Vatertag
Mit meiner Tochter durch die Pubertät
Aus dem lieben Mädchen wird in der Pubertät eine junge Frau – die ihren Vater jetzt ganz anders braucht als zuvor. Was Väter für ihre pubertierenden Töchter bedeuten und wie sie sie unterstützen können, erklärt Familienberaterin Margit Schmied.
Samstag 11 Uhr vormittags. Die Tür der 14-jährigen Tochter ist nach wie vor verschlossen, kein Ton dringt daraus hervor. Sie schläft. So lange wie an (fast) jedem Wochenende. Eigentlich sollte sie Mathematik lernen – für die bald anstehende Prüfung zwischen 4 und 5. Statt dessen hört sie schon seit Tagen lieber gruselige Pod-Casts oder sieht sich Filme am Computer an – oder schläft. Wichtiger als lernen sind auch die Freundinnen sowie das eigene Aussehen.
Aus dem lieben Mädchen wird langsam eine junge Frau. In dieser konfliktreichen Umbruchs-Phase fühlen sich manche Väter überfordert – und ziehen sich ein Stück weit zurück. Die Beziehung zum andersgeschlechtlichen Elternteil ist jedoch in der Pubertät besonders wichtig, betont Kinder- und Jugend-Psychotherapeutin Margit Schmied. „Mädchen brauchen in der Pubertät einen Vater, der für sie da ist, ihnen Sicherheit gibt, auch mal ihre Launen und Unsicherheiten erträgt und sich für ihr Leben, den Alltag und die Probleme interessiert und daran teilnimmt“, sagt die Familienberaterin, die eine Praxis sowohl in St. Pölten als auch in Böheimkirchen betreibt. Und weiter: „Sie brauchen einen Vater, mit dem sie auch Konflikte fair austragen können. Sie brauchen Grenzen, die sinnvoll und nachvollziehbar sind, und Regeln, bei deren Erstellung sie auch gefragt und mit einbezogen werden.“
„Bekommt ein junger Mensch in seinem familiären Umfeld das Gefühl, schön und okay zu sein, braucht es kein Suchen nach Anerkennung in den Sozialen Medien.“
Eltern – besonders der Vater, der seine Tochter so liebt und annimmt, wie sie ist – seien die beste Voraussetzung dafür, dass der Selbstwert einer jungen Frau gestärkt wird. „Bekommt ein junger Mensch in seinem familiären Umfeld das Gefühl, schön und okay zu sein, braucht es kein Suchen nach Anerkennung in den Sozialen Medien“, weiß Margit Schmied aus Erfahrung.
Die Beziehung zum Vater bestimmt in vielerlei Hinsicht, welche Beziehungen ein Mädchen in ihrem späteren Leben zu Männern eingehen und welchen Partner es wählen wird. Es beobachtet, wie ihr Vater ihre Mutter behandelt, und es erlebt, für welche Eigenschaften eine Frau wertgeschätzt wird: Zählen Humor und kluge Argumente genauso viel wie das Aussehen oder Fleiß? Ehrlich gemeinte Komplimente von Seiten des Vaters stärken das Selbstvertrauen und fördern ein positives Körpergefühl der heranwachsenden Frau – was besonders wichtig ist, wenn ihr Körper nicht den Idealen entspricht, die in den Medien vermittelt werden. Selbst kleine Bemerkungen über ihr Make-up und ihre Kleidung wirken sich positiv oder negativ aus. Wenn ein Vater etwa nicht einverstanden damit ist, wie seine Tochter sich anzieht, dann könnte ein konstruktiver und behutsamer Kommentar so klingen: „Ich finde, dass du in dem anderen T-Shirt hübscher ausgesehen hast.“
Die große Chance der Pubertät
Die Pubertät bringt nicht nur Konflikte, sondern sie bietet auch eine große Chance für die Beziehung zwischen Vater und Kind. Es ist eine Zeit, in der sich das Gehirn der Pubertierenden neu organisiert; neue Nerven-Verbindungen werden geschaffen, alte sterben ab. Margit Schmied sieht jetzt die ideale Gelegenheit, Versäumtes nachzuholen, das Kind „nachzunähren“ – damit ein guter Übergang ins Erwachsenenleben stattfinden kann. „Wurde sehr viel an nährender Beziehung vernachlässigt oder verabsäumt und wurden die Bedürfnisse des Kindes nicht erfüllt, gibt es in der Pubertät meist viele Probleme für die Eltern und auch für die Pubertierenden.“
Autor:Patricia Harant-Schagerl aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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