Gesundheit
Gut leben mit Demenz
Der Demenz den Schrecken nehmen, gutes Leben mit Vergesslichkeit ermöglichen: Der Leiter der Selbsthilfegruppe „Promenz“, Raphael Schönborn, erklärt, wie das gelingen kann.
Man geht in ein Zimmer, weil man etwas erledigen will, und plötzlich fällt einem nicht mehr ein, was das war. Ein unangenehmes Gefühl. Vor allem wenn sich die Erinnerung nicht und nicht einstellen will.
In solchen Situationen sei es besonders wichtig, gütig und geduldig mit sich selber umzugehen. So beschreiben Mitglieder der ersten österreichischen Selbsthilfegruppe „Promenz“ (bestehend seit 2015) ihren Umgang mit ihrer dementiellen Erkrankung. Sich Zeit lassen, sich nicht selbst unter Druck setzen, barmherzig mit sich selber sein.
Blick auf Möglichkeiten statt „Schreckens-Diskurs“
Weil sie den Begriff „Demenz“ als abwertend empfindet („Niemand ist ohne Geist!“), hat sich die von Ehrenamtlichen unterstützte Gruppe „Promenz“(„für den Geist“) genannt. Der fachliche Begleiter, DPGKP Raphael Schönborn, sieht in der Öffentlichkeit überhaupt einen „Schreckens-Diskurs“: Demenz zerstöre die Betroffenen, die An- und Zugehörigen und das Gesundheitssystem. Bei allem Schrecken angesichts der Diagnose einer unheilbaren Krankheit: Die Betroffenen selbst konzentrieren sich im Laufe der Zeit immer weniger auf die Krankheit, sondern viel mehr „auf den Erhalt ihres Selbst, ihres Lebens“, beobachtet Schönborn. Aus der Außenperspektive erscheine das oftmals irrational, etwa wenn sich jemand nicht an die Behandlungsratschläge hält, sondern andere Aspekte hervorhebt, etwa sein Leben aktiv gestalten zu wollen. Hinter der scheinbar fehlenden Krankheitseinsicht stecke oft die Angst, nicht mehr dazuzugehören, und das Stigma, das mit der Krankheit einhergeht: „Das ist, also ob ich nicht mehr normal wäre“, so beschreiben Betroffene den Verlust ihres Ansehens.
Dabei sei gutes Leben mit Demenz oft viele Jahre lang möglich, weiß Raphael Schönborn. Mit Unterstützung können Betroffene lernen, offen und selbstbewusst mit ihrer Beeinträchtigung umzugehen und ihre Ressourcen wie Humor, Resilienz und Kreativität zu nützen. „Wenn man aufhört, sich zu schämen, geht alles leichter“, so der Ausspruch eines Erkrankten.
Für ein gutes Leben mit Demenz brauche es Gemeinschaft, ist Schönborn überzeugt: „In einer demenzfreundlichen Gesellschaft gehen Menschen mit Demenz nicht verloren und An- und Zugehörige werden nicht allein gelassen.“
Betroffene sprechen über den Erhalt der Diagnose, die Veränderungen in ihrem Leben, ihre Familie, was sie gelernt haben und was wichtig ist im Leben: https://www.promenz.at/medien/videos.
Autor:Patricia Harant-Schagerl aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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