Vor 50 Jahren
Auftakt zur Diözesansynode 1972
Vor genau 50 Jahren, am 16. Oktober 1971, fand mit der konstituierenden Sitzung im Bildungshaus St. Hippolyt der Auftakt zur vierten und bislang letzten Diözesansynode statt, die im Jahr 1972 in drei Sitzungsperioden tagte.
Die dritte Diözesansynode lag 1971 noch gar nicht so lange zurück. Auch wenn bereits die Ankündigung des Zweiten Vatikanischen Konzils viele neue Impulse freisetzte, so stand die Diözesansynode 1961 noch ganz unter den Vorgaben des Kirchenrechts von 1917. Das zentrale Anliegen war eine „zeitgemäße Seelsorge unter Berücksichtigung des Laienapostolats“. „Der Erfolg der Synode wird zum größten Teil von der gediegenen Vorbereitung durch Gebet und Arbeit abhängen und von dem Interesse, das der hochw. Klerus der Synode entgegenbringt“, hieß es in einer Weisung im Diözesanblatt vom 5. Juni 1959. Die Geschäftsordnung stellte einleitend klar: „Nach can. 362 CJC (Codex Iuris Canonici, Anm.) ist der Bischof alleiniger Gesetzgeber auf der Synode. Den Synodalen steht beratende Stimme zu.“
Es war entsprechend damaligem Kirchenrecht im Wesentlichen eine Priestersynode. Von den insgesamt 142 Teilnehmern waren sieben Laien, darunter zwei Frauen. Die Beschlüsse waren vorbereitet; nur so konnte das große Pensum an zwei Tagen bewältigt werden. Abänderungs- und Ergänzungsvorschläge wurden jedoch eingearbeitet. Aufgaben der Dechanten, Mesner, Kirchenmusiker wurden festgelegt, Statuten für die Berufsgemeinschaft der Seelsorgehelferinnen, das Diözesanarchiv und die Katholische Aktion erlassen. Großen Umfang nahm in den Beschlüssen die (in der NS-Zeit gravierend veränderte) Führung der kirchlichen Matriken ein. Manche Bestimmungen muten heute kurios an. Frauen sollten bei öffentlichen Gottesdiensten weder den Mesner- noch den Lektorendienst ausüben. Die Mesner werden gemahnt: „Im Verbrauche des Kirchenwachses ist Sparsamkeit zu beobachten.“
Kirche auf dem Weg ins Heute
Wenige Jahre nach dem Konzil war die kirchliche Situation völlig verändert. Das Zweite Vatikanische Konzil betont ja ein Kirchenbild, in dem das „Volk Gottes“ – also Hierarchie und Laien – aufgerufen wird, am Heil der Menschen mitzuwirken. So kündigte auch Bischof Dr. Franz Zak eine Synode an, nachdem bereits einige Diözesen mit Synoden vorausgegangen waren.
Das Motto „Die Diözese St. Pölten im Dienst an den Menschen von heute“ sollte das „Aggiornamento“ als großes Anliegen des Konzilspapstes Johannes XXIII., die Öffnung der Kirche zur Welt von heute, fortführen. Von Anfang an waren Laien einbezogen, die Vorbereitungen wurden auf breiter Ebene geführt, zahlreiche Kommissionen bereiteten die einzelnen Entwürfe vor. Zum Promotor der Synode hatte Bischof Zak seinen Weihbischof Dr. Alois Stöger berufen, der sich einen Ruf als fundierter und fortschrittlicher Bibelwissenschaftler erworben hatte.
Derart vorbereitet fand die konstituierende Sitzung am 16. Oktober 1971 im Bildungshaus St. Hippolyt in St. Pölten statt. Die Synode selbst tagte dann 1972 in drei Sitzungsperioden in der Aula der Pädagogischen Akademie in Krems. 123 Priester- und 122 Laiensynodalen traten zu den Vollversammlungen vom 28. bis 30. April, vom 13. bis 15. Oktober und vom 10. bis 12. November 1972 zusammen. Zu den wesentlichen Beschlüssen gehörte die neue Diözesanordnung. Bereits davor errichtete Gremien wie Priesterrat und Pastoralrat wurden bestätigt, der Laienrat auf diözesaner Ebene sowie die Pfarrgemeinderäte neu eingeführt. Das absehbare, aber noch nicht in der heutigen Dimension abschätzbare Problem unbesetzter Pfarren bewog zu Maßnahmen überpfarrlicher Zusammenarbeit. Neu war auch die Verpflichtung der Priester zur Teilnahme an Studienwochen zur Fortbildung in einem fünfjährigen Zyklus.
Eine Empfehlung der Synode betraf die Errichtung eines beschaulichen Ordenshauses. Bischof Zak griff diesen Wunsch auf. Nach längerer Vorbereitung wurde am 1. Jänner 1980 der Karmel in Maria Jeutendorf kanonisch errichtet, zum 200-Jahr-Jubiläum der Diözese St. Pölten 1985 nahmen die vom Karmel in Mariazell entsandten Schwestern das Ordensleben auf.
Große Aufbruchsstimmung
„Die Diözesansynode war eine großartige Geschichte“, blickt der langjährige Caritasdirektor Ing. Werner Scholz auf dieses Ereignis zurück. „Meine Überzeugung ist, dass Bischof Zak der Bischof ist, der das Konzil am ernstesten genommen hat“, so Scholz. So habe Bischof Zak die Fastenaktion noch vor dem Konzilsende eingeführt, weil er auf dem Konzil neben einem Bischof auf der philippinischen Insel Flores saß, der nicht einmal ein Auto zur Verfügung hatte. Die Synode habe ein Programm für die Caritas erarbeitet, das über Jahrzehnte richtungweisend war, erinnert sich Scholz. Federführend war in der „Caritas-Gruppe“ Weihbischof Alois Stöger. Ein großes Problem war damals noch die gegenüber anderen Bundesländern aufgrund der sowjetischen Besatzung verzögerte Entwicklung im Sozialbereich. Wichtig sei ihm, Scholz, gewesen, dass die Caritas über die Pfarren getragen wird, denn „die Caritas ist Aufgabe jedes Christen“. In der Pfarre könne man die Leute für die Caritas-Arbeit entdecken, dort könne man aber auch soziale Not entdecken und den Menschen wirksam helfen.
„Die Diözesansynoden in Österreich waren von starkem konziliarem Geist erfüllt“, erinnert sich Dkfm. Herbert Binder. Er war einer der „Moderatoren“ der Diözesansynode wie auch des folgenden gesamtösterreichischen „Synodalen Vorgangs“. Die Themenkreise sind „draußen bei den Leuten“ vorbereitet worden. Es herrschte große Aufbruchsstimmung unter den Laien ebenso wie beim Klerus. Es war nicht bloß die Stunde der Laien, sondern Priester wie Laien verband das Bewusstsein, „wir alle können miteinander wirklich etwas mitgestalten“.
„Es lag schon immer in der Natur von Synoden, dass nur ein Teil der Beschlüsse auch in die Realität umgesetzt wird. So blieb auch bei dieser zweiten Diözesansynode so manches nur Wunsch“, schrieb schon 1985 der emeritierte Professor für Kirchengeschichte an der Phil.-Theol. Hochschule St. Pölten, Friedrich Schragl, in seiner „Geschichte der Diözese St. Pölten“. Dennoch wurde durch die Diözesansynode die Mitarbeit der Laien in der Kirche nachhaltig gestärkt.
In der Kirche ist das synodale Element seit der Urkirche gegenwärtig – angefangen mit dem „Apostelkonzil“ in Jerusalem. In den orthodoxen und evangelischen Kirchen gehören regelmäßige Synoden zum kirchlichen Leben. Die frühe Kirchengeschichte kennt unzählige, meist regionale Synoden. Ansätze zu stärkerer Verankerung der Synodalität gab es vereinzelt auch später. So verlangte das Konzil von Konstanz (1414-1418) die Abhaltung regelmäßiger Generalkonzilien.
Die letzte Diözesansynode liegt bald 50 Jahre zurück. Da ist die „Weltsynode“, die Papst Franziskus am 10. Oktober eröffnet und die mit synodalen Vorgängen in allen Diözesen beginnt, eine Einladung an alle Getauften, mit den Gaben, die sie vom Heiligen Geist empfangen haben, ihre Kirche mitzugestalten.
„Synodales Jahrhundert“ in der Diözese St. Pölten
1908
Die erste St. Pöltner Diözesansynode tagte unter Bischof Dr. Johannes Rößler (im Amt von 1894 bis 1927) vom 20. bis 24. Juli 1908 in St. Pölten. 412 Priester nahmen daran teil. Als Folge der Synode trat eine Neuordnung der Dekanate in Kraft, die mit geringfügigen Änderungen ein Jahrhundert lang unverändert blieb (26 Dekanate, jeweils 13 davon nördlich und südlich der Donau).
1937
Bischof Michael Memelauer berief zehn Jahre nach seinem Amtsantritt eine Diözesansynode ein. Sie tagte vom 8. bis 10. September 1937 in St. Pölten. Den Schwerpunkt bildete das Hauptanliegen von Bischof Memelauer: die zeitgemäße Seelsorge. Zur Veröffentlichung der Synodentexte kam es nicht mehr – durch den Einmarsch Hitlers am 13. März 1938 in Österreich waren die Synodenbeschlüsse überholt, sie wurden nie rechtswirksam.
1961
Auch die Diözesansynode 1961 wurde von Bischof Memelauer einberufen. Deren Vorbereitung lag allerdings bereits in den Händen seines Koadjutors Bischof Franz Zak. Die Synode sollte vom 1. bis 4. Oktober im neu errichteten Bildungshaus St. Hippolyt stattfinden. Die Teilnehmer hatten sich bereits am 30. September zu dessen Segnung versammelt, da verstarb um 16.30 Uhr Bischof Memelauer. Koadjutor Zak war damit rechtmäßiger Diözesanbischof und eröffnete als solcher am 1. Oktober die Diözesansynode. Es war dies sein erster Akt in Ausübung seiner diözesanen Regierungsgewalt.
1972
Die vierte und bislang letzte St. Pöltner Diözesansynode stand ganz im Zeichen des kirchlichen Aufbruchs nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil und des damit verbundenen Verständnisses der Kirche als „Volk Gottes“. Ihre Zielsetzung war pastoral, das Motto lautete: „Die Diözese St. Pölten im Dienst an den Menschen von heute“. Näheres dazu im Hauptartikel rechts.
Autor:Leopold Schlager aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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