Gesundheit
Im Herbst des Lebens die Lebensfreude bewahren

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Wenn die Abnahme der Leistungsfähigkeit, Krankheit oder Verluste das Älterwerden schwer machen, dann kommt es auf die innere Haltung an, um Sinn und Freude im Leben zu finden. Die Logotherapie zeigt, wie das geht.

Solange Körper und Geist mitmachen, hat auch das Alter viel Schönes zu bieten: reisen, Zeit mit Enkelkindern verbringen, Sport machen, Kunst und Kultur genießen. Es liegt im eigenen Interesse älterer Menschen, dass sie die Lebensfreude bis zuletzt bewahren. Oder zumindest „trotzdem Ja zum Altsein sagen“, wie die Logotherapeutin Elisabeth Lukas eines ihrer Bücher genannt hat.
Die Logotherapie geht davon aus, dass Menschen sich für sinnvolle Tätigkeiten und Werte entscheiden können und so ihren „Lebensinn“ und ihre Lebensfreude finden. Da engagiert sich jemand in der Pfarrgemeinde, ein anderer investiert viel Zeit, um die Kinder bei ihren Aufgaben in Beruf und Familie zu unterstützen. Der Blick ist nicht auf die eigenen Nöte gerichtet, sondern auf die als sinnvoll empfundene Aufgabe. „Jeder von uns ist wichtig und unersetzlich an seinem Platz“, betont Elisabeth Lukas. Wir sollten darauf vertrauen, dass jedes sinnvolle Engagement Früchte bringt – vielleicht nicht sofort und schnell, aber gewiss später einmal. Es genüge, „das Seine“ getan zu haben – dafür brauche es kein Lob und keinen Dank.
Wichtig sei außerdem, so Lukas, im Alter nicht nur zu warten, dass etwas passiert. Viktor Frankl, der Begründer der Logotherapie, sprach von einer „kopernikanischen Wende“ in seinem Leben: Interniert in einem Konzentrationslager warteten viele Gefangene auf das Ende des Zweiten Weltkrieges. Frankl jedoch gelang es in dieser Situation zu überlegen, was hier und jetzt zu tun sei, und trachtete danach, es nach Kräften zu realisieren.

Wenn man selber auf Unterstützung angewiesen ist …
Doch was passiert, wenn man alt und krank wird, vielleicht selber auf Unterstützung angewiesen ist? Sogar im Pflegeheim sei es möglich, zu Sinn und Lebensfreude (zurück-)zufinden, weiß Logotherapeutin Elisabeth Gur aus ihrer Erfahrung als Freiwillige im Besuchsdienst von Alten- und Pflegeheimen. Möglich sei z. B.: ein nettes, ehrliches Danke dem Pflegepersonal sagen, einem Leidenden die Hand halten, sich immer wieder neugierig auf Neues einlassen – und nicht wehmütig um vergangenes Schönes trauern, sondern froh sein, es erlebt zu haben. Überhaupt gehe es mit zunehmendem Alter immer weniger um das aktive Handeln, sondern um die Läuterung der inneren Einstellung, betont Elisabeth Lukas.

Ein gutes Miteinander ist essentiell
Was zur Lebensfreude im Herbst des Lebens entscheidend beiträgt, ist ein gutes Miteinander in Familie und Bekanntenkreis. Entscheidend dafür sei, „wohlgesonnen miteinander zu kommunizieren“, ist Elisabeth Gur überzeugt. Es sei eine Unsitte, sich über jede Kleinigkeit zu echauffieren, kontinuierlich dieselben Geschichten zu wiederholen sowie langatmig und umherschweifend zu erzählen. Um potentielle Zuhörer mit Litaneien um eigene Befindlichkeiten nicht abzuschrecken, empfiehlt Gur die Einübung in positive Selbstgespräche oder das regelmäßige Gebet. Dem Herrgott dürfe man ja tausend Wiederholungen zu Füßen legen …
Viel wichtiger sei das liebevoll-geduldige Zuhören. „Wer nicht zuhört, erfährt nichts vom anderen. Wer nichts vom anderen weiß, missversteht ihn. Er unterstellt ihm Lieblosigkeit, Blödheit, böse Absichten usw.“ Zuhören hingegen sei wie eine Heilsalbe, meint Elisabeth Gur. „Die alten Leute im Heim waren immer im ,siebten Himmel‘, wenn ich ihnen bloß zugehört habe.“

Eine andere Meinung respektieren
Eine weitere Zutat für ein gutes Miteinander ist die Toleranz: dem anderen gestatten, eine eigene – zu einem selbst unterschiedliche? – Meinung zu haben. Schließlich könne man sich des eigenen Urteils nie sicher sein, meint Elisabeth Gur. Immer schon konnten scheinbar gesicherte Überzeugungen den Erkenntnissen späterer Generationen nicht standhalten. Deshalb kann letztlich das Urteil eines Kontrahenten korrekter sein als das eigene. ph

Elisabeth Gur und Elisabeth Lukas: Trotzdem Ja zum Altsein sagen, Plattform Verlag 2020.

Autor:

Patricia Harant-Schagerl aus Niederösterreich | Kirche bunt

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