstitut SORA, die in der Zeit von Dezember 2022 bis März 2023 durchgeführt wurde. Dabei wurden 400 Menschen interviewt, die regelmäßig die Caritas-Sozialberatung Wien und Niederösterreich aufsuchen. Die Antworten erschüttern. Folgend einige der dramatischsten Ergebnisse:

  • Acht von zehn Klienten leiden der Studie zufolge unter erheblichen materiellen und sozialen Einschränkungen.
  • Mehr als 70 Prozent der Hilfesuchenden hätte nie gedacht, je auf Unterstützung angewiesen zu sein und mehr als die Hälfte der Befragten ist überzeugt, dass sie langfristig Hilfe braucht.
  • 94 Prozent der Befragten können sich keine regelmäßigen Freizeitaktivitäten leisten.
  • Mehr als 76 Prozent müssen auf vollwertige Mahlzeiten verzichten.
  • 70 Prozent können abgenutzte Kleidung nicht ersetzen. Und rund die Hälfte der Befragten hat kein zweites Paar Alltagsschuhe.
  • Mehr als 85 Prozent der Befragten mussten sich angesichts der Inflation verschulden oder sind auf finanzielle Hilfe angewiesen.
  • Acht von zehn Personen gaben an, dass sie nicht wüssten, wie sie ohne die Unterstützung von Hilfsorganisationen über die Runden kommen sollen.
  • Auffällig: Der Anteil der Alleinerziehenden unter den Befragten ist mit 25 Prozent besonders hoch.

Allein in Niederösterreich sind 236.000 Menschen armutsgefährdet.

Laut Statistik Austria sind allein in Niederösterreich 14 Prozent der Bevölkerung – das sind 236.000 Menschen– armutsgefährdet. Menschen, die sich täglich überlegen müssen, wo sie noch einsparen können, um sich das Leben halbwegs leisten zu können. Es sei daher nicht verwunderlich, so der Caritas-Generalsekretär, dass in den Caritas Sozialstationen die Anfragen heuer stark steigen. Insgesamt gab es 2023 in der Sozialberatung der Caritas St. Pölten zum Stichtag 15. Mai bereits 6.475 Kontakte mit Klientinnen und Klienten, das sind um 1.160 Kontakte mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Bei den Beratungen gehe es vor allem um Themen wie Existenzsicherung, Energie, Familie und Kinder, Wohnsituation sowie Gesundheit und Bildung.

Armut kann jeden treffen. Auch im eigenen Ort und in der eigenen Nachbarschaft. Und auch jene, bei denen in den nächsten Tagen mit der Bitte um eine Spende an die Tür geklopft wird, so Riedl. Auf den Broschüren der Caritas-Haussammler seien daher drei konkrete Fragen vorgegeben: Wie geht es Ihnen? Brauchen Sie Unterstützung? Möchten Sie für Menschen in Not in der Region spenden? Armut sei sehr schambehaftet und die wenigsten wollen offen zugeben, dass sie Not haben. „Aber es ist wichtig, dass jeder weiß, dass man sich in Notlagen an die Caritas wenden kann“, so Christoph Riedl.

Persönlicher Kontakt und Gespräch

Christian Köstler, Leiter der Pfarrcaritas, sorgt dafür, dass die Haussammlerinnen und Haussammler im Vorfeld mit begleitenden Maßnahmen und Materialien bestmöglich unterstützt werden, um die Haussammlung gut durchführen zu können. Er sagt: „Am Haussammeln ist uns der persönliche Kontakt und das Gespräch mit den Menschen besonders wichtig.“ Dass man mit den Leuten gut ins Gespräch kommt, bestätigten auch die beiden Haussammlerinnen Heidi Kerndl und Helga Gruber, die in Pyhra unterwegs sind. Heidi Kerndl: „Durch das Sammeln von Spenden können wir außerdem bewirken, dass sich etwas zum Besseren verändert und Menschen vor Ort geholfen wird.“

Im Vorjahr konnten mittels dem Engagement vieler Pfarren, der Haussammlerinnen und Haussammler sowie mit den in den Pfarren aufliegenden Erlagscheinen mehr als 742.600 Euro an Spenden gesammelt werden. Die Spenden kommen Menschen in unterschiedlichsten Notlagen zugute – über die Pfarren, die Sozialberatung oder Sozialmärkte.

„Durch das Sammeln von Spenden können wir bewirken, dass sich etwas zum Besseren verändert.“
Mit Hilfe der Spenden aus der Haussammlung kann u. a. Müttern und ihren Kindern, die Hilfe brauchen, ein Dach über dem Kopf gegeben werden. Das Mutter-Kind-Haus, wo die Präsentation der heurigen Spendenaktion stattfand, unterstützt wohnungslose schwangere Frauen oder Mütter, damit sie eine eigenständige Existenz für sich und ihre Kinder aufbauen können, berichtete Petra Fischer, Leiterin des Caritas Mutter-Kind-Hauses in St. Pölten. Derzeit werden dort elf Frauen und 17 Kinder betreut.

Übrigens: Einblick in die vielseitige Arbeit der Caritas erhält man auch im Podcast „Begegnungszone Caritas“. Journalist, Autor und Moderator Tom Rottenberg macht darin mit viel Feingefühl die Menschen vor Ort und ihre jeweiligen Lebensrealitäten spür- und greifbar. Die Folge im Juni widmet sich der Caritas Haussammlung. Tom Rottenberg begleitet Haussammler Toni Hiesleitner auf seinem Weg von Tür zu Tür in Euratsfeld. Zu hören ist der Podcast unter www.caritas-stpoelten.at/begegnungszone.


Spendenmöglichkeiten zur Haussammlung

Caritas-Spendenkonto: IBAN: AT28 3258 5000 0007 6000. Kennwort Haussammlung.

Online-Spenden
unter www.caritas-haussammlung.at

Unterstützen kann man online
einfach und schnell auch im „Wir helfen-Shop”: https://wirhelfen.shop/caritas-haussammlung.

 „Am Haussammeln ist uns besonders der persönliche Kontakt und das Gespräch mit den Menschen wichtig“, erklären die beiden Haussammlerinnen Heidi Kerndl und Helga Gruber aus der Pfarre Pyhra: „Durch das Sammeln von Spenden können wir außerdem bewirken, dass etwas zum Besseren verändert und Menschen vor Ort geholfen wird.“ | Foto: Franz Gleiss
Caritas-Generalsekretär Christoph Riedl präsentierte im Mutter-Kind-Haus die heurige Caritas Haussammlungs-Kampagne: „Die diesjährige Haussammlung der Caritas fällt in eine Zeit der Verunsicherung, der Instabilität und der Unklarheit.”  | Foto: Franz Gleiss
Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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